Stadt Heilbronn fordert Rückbau von Gärten – „Zunehmend negative Entwicklungen“
Ein Gartenbesitzer in Heilbronn-Böckingen wehrt sich gegen Rückbau-Forderungen der Stadt, die sich auf den Landschaftsschutz beruft. Betroffen ist ein naturnah gestalteter Garten, der mit viel Aufwand zwischen Ziegeleipark und Westfriedhof entstanden ist.
Der Garten ist für jeden Naturliebhaber ein Traum. Nutzflächen wechseln sich mit naturnahem Rasen ab. Die vielfältigen Blumen- und Blütenfelder sind von Bienen, Hummeln und Schmetterlingen gesäumt, an Terrassen sonnen sich Eidechsen. Das Kleinod, dass sich Joachim Schnepf mit seiner Lebensgefährtin im Heilbronner Stadtteil Böckingen auf einer 2000 Quadratmeter großen Fläche zwischen dem Ziegeleipark und dem Westfriedhof erschaffen hat, ist ein ganz besonderes Fleckchen Erde.
Kompletter Rückbau von Garten in Heilbronn-Böckingen gefordert
Doch die Freude über das Werk, das nach dem Kauf der Fläche 2017 in mehr als dreijähriger mühevoller Arbeit von der Entrümpelung bis zur Gestaltung und Bepflanzung entstand, hält sich seit dem Dezember 2021 in Grenzen. „Damals erhielten wir ein Schreiben der Stadt, dass wir den Garten komplett zurückbauen müssen. Wir trauten damals unseren Augen kaum“, schildert Joachim Schnepf die Lage. Die Verwaltung beruft sich dabei auf die Regelungen, die durch die Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes Weinbergweg-Weingartsweg (LSG-VO) am 24.12.1998 in Kraft getreten sind. Das Weihnachtsgeschenk zu Heiligabend, das der Gemeinderat damals beschlossen hatte, blieb zwar vor Ort praktisch jahrelang unbekannt, sorgt aber seit rund drei Jahren für Unruhe in den Gartenanlagen.

Stadt Heilbronn geht gegen Pächter und Gartenbesitzer vor
Denn inzwischen geht die Stadt gegen Pächter und Gartenbesitzer auf dem Gelände südwestlich von Böckingen vor. „Wir haben mehrere Verfahren vor dem Regierungspräsidium gehabt und die haben wir alle gewonnen“, schildert der Heilbronner Baubürgermeister Andreas Ringle die Lage. Dabei hatte sich bei der Verwaltung rund 20 Jahre niemand um die Gärten gekümmert. Erst seit kurzem hat das Grünflächenamt Kontakt mit einigen Pächtern und Besitzern aufgenommen. Der Grund: Offenbar liegen inzwischen einige Hinweise und Anzeigen vor.
„In dem Gebiet finden in den letzten Jahren zunehmend negative Entwicklungen insbesondere durch bauliche Anlagen statt, die nicht den Vorgaben der LSG-VO entsprechen“, betont Pressesprecherin Claudia Küpper. Deshalb sei die Stadt auf Einzelne zugegangen, um sie auf die Verstöße hinzuweisen. Dabei gilt prinzipiell der Grundsatz, dass Veränderungen, die nach 1998 vorgenommen wurden, zu beseitigen sind. Auch bei Joachim Schnepf gab es Treffen mit dem Grünflächenamt.
Über 800.000 Hektar der Fläche von Baden-Württemberg sind als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Das sind immerhin 22,5 Prozent der gesamten Fläche des Bundeslandes. Diese Schutzgebiete sollen die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft bewahren. Die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten erfolgt auf Ebene der unteren Naturschutzbehörde. Gekennzeichnet sind die Gebiete mit Schildern, die einen Seeadler im grünen Dreieck zeigen.
Stadt Heilbronn verweist auf geringe Spielräume
Demnach müssten neugebaute Hütten genauso abgerissen werden wie Terrassen, Wasserreservoire, ein Gewächshaus und Zäune. Doch einig wurde sich der 60-Jährige mit den städtischen Mitarbeitern nicht. „Hier gibt es nicht mal Schilder, die darauf hinweisen, dass das ein Landschaftsschutzgebiet ist. Man lässt die Leute ins offene Messer laufen“, klagt Schnepf. Tatsächlich waren noch Mitte Juni mehrere Schilder komplett zugewachsen oder nicht existent. Auch der Bestandsschutz ist ein Thema. Gegen die Forderung nach einem Rückbau, hat der Gartenbesitzer vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart geklagt. „Das Verfahren geht seinen Weg. Wir haben als Behörde wenig Spielräume“, verteidigt sich Ringle. Allerdings sei die Stadt auch gesprächsbereit, so der Baubürgermeister.

Heilbronner Rechtsamt: Der falsche Standort für intensive Gartennutzung
Zum 6. Juni hat das Verwaltungsgericht Stuttgart Joachim Schnepf die Stellungnahme der Stadt Heilbronn übermittelt. Darin beantragt die Stadt die Klage auf Kosten der Kläger abzuweisen, da sie unbegründet sei. Die Stadt beruft sich auf die Rechtslage und weist alle Einwände von Joachim Schnepf zurück. Das Schreiben, das die Amtsleiterin des Heilbronner Rechtsamt Kristine Pohlmann unterzeichnet hat, endet mit dem Satz: „Für eine intensive Gartennutzung sind Grundstücke im Landschaftsschutzgebiet der falsche Standort.“ Keine guten Nachrichten für die zahlreichen Gärtner im weitläufigen Gelände südwestlich von Böckingen.


          
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