Ärger um private Parkplatz-Kontrollen
30 Euro Strafe für eine vergessene Parkscheibe? Autofahrer und Geschäftskunden sprechen von Abzocke auf Parkplätzen von Geschäften. Die Firma Park & Control weist Vorwürfe von sich.

30 Euro Strafe bezahlen nur wegen einer vergessenen Parkscheibe? Hansjörg Diehm aus Bad Wimpfen versteht die Welt nicht mehr - und zieht seine Konsequenz: In den Geschäften um den Heilbronner Kaiserturm "gehe ich in Zukunft einfach nicht mehr einkaufen". Er bestelle stattdessen im Internet.
Die Vorgeschichte: Um Futter für seine Katze zu kaufen, fuhr er zum Kölle Zoo. "Ich war 28 Minuten im Geschäft", berichtet er. "Als ich zum Auto zurückkam, lag ein gelber Zettel da." Weil keine Parkscheibe im Auto lag. "Musste man da früher nicht verwenden", sagt Diehm. Also sei er zurück ins Geschäft und habe sich beschwert. "Die nette Verkäuferin sagte mir, ich solle den Kassenbeleg einscannen und auf der Homepage an den Betreiber Park & Control schicken, beim ersten Mal sei das Kulanz." Das habe er gemacht.
Hin und Her mit der Hotline
Zwei Wochen später erhielt Diehm einen Brief. "Ich sollte nun 36,50 bezahlen, da es eine Halterfeststellung gab und ich nicht überwiesen hätte." Er habe bei der Hotline des Unternehmens mit Sitz in Stuttgart angerufen. Diese habe ihm mitgeteilt, dass nichts eingegangen sei. Die Kontaktseite der Homepage hatte ihm das Gegenteil vermeldet. "Es ging mehrfach hin und her und einmal hatte ich einen Servicemitarbeiter an der Strippe, der behauptete, ich bin selbst dafür verantwortlich, dass ich eine Eingangsbestätigung bekomme", sagt Hansjörg Diehm. "Dieser Mensch war so unverschämt, das können sie gar nicht glauben!"
Wenn man so etwas erlebt habe, wisse man, "warum die Menschen von Abzocke sprechen". Diehm, der Mitglied des Bad Wimpfener Gemeinderats ist, bezieht sich auf einen Bericht in der Heilbronner Stimme, in dem über eine neue Sensortechnologie zur Parküberwachung berichtet wurde. Diese wird bereits von mehreren Supermärkten in der Region eingesetzt - und stammt von derselben Firma, die Diehms Knöllchen ausgestellt hatte.
Park & Control: Stornierungsanfragen werden individuell geprüft
Die Firma Park & Control sieht das alles nicht so dramatisch. "Bei Stornierungsanfragen prüfe man jeden Fall individuell, heißt es. "Dabei müssen Kunden lediglich einen Nachweis ihres Einkaufs vorlegen." Park & Control prüfe dann, ob der vorgelegte Kassenzettel in Relation zum "Parkvorgang" stehe oder ob bei dem Kennzeichen in der Vergangenheit bereits eine Vertragsstrafe vorlag. "In dem thematisierten Fall wurde die Kulanzanfrage erst nach der Frist eingereicht."
Paul-Anton Gratwohl aus Heilbronn schildert Ähnliches wie Diehm. Eine Kollegin von ihm parkte im Frühjahr in der Knorrstraße in Heilbronn, beim IB Bildungszentrum - wo sie Mitarbeiterin ist. Prompt wurde ihr ein Forderungsschreiben zugestellt. Allerdings kann sie eine Karte vorweisen, die zum Parken dort berechtigt; sie hatte nur vergessen, sie auszulegen. Auf Kulanz war aber nicht zu hoffen, was Paul-Anton Gratwohl beklagt. Gratwohl spricht von "üblen Praktiken", Datenschutzgrenzen würden überschritten und das angebliche Beweisfoto sei erst über den Anwalt der Firma übermittelt worden.
Juristisch mit dem Gesetz im Einklang, moralisch fragwürdig?
Um keinen weiteren Ärger zu haben, hätte seine Kollegin schließlich überwiesen, schildert Gratwohl, inklusive Anwaltsgebühr. Auch Anton Hickl aus Heilbronn trifft harte Worte: "Abzocke ist deren Geschäftsmodell." Er habe auf dem Mediamarkt-Parkplatz um 21 Uhr einen Kontrolleur beobachtet. Ladenschluss ist um 20 Uhr. "Juristisch mag das mit dem Gesetz im Einklang sein", sagt Hickl. Park & Control teilt dazu mit: Vor Ort würden die Parkbedingungen individuell bewertet - und auch über die Frage entschieden, ob außerhalb der Geschäftszeiten kontrolliert wird.
Neue App zur Parkplatz-Kontrolle hat nichts mit Unternehmen Park & Control zu tun
Für einige Verwunderung gesorgt hat eine Pressemitteilung der Heilbronner Polizei Mitte September. "Der Traum vom schnellen Geld", war sie überschrieben. Eine 30-jährige Frau hatte eine App auf ihrem Smartphone installiert, mit der Falschparker gesühnt werden sollen. Sie bekommen Post von einem Inkassobüro, der selbsternannte Sheriff bekommt eine Prämie. Es gibt sogar die Möglichkeit, vom falsch geparkten Fahrzeug ein Foto zu machen und per Park & Collect-App an den Dienstleister zu übermitteln.

Mit dem Unternehmen Park & Control hat diese App allerdings nichts zu tun. Sie sei ihnen nicht bekannt, schreibt Park & Control, "und steht auch in keiner Verbindung zum Unternehmen." Vertragsstrafen könnten nur von Mitarbeitern von Park & Control ausgestellt werden. Die von ihnen betreuten Parkflächen seien immer in privater Hand.
Die selbsternannte Parkplatz-Kontrolleurin fotografierte Autos in der Friedrichstraße und Friedensstraße in Böckingen, die ihrer Meinung nach falsch geparkt hatten. Die Polizei teilte mit: Die Autos standen "ganz legal" geparkt im öffentlichen Verkehrsraum und nicht auf privaten Flächen. Dennoch hätten vermeintliche Falschparker ein Forderungsschreiben der Firma erhalten. "Für uns war es auch neu, dass es so eine App gibt", sagt der Heilbronner Polizeisprecher Gerald Olma. "Wir haben uns erst mal schlau machen müssen." Für ihn ist das ein Zeichen dafür, dass der Parkraum immer knapper und kostbarer werde.
Ungerechtfertigte Forderung eines privaten Rechtsdienstleisters
In diesem Fall, den inzwischen die Heilbronner Staatsanwaltschaft prüft, sind nach Angaben von Gerald Olma drei Geschädigte bekannt geworden, die eine ungerechtfertigte Forderung des privaten Rechtsdienstleisters bekamen, obwohl sie im öffentlichen Verkehrsraum parkten. "Unserer Einschätzung nach müsste es ein Einzelfall gewesen sein", sagt Olma - es hätten sich bislang keine weiteren Betroffenen gemeldet. Ob die Frau tatsächlich ihre Prämie in Form von Geld bekommen hat, sei noch Gegenstand der Ermittlungen. Auch beim Ordnungsamt seien keine weiteren Vorkommnisse bekannt.