Dönerläden verbieten? Heilbronner Gemeinderat diskutiert über Obergrenze
Gibt es zu viele Dönerläden und Barbershops? Experten zeigen in einem Schreiben ans Rathaus auf, dass der Gemeinderat die Gastronomie und Dienstleistungen regeln könnte. Jetzt wird das Rathaus erstmals konkreter.

Heilbronn hat seine Döner-Diskussion. Und sie geht weiter. Wenige Tage, nachdem stimme.de erstmals exklusiv über die fachliche Einschätzung eines Beratungsunternehmens berichtet hat, rührt sich die Rathausspitze. Die Stellungnahme der unabhängigen Imakomm-Akademie, einem Institut für Marketing und Kommunalentwicklung in Aalen und Stuttgart, zeigt der Stadtverwaltung Wege auf, wie Nutzungsarten abseits des Einzelhandels baurechtlich zu steuern sind – also auch Gastro-Betriebe.
In der Kritik steht die zunehmende Anzahl von Dönerläden, Barbershops und 24-Stunden-Automatenläden. Im Zuge dieser Berichterstattung hieß es aus dem Rathaus lediglich: "Die Frage, ob Obergrenzen für bestimmte Gewerbebetriebe möglich sind, ist sehr komplex und umfasst verschiedene Rechtsgebiete. Das Schreiben von Imakomm ersetzt kein vertieftes Gutachten und lässt daher noch keine Stellungnahme der Verwaltung zu." Wenige Tage später äußert sich das Rathaus dennoch.
Obergrenze für Döner-Läden? Heilbronns Baubürgermeister Andreas Ringle äußert sich
Heilbronns Baubürgermeister Andreas Ringle teilt schriftlich mit: "Man kann Nutzungsarten baurechtlich untersagen, man kann das aber nicht explizit und isoliert auf Dönerläden anwenden, denn ein Dönerladen ist keine Nutzungsart." Seiner Ansicht nach ist das ein Gast- und Schankbetrieb mit Straßenverkauf. Laut Andreas Ringle fallen darunter allerdings auch McDonalds, Pizzaverkauf, Silzers Currywurst, eventuell auch Geiger, Eisverkauf und so weiter. "Es ist also ein grober Hammer und kein feines Skalpell."
Ringle sichert zu: "Wir lassen es aber wie bei Anträgen dieser Art nochmal juristisch durchleuchten." Unerwähnt lässt der Baubürgermeister in seiner Antwort einen Hinweis von Imakomm. Die Experten äußern sich ausdrücklich zu bestehenden Betrieben. "Für bestehende Betriebe ist dabei ein Bestandsschutz gegeben."
Gastronomie und Dienstleistung in Heilbronn: Unterschiedliche Meinungen
Mit Anträge meint Andreas Ringle der jüngsten Vorstoß der CDU-Fraktion. Stadtrat Christoph Troßbach hat kürzlich beantragt, das Einzelhandelskonzept um ein Gastronomie- und Dienstleistungskonzept zu erweitern. „Wir alle wollen eine attraktive Innenstadt“, sagte er. An dem Vorstoß gibt es bereits Kritik. Für Grünen-Fraktionschef Holger Kimmerle ist unklar, warum die CDU gerade Dönerläden oder Barbershops beschränken wolle, beides sei offenbar wirtschaftlich erfolgreich. (Im April hatte es eine lange Schlange vor der neu eröffneten "Haus des Döners"-Filiale gegeben.) Verbote sind für Tanja Sagasser-Beil, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, der falsche Ansatz. Die Pro-Fraktion reagiert mit Unverständnis auf die Haltung aus dem Rathaus.
Die Stadträte Alfred Dagenbach und Michael Seher fragen sich, weshalb der Vorstoß der CDU angesichts der längst bekannten Situation erst jetzt vor den Kommunalwahlen komme. "Dennoch werden auch wir diesem Antrag beitreten und ihn unterstützen, denn so kontraproduktiv, wie die Innenstadt von der Verwaltungsspitze trotz des bereits vorliegenden Märkte- und Zentrenkonzepts behandelt wird, kann es nicht weitergehen."
Gastronomiekonzept für Heilbronn? So machen es andere Städte
Die Imakomm-Akademie schreibt ans Rathaus: Ein „Funktionsräumliches Entwicklungskonzeptes“ als Ergänzung zu Vorgaben für den Einzelhandel könne die rechtliche Grundlage schaffen, „auch Nutzungen abseits des Einzelhandels baurechtlich zu steuern“. Dieses Konzept würde beinhalten, dass für die Innenstadt Schwerpunktbereiche mit verschiedenen Nutzungsarten nach Straßenzügen definiert werden. „Diese stellen ein städtebauliches Entwicklungsziel dar, welches Grundlage zum Ausschluss anderer Nutzungen zur Förderung der vorgesehen Nutzungen sein kann.“
Die Heilbronner CDU verweist auf Erfahrungen in anderen Städten, hervorgehoben wird dabei ausdrücklich die nordrhein-westfälische Stadt Soest. Auf Anfrage von stimme.de heißt es dazu aus dem Rathaus: "Die Stadt Soest hat bei der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes ein Gastronomiekonzept aufgestellt." Das Gastronomiekonzept trage dem Wandel in der Einzelhandelslandschaft beziehungsweise in den Innenstädten Rechnung, so Brigitte Sliwa vom Bereich Aktive Bürgerbeteiligung und ehrenamtliches Engagement im Rathaus. "So stärken gastronomische Nutzungen zunehmend die Innenstädte, indem Sie als Frequenzbringer dienen." Im Gastronomiekonzept werde zwischen innenstadtrelevanter und nicht-innenstadtrelevanter Gastronomie unterschieden.
Soest gilt für manchen als Beispiel: Das wird in der nordrhein-westfälischen Stadt geregelt
Innenstadtrelevante Gastronomie zeichnet sich laut Brigitte Sliwa durch einen hohen Freizeit- und Erlebnisfaktor aus. "Darunter kann man sich Lokale vorstellen, in denen man sich mit Freunden trifft und in gutem Ambiente trinkt und isst." Im Gegensatz hierzu stünden die nicht-Innenstadtrelevanten Gastronomien. Hier steht der reine Versorgungsaspekt im Vordergrund. Zu dieser Kategorie zählten unter anderem Lieferdienste, Pommesbuden und auch Dönerläden. "Ziel des Gastronomiekonzeptes ist die Bündelung der innenstadtrelevanten Gastronomie in der Innenstadt, welche zu einer Stärkung dieser führen soll."
Eine Reglementierung der nicht-innenstadtrelevanten Gastronomie werde im Konzept nicht vorgenommen. Brigitte Sliwa: "So sind Dönerläden zum Beispiel im gesamten Stadtgebiet zur Versorgung des Umfeldes zulässig." Ebenso würden im Gastronomiekonzept keine Obergrenzen definiert. "Analog zum Einzelhandelskonzept werden Steuerungsleitlinien für die Stadtplanung aufgestellt, welche bei Ansiedlungsanfragen und bei der Aufstellung von Bauleitplänen einfließen."