Richter: Vorgehensweise von Park & Control mehr als umstritten
Der Heilbronner Richter Alexander Lobmüller bezeichnet die Herausgabe von Halterdaten an Privatfirmen für eine Parkplatz-Überwachung als fragwürdig. Einer 83-Jährigen wurde jetzt trotz bezahlten Knöllchens mit dem Gerichtsvollzieher gedroht.

Viele Autofahrer, die bereits ein Knöllchen bekommen haben von der Parkraum-Überwachungsfirma Park & Control - weil sie keine Parkscheibe ausgelegt haben -, fragen sich: Wie kommen die überhaupt an die Halterdaten? Alexander Lobmüller, Richter am Heilbronner Amtsgericht, sieht die Rolle des Kraftfahrtbundesamts skeptisch. Denn es sei nicht Aufgabe der Behörde, privaten Firmen beim Eintreiben von Strafgebühren behilflich zu sein.
"Es gibt vertragliche Ansprüche und es gibt gesetzliche", sagt Lobmüller. Es sei eine Gemengelage, aber den Anspruch auf Herausgabe der Halterdaten empfindet er mit seiner Erfahrung als Richter so nicht berechtigt. "Das ist eine Grauzone." Wenn es Park & Control um "die Abwehr des Wiederholungsfalles" ginge, wäre das aus Sicht von Lobmüller anders zu bewerten. Es gehe aber vorrangig darum, vom "Vertragspartner" die 30 Euro einzufordern, also um einen reinen Vertragsverstoß - und nicht, wie vorgesehen bei der Herausgabe von Daten, zur Klärung eines Verkehrsvorgangs.
Kraftfahrtbundesamt: Grundstückseigentümer haben Rechtsansprüche
Wie eine Sprecherin des Kraftfahrtbundesamts (KBA) mitteilt, sei es ausgeschlossen, dass die Herausgabe der Daten nach Ermessen erfolge. Das unberechtigte Abstellen eines Autos auf einem Privatgrundstück stellt eine verbotene "Eigenmacht" dar, gegen die sich der Grundstückseigentümer durch das Verfolgen von Rechtsansprüchen wehren dürfe. Dem KBA liegen nach Angaben der Sprecherin von Parkplatzbesitzern erteilte Vollmachten vor, die Überwachungsfirmen berechtigen.
Der baden-württembergische Landesbeauftragte für Datenschutz, Stefan Brink, sieht kein Problem. "Das ist nach dem Datenschutzrecht zulässig und übliche Praxis."
Autofahrer und Geschäftskunden berichten von Mahnbescheiden trotz Kulanz-Versprechen

Viele "Parksünder" berichten in Schreiben an unsere Redaktion davon, dass sie trotz Kulanz-Versprechungen der Geschäfte, in denen sie einkaufen waren, anschließend Mahnbescheide erhielten - obwohl sie auch die Firma Park & Control mit Kopien von Einkaufsbelegen um die Stornierung ihres Knöllchens gebeten hatten.
Park & Control ging bislang nicht auf Einzelfälle ein. Dort heißt es: "Für eine Stornierung müssen Kriterien erfüllt werden, wie beispielsweise ob der Antrag fristgerecht ( innerhalb von zehn Tagen) gestellt wurde, oder die Beilage eines Kassenbelegs, der in Relation zu der Parkzeit steht." Nicht jeder Antrag könne berücksichtigt werden. In jedem Fall erhielten die Antragsteller eine Rückmeldung.
Margarethe Conradt: "Der Gerichtsvollzieher soll ruhig kommen. Der kriegt eine schöne Tasse Kaffee"
Besonders krass ist der Fall von Margarethe Conradt aus Heilbronn. Sie hat 30 Euro am 26. Juni anstandslos überwiesen - Kontoauszug mit korrekten Überweisungsdaten liegt vor -, und dennoch Mahnpost bekommen. Das war am 2. Juli. "Ich hatte Angst vor denen, die schreiben so aggressiv", sagt die 83-Jährige, die seit Jahren Kundin der Textilpflege und des Biomarkts beim Kaisersturm ist. "Ich finde, die Geschäftsleute müssen informiert werden, was hier vor sich geht."
Inzwischen wurde ihr sogar der Besuch eines Gerichtsvollziehers angekündigt. Sie hatte darauf hingewiesen, die Summe bereits bezahlt zu haben. Die Antwort: Ein Teilbetrag sei eingegangen. Die Mahngebühr und die Gebühr für die Ermittlung der Halterdaten stehen offenbar noch aus. Ermutigt vom aktuellen Widerstand gegen das Gebaren der Firma sagt sie: "Die sollen ruhig den Gerichtsvollzieher schicken. Der kriegt eine schöne Tasse Kaffee. Aber zahlen werde ich nichts." Park & Control äußerte sich zu Conradts Fall bislang nicht.
Bei Jürgen Pfalzer aus Eberstadt war es so, dass jemand anders mit seinem Auto unterwegs gewesen sei. Pfalzer stellte sich auf stur und gab zum Fahrer keine Infos preis. Park & Control drohte ihm eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und 600-Euro-Strafen für künftige Verstöße an. Pfalzer bat darum, die Sache gerichtlich klären zu lassen. Seither hat er nichts mehr gehört. Das ist jetzt ein halbes Jahr her.
Anwalt für Verkehrsrecht: Kunden und Händler müssen sich arrangieren
Dieter Roßkopf, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Heilbronn, hält eine rechtliche Klarstellung des Gesetzgebers für unrealistisch. Private Parkplatz-Überwachungsfirmen gebe es in Deutschland seit Jahren. Letztlich sei die doch Frage, wie sich Kunden und Händler miteinander arrangierten - die Händler beauftragen die Unternehmen ja schließlich selbst. Und klar sei, dass Parkflächen immer kostbarer würden. In Zeiten von Personaleinsparungen liegt der Gedanke dem Handel vielleicht fern, aber Dieter Roßkopf berichtet begeistert von USA-Urlauben und Parkplatz-Wächtern. Warum nicht auch in Heilbronn?
Kay Nekolny, Betreiber des Fürfelder Autohofs und kürzlich selbst "Geschädigter" im Knöllchen-Ärger, ist der Ansicht, der Handel schneidet sich ins eigene Fleisch: "Das schadet den Innenstädten und stärkt den Onlinehandel."
Neues Arrangement zwischen Händlern und Überwachungsfirma
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Supermärkte in der Region im Kampf gegen Fremdparker (Premium)
Paul-Anton Gratwohl, der auch seine Erfahrung gemacht hat mit den gelben Privat-Knöllchen, fragt: „Wie können seriöse Händler mit solchen Unternehmen zusammenarbeiten?“ Tatsächlich würde Kölle Zoo am liebsten wieder Abstand nehmen von der Kontrolle durch Park & Control, doch die anderen Händler ziehen nicht mit.
„Wenn es zu Unstimmigkeiten kommt, dann ist das natürlich bedauerlich für alle Beteiligten“, sagt Katy Hahn vom Biomarkt denn’s. Sie als Markt vor Ort seien bemüht, dies zu verhindern. Das externe Unternehmen zur Parkraum-Überwachung sei vom Vermieter beauftragt worden – nicht von ihnen.
Eine Sprecherin des Media Markts sagt: „Die Mehrheit unserer Kunden hat für die Parkraumüberwachung Verständnis und freut sich, wieder einen Parkplatz direkt vor dem Markt zu bekommen.“ Daher werde man die Überwachung bis auf Weiteres umsetzen. Thomas Gauß von der Stadtinitiative sagt, es gebe für diese Parkfläche inzwischen ein Arrangement zwischen Park & Control und den Händlern, dass nur unberechtigte Langzeitparker mit Knöllchen zu rechnen haben. „Das finde ich einen guten Ansatz“, sagt Gauß. Auch bei Obi war Park & Control im Gespräch, allerdings wird es „nach interner Prüfung keinen Einsatz geben“, heißt es.