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"Allenfalls eine Notlösung" – Experten im Raum Heilbronn mit Kritik an mobilen Klimageräten

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Die Sommernächte werden wärmer – auch in der Region Heilbronn. Der Verkauf von mobilen Klimageräten zieht an, doch Fachleute warnen vor Schnellkäufen, Energieverbrauch und negativen Folgen.


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Tropische Nächte: Was vor einigen Jahren wie ein Urlaubstraum klang, hat auch in der Region Heilbronn und im Hohenlohekreis Einzug gehalten. Temperaturen, die nachts die 20-Grad-Marke nicht unterschreiten, nehmen zu. Auch in den kommenden Tagen wird eine regelrechte Hitzewelle erwartet.

Ein Ventilator bringt bei aufgeheizten Räumen kaum noch etwas, also muss ein Klimagerät her. Auf die Schnelle und im lokalen Handel sind die allerdings nur schwer zu bekommen. Man habe innerhalb von zwei Wochen fast 600 Geräte verkauft, teilt der Media Markt in Heilbronn mit. Online kann man zwar weiterhin bestellen, aber das ist mit längeren Lieferzeiten verbunden.

Experte aus Ludwigsburg: Mobile Klimageräte gelten als laut und ineffizient

„Mobile Klimageräte sind ein Einstieg, aber allenfalls eine Notlösung“, sagt Claus Händel, Geschäftsführer Technik beim Fachverband Gebäude-Klima in Ludwigsburg. Weil die Geräte relativ laut seien und aus seiner Sicht die Ansprüche an einen hohen Raumkomfort nicht erfüllen, hofft er, dass solche Kauf-Schnellschüsse Menschen am Ende nicht von der Kühltechnik wieder abbringen.

Zumal mobile Klimageräte, die es in Baumärkten und Elektrofachmärkten schon für einige Hundert Euro gibt, auch noch ineffizient seien. „In der Regel muss ich einen Schlauch nach draußen legen, so dass Fenster immer geöffnet ist. Dadurch hole ich mir die ganze warme Luft erstmal rein in die Wohnung“, sagt der Experte.

Es ist heiß, die Sehnsucht nach Abkühlung groß. Das schlägt sich auch in den leeren Paletten im Media Markt nieder, auf denen mobile Klimageräte standen.
Es ist heiß, die Sehnsucht nach Abkühlung groß. Das schlägt sich auch in den leeren Paletten im Media Markt nieder, auf denen mobile Klimageräte standen.  Foto: Markus Merz

Tipp für Tropennächte: Statt Klimaanlage warme Luft tagsüber aussperren

Neben den mobilen Geräten gibt es auch sogenannte Splitgeräte, die vom Klimatechniker eingebaut werden sollten. Das kann mehrere 1000 Euro kosten. Doch damit ist es nicht getan, denn die Anlagen benötigen viel Strom. Bis zu 140 Euro koste der Einsatz pro Jahr und Gerät, rechnet Joachim Schröder vor. „Sinnvoll ist es, Eigenstrom aus der eigenen PV-Dachanlage oder dem Balkonkraftwerk zu nutzen“, so der Leiter des Klima-Zentrums des Hohenlohekreises.

Im Heilbronner Rathaus sind laut Auskunft der Pressestelle nur der Große und der Kleine Ratssaal klimatisiert. „Bei Neubauten wie Kitas und Schulen berücksichtigt die Stadt Heilbronn immer auch das Thema Kühlung, jedoch nicht unbedingt durch eine klassische Klimaanlage, sondern über Dach- und Fassadenisolierung, Dreifach-Verglasung, Dachbegrünung und Lüftungsanlagen, was alles auch der Kühlung dient“, sagt Pressesprecherin Claudia Küpper. Nachrüstungen in Bestandsgebäuden sind aktuell aus finanziellen Gründen und aus Gründen des Klimaschutzes nicht angedacht. 

Grundsätzlich sei eine energetische Sanierung die bessere Variante: „In erster Linie stehen Fenster, Dach und Fassade im Fokus.“ Auch die Anpassung des Nutzerverhaltens sei eine Alternative. Sprich: Fenster tagsüber schließen, Lüften in den Abend- und Morgenstunden.

Klimaanlagen sorgen für mehr Hitze in den Städten

Schröder empfiehlt, einen Ventilator zu nutzen. Der senke zwar nicht die Raumtemperatur, aber sorge durch die Luftbewegung für angenehme Abkühlung. Nachts sollten die Klimageräte nicht laufen. Das betont auch Andrea Hohlweck, BUND-Regionalgeschäftsführerin Heilbronn-Franken. Denn sobald die Sonne verschwindet, der Strombedarf aber hoch bleibt, könne das die Klimaziele ausbremsen: „Dann muss auf fossile Energieträger zurückgegriffen werden.“ Was wiederum auf Kosten der Allgemeinheit und der zukünftigen Generationen gehe. Und dem Mikroklima schade.


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Klimageräte kühlen – und befeuern das Hitze-Problem


Der Effekt ist laut Andrea Hohlweck nicht zu unterschätzen. Rund um die Gebäude mit fest installierten Klimaanlagen werde es noch wärmer. Der Grund: Die Geräte entziehen den Räumen Wärme und leiten diese nach draußen ab. Das kann den sogenannten „Urban Heat Island Effect“ verstärken: Städte kühlen nachts schlechter ab, weil zu viel Wärme gespeichert oder künstlich erzeugt wird. Wer zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen auf ein Klimagerät angewiesen ist, der soll laut Andrea Hohlweck auf hocheffiziente Split-Anlagen zurückgreifen, die fachgerecht installiert und regelmäßig gewartet werden. 

Verband geht von bis zu sechs Millionen verbauten Klimaanlagen aus

Ein weiterer Vorteil von einigen Split-Geräten: Sie sind zugleich Wärmepumpen, können heizen und kühlen. „Mit einem Klimagerät sind dadurch bis zu 300 oder 400 Euro Einsparung möglich“, sagt Claus Händel. Dieser doppelte Nutzen kommt an, die Nachfrage ist groß. „Fest installierte Geräte werden in Deutschland pro Jahr etwa 200.000 bis 300.000 Stück verkauft“, sagt er. Hochgerechnet anhand der vergangenen Jahre und einer Lebensdauer von 20 Jahren geht der Fachverband davon aus, dass in Deutschland inzwischen bis zu sechs Millionen Anlagen verbaut sind.


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