"Menschenverachtendes" Verhalten: Heilbronner Landgericht verurteilt Zuhälter zu hohen Haftstrafen
Zwei Bulgaren zwangen Frauen in Heilbronn zur Prostitution. Auch vor schwerer Körperverletzung schreckten sie nicht zurück. Die Richterin sprach nun mehrjährige Haftstrafen aus.

Mehr als zwei Jahre lang haben zwei bulgarische Staatsbürger Frauen vornehmlich aus ihrem Heimatland zur Prostitution in Heilbronn gezwungen und ausgebeutet. Darüber hinaus sollen sie am helllichten Tag auf offener Straße Kämpfe gegen rivalisierende Zuhälter ausgetragen haben.

Das Landgericht Heilbronn verurteilte den 41 Jahre alten Angeklagten am Dienstag unter anderem deshalb zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten. Der 21-jährige Beschuldigte muss für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Richterin Ursula Ziegler-Göller würdigte in ihrem Urteilsspruch die Geständnisse der Beschuldigten. Sie sprach aber auch von "menschenverachtendem" Verhalten.
Geständnisse im Heilbronner Zuhälterprozess verkürzten Gerichtsverfahren
Mit ihren Geständnissenhätten die Angeklagten das Verfahrenerheblich verkürzt, so die Richterin der 15. Großen Jugendkammer. Denn die Liste der Straftaten in den 24 Anklagepunkten reicht von gewerbsmäßiger schwerer Zwangsprostitution und ausbeuterischer Zuhälterei, gemeinschaftlichem Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung über schwere Körperverletzung und Nötigung bis hin zu Drogenhandel, Sachbeschädigung und organisiertem Schleusen von Menschen.
Darüber hinaus befand die Kammer den älteren Angeklagten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und den jüngeren Beschuldigten des unerlaubten Waffenbesitzes für schuldig. Beide hätten zudem den Straßenverkehr gefährdet.
Zwangsprostitution in Heilbronn: Opfer mit ätzender Flüssigkeit beträufelt
Bereits am Vormittag hatte Staatsanwalt Fabian Graf in seinem Plädoyer ausgeführt, dass die Beschuldigten die Frauen mit Gewalt und Drohungen gefügig gemacht und gezwungen zu haben, unter anderem auf den Straßenstrich in der Hafenstraße zu gehen. Eines der Opfer wurde mit ätzender Flüssigkeit beträufelt, weil die Frau nicht länger für die beiden arbeiten wollte. Insgesamt haben die beiden Zuhälter "ihren Pferdchen" wie sie die Frauen auch nannten, mehr als 420.000 Euro abgenommen.
Die Verteidiger betonten, dass die Angeklagten als türkische Sinti und Roma in Bulgarien keine Perspektive hatten. In dem 1200 Einwohner großen Ort, aus dem sie stammen, sei Prostitution an der Tagesordnung, um finanziell zu überleben. Die Angeklagten seien in dieses System hineingeboren. Zudem sei nicht nachvollziehbar, "wie lange diese Vielzahl an Delikten unter den Augen der Polizei im öffentlichen Raum stattfinden konnte", so Rechtsanwalt Tobias Göbel. Letzteres sah auch die Richterin so. Ein schnellerer Zugriff hätte begangene Straftaten verhindert.
Prozess am Landgericht Heilbronn: Verteidigung wollte Jugendrecht
Für den jüngeren Beschuldigten forderten die Verteidiger die Anwendung von Jugendstrafrecht. Jugendgerichtshelfer Gerald Fritz hatte keinerlei Hinweise auf eine Reifeverzögerung des heute 21-Jährigen festgestellt. Das Gericht schloss sich dieser Auffassung an. Verteidiger Talip Öz kündigte deshalb an, Rechtsmittel zu prüfen. Der ältere Angeklagte erkannte sein Urteil an.
Die beiden Angeklagten wollen ihre Haftstrafen in Bulgarien absitzen. Das Gericht unterstütze dieses Ansinnen, so Richter Ziegler-Göller.
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