Kochendorfer Doppelmord-Prozess: Angeklagter fragte Waffenhändler nach Schalldämpfer
Im Doppelmord-Prozess am Heilbronner Landgericht haben Sportschützen der Vereine ausgesagt, in denen der Angeklagte Mitglied war. Auch Waffenhändler waren geladen. Wie die Zeugen den Mann vor den tödlichen Schüssen in der Kochendorfer Firma Hänel erlebt haben.
Der Angeklagte im Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess hatte offenbar großes Interesse an Schalldämpfern für seine Waffen. Bekommen hat er keine. Weil Sportschützen keine Schalldämpfer besitzen dürfen. Eine Genehmigung dafür haben lediglich Jäger. Das sagten die Waffenhändler am Montag vor der ersten Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn, mit denen der 53 Jahre alte Beschuldigte Kontakt hatte.
Ein Büchsenmacher aus Buchen, bei dem der Angeklagte Ende vergangenen Jahres eine Langwaffe kaufen wollte, verweigerte dem Beschuldigten, ein Gutachten für eine Sondergenehmigung für Schalldämpfer zu schreiben. „So etwas mache ich nicht“, sagte der Zeuge. Der Kauf kam am Ende nicht zustande, weil die Waffe mit einer Streuung von bis zu fünf Zentimetern auf 100 Meter für einen Sportschützen zu unpräzise gewesen sei.
Doppelmord-Prozess: Angeklagter kaufte halbautomatische Pistole in Backnang
Gekauft hatte der Angeklagte im November 2024 eine neue halbautomatische Pistole Shadow CZ Kaliber neun Millimeter in einem Backnanger Waffengeschäft. Auch den Verkäufer dort soll er nach einem Schalldämpfer gefragt haben. Auch hier vergeblich.
„Wir sind das teuerste Waffengeschäft in ganz Deutschland“, sagte der Verkäufer im Zeugenstand. Weil die Mitarbeiter die Waffen aus der Serienproduktion nicht fabrikneu abgeben, sondern individuell auf Präzision einstellen.
Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tat am 7. Januar 2025 Mitglied im Schützenverein Osterburken (Neckar-Odenwald-Kreis). Dort hat er offenbar zwei Tage vor den tödlichen Schüssen in der Bad Friedrichshaller Zahnradfabrik Hänel seine neue halbautomatischen Pistole Shadow CZ Kaliber neun Millimeter eingeschossen. Mehr als 100 Schuss soll er an diesem Tag auf der Anlage abgefeuert haben.
Tödliche Schüsse bei Firma Hänel: Angeklagter war in Schützenvereinen aktiv
Zuvor war der Angeklagte Mitglied im Seckacher Schützenverein. Die Kameraden dort beschrieben den Angeklagten als ruhig. „Er war keiner, der mit am Stammtisch sitzt“, so einer der Zeugen. Einmal soll es im Verein zum Streit zwischen dem Beschuldigten und einem Sportschützen gekommen sein. Demnach soll der Angeklagte seinem Vereinskollegen mit einer Papierzielscheibe über den Kopf gestrichen haben. „Das kannst du mit deiner Frau und mit deiner Familie oder sonst jemanden machen, aber nicht mit mir“, habe der Sportschütze dem Angeklagten gesagt.
Zuvor, so der Zeuge, habe er den Angeklagten erstmals auf der Seckacher Anlage beim Schießen mit einer Langwaffe gesehen. Als er den Beschuldigten gefragt habe, seit wann er mit einer Langwaffe schieße, soll der 53-Jährige sinngemäß geantwortet haben, dass er ihm das nicht sagen müsse.
Doppelmord bei Firma Hänel: Mitgliedschaft des Angeklagten in Kung-Fu-Verein
Dieser Vorfall war aber offenbar nicht der Grund, warum der Angeklagte im Juli seine Mitgliedschaft im Seckacher Schützenverein kündigte. Mutmaßlich sei der Beschuldigte darüber verärgert gewesen, dass ihm der Schützenobermeister des Vereins keine Kleinkaliberwaffe verkaufte. Dabei habe es sich um eine Pistole Walther GSP 22 gehandelt. Danach meldete sich der Angeklagte beim Schützenverein in Osterburken an.
Ein schlechtes Gefühl hatte dagegen ein Trainer eines Seckacher Kung-Fu-Vereins, bei dem der Beschuldige kurze Zeit Mitglied war. Zwar sei der Angeklagte sehr freundlich und ein guter Trainingspartner gewesen. Er sei aber auch sehr fordernd gewesen. Er wollte immer boxen und Kämpfe eins gegen eins, so der Trainer. „Damit war er bei uns aber an der falschen Adresse.“ Der Beschuldigte sei nach einem halben Jahr wieder ausgetreten.
„Er ist introvertiert. Eher der Typ einsamer Wolf“, sagte eine Zeugin, die im Vorstand des Kampfsportvereins ist. Nach seinem Austritt habe der Vereinsvorstand von „aggressivem Verhalten“ des Beschuldigten im Zusammenhang mit Hunden gehört. Daraufhin machte der Vorstand einen Vermerk, den Angeklagten nicht mehr aufzunehmen, sollte er wieder Mitglied werden wollen. Es sei der einzige Vermerk dieser Art, so die Zeugin.
Der Angeklagte im Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess hat seinem Arbeitgeber offenbar einen Behindertenausweis wegen psychischer Probleme vorgelegt. Wie der Schichtmeister der Zahnradfabrik Hänel am Montag vor dem Heilbronner Landgericht sagte, habe er davon erst nach den Todesschüssen im Pausenraum der Firma erfahren. Am 7. Januar wurden in der Firma zwei Mitarbeiter erschossen. Ein weiterer wurde schwer verletzt. Er verlor sein rechtes Auge. Ein vierter Mann, der sich noch im Pausenraum aufgehalten hatte, konnte noch rechtzeitig flüchten.