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Neue Runde im Böckinger Gartenstreit: Stadt Heilbronn verteidigt ihr Vorgehen

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Ein Gartenbesitzer in Heilbronn-Böckingen hofft auf Vermittlung im Streit mit der Stadt. Während die Verwaltung auf ein Konzept von 2021 verweist, sieht ein Anwalt Vollzugsprobleme bei den Auflagen im Landschaftsschutzgebiet.


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Die Vorwürfe, die die Gartenbesitzer oder Pächter im Weinbergweg-Weingartsweg in Heilbronn-Böckingen erheben, sind eindeutig. Es herrsche auf Seiten der Stadt und der Unteren Naturschutzbehörde Willkür, und Intransparenz und es gebe auch auf Anfrage keine konkreten Informationen. Zudem sei das Planungs- und Baurechtsamt über Wochen nicht erreichbar, weder telefonisch noch per Mail, sagen Betroffene gegenüber der Stimme.

Ausgelöst hatte die Kritik das Vorgehen gegen den Gartenbesitzer Joachim Schnepf, der aufgefordert wurde, die seit dem Jahr 2017 erstellten Hütten und Anlagen in seinem aufwändig gestalteten Garten zurückzubauen. Dagegen hatte sich der 60-Jährige gewehrt. Der Fall liegt inzwischen beim Stuttgarter Verwaltungsgericht.  

Gartenstreit in Böckingen: Stadt geht gegen Verstöße bei baulichen Anlagen vor

Auf Nachfrage teilt die Stadt schriftlich mit, dass sie nicht gegen die Gärten an sich vorgeht, „sondern gegen bauliche Anlagen, sofern sie gegen die rechtlichen Vorgaben der Landschaftsschutzverordnung (LSG-VO) verstoßen“. Dabei liege ein Konzept für das Gebiet Weinbergweg-Weingartsweg vom 5. Juli 2021 vor, nach dem die Stadt verfahre. Das Gebiet, das in Böckingen zwischen dem Ziegeleipark und dem Westfriedhof liegt, war zum 24. Dezember 1998 neu als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen worden.

Nach dem Konzept des Planungs- und Baurechtsamts wurde das Gebiet dazu in Bereiche eingeteilt. „Innerhalb der einzelnen Bereiche erfolgt die Abarbeitung in erster Linie nach Schwere und Zeitpunkt der Verstöße“, antwortet das Amt, das als Untere Naturschutzbehörde bezeichnet wird. 

Unerlaubte Bauten: Eine der Hütten, die im Garten von Joachim Schnepf abgerissen werden soll. Foto: Thomas Zimmermann
Unerlaubte Bauten: Eine der Hütten, die im Garten von Joachim Schnepf abgerissen werden soll. Foto: Thomas Zimmermann  Foto: Zimmermann, Thomas

Stadt Heilbronn: Kein Zusammenhang mit Green-Capital Bewerbung 

Warum die Stadt gerade zum Juli 2021 dieses Konzept entwickelt und umgesetzt hat, nachdem seit 1998 praktisch nichts passiert ist, wird nicht ganz klar. Stadtrat Thomas Randecker (CDU) hatte gegenüber der Stimme einen Zusammenhang zur Bewerbung um den European-Green-Capital-Award (EGC) hergestellt, für den die Stadt zum zweiten Mal kandidiert.

„Ich hoffe nicht, dass das eine Maßnahme ist, die man sich nun krampfhaft sucht, um für die Bewerbung um den European Green Capital Award Projekte ins Schaufenster stellen zu können“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende. Das weist die Verwaltung aber deutlich zurück. „Es besteht kein Zusammenhang zwischen den beiden Sachverhalten“, betont Rathaussprecherin Claudia Küpper. „Die Entscheidung, sich für den EGC zu bewerben, wurde erst 2024 getroffen“, stellt sie klar.

Der Schutzzweck des Landschaftsschutzgebiets (LSG) Weinbergweg-Weingartsweg ist die Erhaltung des historisch gewachsenen Streuobstgürtels in Ortsrandlage von Heilbronn-Böckingen mit seiner bedeutenden Funktion für Landschaftsbild, Frischluftentstehung, Kaltluftabfluss sowie für die Naherholung der Allgemeinheit, schreibt die Stadt auf ihrer Internetseite. Gleichzeitig sind die Obstbaumwiesen, das Grünland, die Nutzgärten im Wechsel mit Ackerflächen schützenswerter Lebensraum für Vogelarten, Insekten, Reptilien und Säugetiere. Deshalb seien die Vorgaben der LSG-Verordnung einzuhalten.            

Bauten in Gärten: Stadt Heilbronn nennt Besitzerwechsel und Corona als Ursache

Der Grund liege eher in einigen Besitzerwechseln zu dieser Zeit, die stärkere bauliche Veränderungen nach sich gezogen hätten, so Küpper. Baubürgermeister Andreas Ringle hatte zudem die Corona-Pandemie genannt. „Damals haben die Leute generell im häuslichen Umfeld viel verändert“, unterstreicht der Baubürgermeister. Grundsätzlich dürfen in einem Landschaftsschutzgebiet rechtlich aber keinerlei bauliche Änderungen vorgenommen werden. Ein Bestandsschutz bestehe aber.

Für den Rechtsanwalt Dr. Martin Peterle liegt die Crux in solchen Vorgängen auch an den Vollzugdefiziten. „Die Geltungsbereiche und Inhalte der maßgeblichen Landschaftsschutzgebietsverordnung sind den meisten unbekannt. Es kann dem Bürger schwer vermittelt werden, dass ein jahrelang hingenommener Zustand rechtswidrig ist“,  sagt der Fachanwalt für Agrarrecht.             

Gartenstreit in Böckingen: Heilbronner Bauausschuss befasst sich mit Thema

Bei jahrlanger Duldung müsse der Vertrauensschutz besonders geprüft werden, so Dr. Peterle. Er regt daher an: „Ein Duldungskonzept wäre pragmatisch und friedensfördernd.“ Joachim Schnepf ist jetzt auf der Suche nach einem Vermittler, der Bewegung in seinen Fall bringt. So hatte Thomas Randecker angekündigt, den Streit um den Rückbau der Gärten zum Thema in der nächsten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses zu machen. Allerdings wurde die Rechtsverordnung von der Unteren Naturschutzbehörde erlassen. Der Gemeinderat allein könnte sie somit gar nicht zurücknehmen.          


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