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Tödliche Schüsse in Kochendorf: Waffenrecht verschärfen? Schützenverbände äußern sich
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In der Firma Hänel in Kochendorf werden zwei Menschen erschossen, der Tatverdächtige soll einem Schützenverein angehört haben. Braucht es ein schärferes Waffenrecht? Schützenverbände haben eine klare Meinung.
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Die Bluttat in Bad Friedrichshall hat viele Menschen im Raum Heilbronn, aber auch in ganz Deutschland bestürzt. Ein Mann hat am Dienstagabend, 7. Januar, zwei Mitarbeiter in der Firma Hänel im Stadtteil Kochendorf erschossen. Beide sind tot, eine weitere Person schwebt noch immer in Lebensgefahr. Motiv und Herkunft der Tatwaffe sind noch unklar.
Doch über den 52-jährigen Tatverdächtigen kommen einige Details an die Öffentlichkeit. So soll er bis Ende 2024 Mitglied eines Schützenvereins gewesen sein. Das ist Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die strengere Regeln für Waffenbesitzer fordern oder Schützenvereine ganz abschaffen wollen. Aber wie stehen Vereine und Verbände selbst zu Vorfällen wie in Bad Friedrichshall und zu einer Verschärfung des Waffenrechts?
Nach Bluttat in Bad Friedrichshall: Kritik an Schützenvereinen und Waffenrecht
Der Deutsche Schützenbund (DSB) und der Badische Sportschützenverband, die gegenüber der Heilbronner Stimme gemeinsam Stellung beziehen, zeigen sich schockiert über die Tat. Dass der mutmaßliche Täter ein Sportschütze sein soll, verstärke die Betroffenheit. „Schließlich lautet der erste Grundsatz der DSB-Satzung, dass ein Sportschütze seine Waffe ausschließlich als Sportgerät verwendet und damit niemals auf Lebewesen schießt“, so der DSB.
Dass nun die Frage nach einem verschärften Waffenrecht aufkomme, bezeichnet der Schützenbund als „menschlichen Reflex“. Ein Generalverdacht für die laut eigenen Angaben 1,3 Millionen Mitglieder in fast 14.000 Vereinen lehne man aber ab.
Schießen als gewaltfreier Sport? Bedeutung von Schützenvereinen im ländlichen Raum
Ähnlich sieht das auch Helmut Glaser, Präsident des Grosskaliber Sportschützen Verbands Baden-Württemberg (GSVBW): Die Bevölkerung habe den Eindruck, „dass Schusswaffen nur – und immer – für die Anwendung von Gewalt gegen andere Menschen gedacht sind“.
Dabei betont Glaser, dass der Verband die Lieferung von Schusswaffen und Munition in Krisengebiete durchaus kritisch sehe. Es ließe sich nicht mit dem „gewaltlosen Sport vereinbaren“. Denn: „Im Gegensatz zu anderen populären Sportarten sind Verletzungen, Unfälle, Randale nach einem Wettkampf und ähnliches beim Schießsport völlig unbekannt.“ Verantwortungsbewusstsein und Disziplin seien eine Voraussetzung für den Sport. „Dies wird im Verein gelehrt und gelebt.“ Gerade in der Jugendarbeit seien die Vereine vorbildlich, so der GSVBW-Präsident.
Auch der DSB betont die Relevanz von Schützenvereinen, gerade in ländlichen Gegenden. Hier seien sie oft „der Anlaufpunkt“ – nicht nur für Sport und gemeinsame Feste, sondern auch für Engagement und Spendenaktionen. Das hat 2015 auch die Unesco anerkannt. „Das Schützenwesen ist vielerorts ein wichtiger, historisch gewachsener und lebendiger Teil der regionalen wie lokalen Identität“, heißt es auf der Seite der deutschen Kommission. In Deutschland gelten die gesellschaftlichen Bräuche, Rituale und Feste als immaterielles Kulturerbe.
Forderungen nach verschärftem Waffenrecht: Das sagen Schützenverbände
Doch wie stehen die Verbände nun zu einer Verschärfung des Waffenrechts? Der DSB findet die Anforderungen im Waffenrecht zwar zu recht hoch, verschärfte Regeln seien aber nicht notwendig, schließlich sei das deutsche Waffengesetz eines der strengsten der Welt. Doch auch aus einem anderen Grund sieht der Deutsche Schützenbund im verschärften Waffenrecht keine Lösung: „Gegen menschliches Fehlverhalten und kriminelle Energie helfen jedoch die besten Gesetze nicht.“
Waffenrecht in Deutschland
Das Waffenrecht in Deutschland gilt als eines der strengsten weltweit. Um legal eine Waffe besitzen zu können, braucht es vorher eine Erlaubnis, teilt das Innenministerium mit. Das ist erst nach dem 18. Geburtstag möglich. Außerdem müssen Interessenten ihr Wissen in Theorie und Praxis nachweisen – ähnlich wie bei der Führerscheinprüfung.
Wer aufgrund seiner Mitgliedschaft in einem Schützenverein eine Waffe besitzen möchte, muss laut DSB schon ein Jahr lang im Verein aktiv sein. Zudem brauche es Nachweise, dass regelmäßig im Verein trainiert wurde. Mindestens einmal im Monat oder 18 Mal im Jahr müsse der Schütze auf dem Schießstand gewesen sein, heißt es von DSB.
Dass der Gesetzgeber nach Vorfällen wie dem in Bad Friedrichshall im Waffenrecht nachschärfen wollen, sei man schon gewohnt. „Uns fehlt zwischenzeitlich jedes Verständnis für die oftmals rein populistische Maßnahmen“, so Glaser. Denn die Verschärfungen träfen immer legale Schusswaffenbesitzer, „die sowieso schon mehrfach überprüft, kontrolliert und in der Ausübung ihres Sports beschränkt werden“.
Strengere Gesetze für Waffenbesitzer: Das sagen Schützenverbände
Strengere Regeln seien kein Gewinn für die Sicherheit, „insbesondere, da die Gefahren von illegalen Schusswaffen ausgehen“. Nach Kriegsende in der Ukraine könnten die Waffen aus den Lieferungen nach Deutschland gelangen, merkt der GSVBW-Präsident an. Er bezieht sich dabei auf einen Exklusiv-Artikel der „Tagesschau“ aus dem Jahr 2022, der auf einem Bericht der europäischen Polizeibehörde Europol basiert.
Glaser weist darauf hin, dass bislang nicht sicher sei, ob der mutmaßliche Täter in Bad Friedrichshall mit einer legalen oder illegalen Waffe geschossen hat. Außerdem sollten laut ihm auch Angriffe mit Messern oder Amokfahrten bei der Diskussion um das Waffengesetz nicht außer Acht gelassen werden. Denn gerade Autos könne jeder ab 18 Jahren als „Tatmittel“ missbrauchen.
Straftaten in Deutschland: So häufig greifen Täter zur Schusswaffe
Wie häufig werden diese unterschiedlichen Waffen bei Straftaten in Deutschland genutzt? Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA) gibt darüber auf Stimme-Nachfrage Auskunft. Von rund 550.000 Straftaten im Jahr 2022 sei in 226 Fällen mit einer Schusswaffe gedroht worden, in 296 Fällen sei tatsächlich geschossen worden. Auch für die Jahre 2019 bis 2021 bewegen sich die Zahlen in einem ähnlichen Bereich. Wie oft es sich dabei um illegale Waffen handle, werde nicht erfasst. Durch Schusswaffen starben 2022 acht Menschen, 2020 und 2021 waren es sechs Tote.
Eine Waffe, die viele Menschen bereits zu Hause haben, ist das Messer. Messerangriffe werden laut LKA erst seit 2022 ausgewertet. In diesem Jahr habe es 2727 Straftaten gegeben, bei denen 19 Personen tödlich verletzt wurden. Amokfahrten wie die im Dezember 2024 in Magdeburg machen zwar Schlagzeilen, eine Auswertung durch die Polizei finde allerdings nicht statt.
Tödliche Schüsse in Bad Friedrichshall: Schützenverein sollten Aufnahmegespräche führen
„Kein Schützenverein oder -verband möchte Waffen in Händen von Terroristen oder Verbrechern wissen“, betont der DSB. In Vereinen sei es aber schwierig, das wahre Gedankengut eines Menschen zu erkennen. Das gelinge schließlich auch professionellen Psychologen nicht immer. Trotzdem empfiehlt der Verband vor der Aufnahme eines neuen Vereinsmitglieds, ein Aufnahmegespräch über die Beweggründe.
GSVBW-Präsident Glaser hat für sich auch eine Begründung gefunden, weshalb gerade Waffenbesitzer immer wieder ins Visier geraten: „Sportschützen, Jäger, Waffensammler, Soldaten, Polizisten besitzen ein Privileg: Sie dürfen Schusswaffen besitzen. Ein Privileg, das der Rest der Bevölkerung nicht hat.“ Deshalb sei es einfacher, ein Fehlverhalten einer privilegierten Person medial zu verkaufen.
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