Diskussion um Trinkgeld – wie stehen Gastronomen, Friseure und Co. zum Aufrunden?
Für viele Menschen gehört Trinkgeld zum Restaurant- oder Friseurbesuch dazu. Voreinstellungen bei Kartengeräten führen immer wieder zu Diskussionen. Wie sehen es Menschen aus der Region Heilbronn, die für ihre Arbeit Trinkgeld erhalten?
Wenn von Trinkgeld die Rede ist, denken fast alle an den freiwilligen Aufschlag, den die Gäste in Restaurant, Gasthof oder Kneipe der Bedienung geben, weil sie mit dem Service zufrieden sind. Tatsächlich stammt der Begriff auch aus dem ausgehenden Mittelalter und wurde auch in den Variationen „Trankgeld“ und „Biergeld“ verwendet. Die Idee, die hinter dem Trinkgeld steckt, ist, dem Boten, Handwerker oder der Kellnerin etwas Geld zu geben, damit er oder sie auf das Wohl des Kunden etwas trinken kann.
Heute ist das Trinkgeld gerade in der Gastronomie Standard. Als Mindestsatz gilt ein Betrag, der zwischen fünf und zehn Prozent des Umsatzes liegt. Trinkgeld wird aber nicht nur in Gaststätten bezahlt, auch bei vielen anderen Dienstleistern ist es üblich, eine gewisse Summe auf die Rechnung draufzulegen. Zu diesen Dienstleistern zählen vor allem Friseure, Nagelstudios, Kosmetiker, Lieferdienste, Taxifahrer, Hotelbedienstete und Handwerker, die Reparaturen durchführen.
Trinkgeld als Standard in der Gastronomie – Kritik an Bezahlsystemen
Dabei steht die Freiwilligkeit beim Kunden im Vordergrund. Deshalb stehen Bezahlsysteme, die Dienstleister inzwischen auch in der Region auf den Kartenzahlgeräten vorinstalliert haben, in der Kritik. Manche Kunden fühlen sich unwohl bei Trinkgeldtasten, die einen bestimmten Prozentsatz aufweisen.
Die Systeme, die in der Region auftauchen, haben jedoch nichts mit Servicegebühren zu tun, die in Amerika inzwischen bereits voreingestellt auf Rechnungen auftauchen. Hier wird der Servicemitarbeiter nach wie vor die Summe verrechnen, die der Gast angibt. Denn wie unser Streifzug durch die Region zeigt, ist das Trinkgeld eine Anerkennung für die Freundlichkeit und Qualität, die der Gast auch gerne gibt und ganz individuell auswählen möchte.
Trinkgeld am Imbiss: Wie viel bekommen Mitarbeiter bei der Wurstbraterei Silzer?
In der Wurstbraterei Silzer spielt Trinkgeld eine untergeordnete Rolle, sagt Chefin Heidi Silzer-Mayer. Zwar runden Gäste hin und wieder um 20 oder 50 Cent auf, insgesamt halte sich das jedoch in Grenzen. „Wenn die Mitarbeiter ein paar Euro zusammenbekommen, ist die Freude groß, aber reich werden sie davon nicht.“ Drei Mitarbeiter sowie drei Minijobber sind derzeit im Imbiss beschäftigt.

Da es sich um einen Betrieb ohne Bedienung handelt, fällt das Trinkgeld naturgemäß geringer aus. Privat hingegen geben sie und ihr Mann Johan Mayer gerne großzügig. „Wir kennen die Branche und wissen, wie schwer es Gastronomen derzeit haben.“ Auch beim Bäcker oder Metzger rundet das Ehepaar regelmäßig auf. „Heute würde ich keinen Imbiss mehr eröffnen“, sagt Johan Meyer. Die Energiekosten seien zu hoch. Gleichzeitig sparten auch die Gäste: Sie kämen seltener in die Stadt und gingen weniger essen.
So geht Helget’s Restaurant in Eppingen mit Trinkgeld um
„Jede Kellnerin arbeitet wegen des Trinkgeldes“, weiß Nele Mühling. Sie arbeitet seit eineinhalb Jahren im Eppinger Restaurant Helget‘s. Es gebe immer zwei bis drei Tische, die nichts geben. Aber das sei normal. Manche gäben ungeachtet der Rechnung immer zwei Euro, andere ließen mehr Trinkgeld da als die üblichen zehn Prozent. „Es ist eben sehr durchmischt.“
Bei Helget‘s werde es so gehandhabt, dass am Ende des Tages die letzte Schicht das Trinkgeld zwischen den Bedienungen und der Küche aufteilt. „Schließlich hängt es auch von der Küche ab, wie viel Trinkgeld wir bekommen”, sagt sie. „Wenn das Essen nicht stimmt, sind die Leute auch nicht so zufrieden.“ Die Studentin hat zudem das Gefühl, dass am Jahresanfang eher sporadisch Trinkgeld gegeben wird, während im Sommer schon mittags einiges zusammenkommt.
Trinkgeld im Friseursalon? Das ist die Situation bei Hairfactory in Bönnigheim
Trinkgeld ist ein kleines Zeichen der Dankbarkeit für guten Service, meint Friseur Gero Arnone. „Das ist die Wertschätzung der Kunden.“ Der 30-Jährige betreibt seit zehn Jahren einen Salon in Bönnigheim. Für die finanzielle Unterstützung des Personals sei Trinkgeld nicht zwingend nötig. Das Klischee, dass Friseure schlecht bezahlt seien, sei falsch und lange überholt, erklärt er. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren hätte sich durch den Mindestlohn und die Tarifverträge einiges bewegt.
Die Kunden seien in den vergangenen Jahren trotz Inflation auch eher spendabler geworden, sagt Arnone. Wie hoch der Extragroschen ausfalle, sei von der Art der Arbeit abhängig. Bei einem einfachen Schnitt würden Kunden ein bis zwei Euro geben, bei Strähnchen und guter Beratung auch bis zu zehn Euro. Plaudereien seien dabei nicht ausschlaggebend, meint er. „Nicht jeder Kunde will sich unterhalten.“ Entscheidend sei die Qualität.
Trinkgeld als Wertschätzung für Gastronomiefachkraft im Weinsberger Hotel Rappenhof
Seit neun Jahren arbeitet Luca Miguel im Hotel Rappenhof in Weinsberg. Seinen Beruf führe er mit Leidenschaft aus. Das komme bei den Gästen an. „Wir haben Stammgäste, Tagestouristen und Urlauber, die die Region erkunden, wie auch Tagungen von Firmen“, erklärt er. Jeder Tag sei anders und abwechslungsreich. Glücklich mache ihn die Wertschätzung und Rückmeldung der Gäste für seinen Service. Diese Wertschätzung drücke sich auch im Trinkgeld aus.

„Ich beobachte, dass die Gäste zurückhaltender geworden sind. Die empfohlene Regel von zehn Prozent hat sich auf fünf bis sieben Prozent reduziert.“ Bei kleineren Bestellungen wie Kaffeegedeck und Kuchen seien Gäste großzügiger, bei größeren Diners oder Banketts weniger. Dabei müsse man bedenken, dass hierbei mehr Beratung und ein größerer Aufwand der Dienstleistung erforderlich seien. Die Trinkgelder kommen auch dem gesamten Team zugute.
„Der Mähwerker“ aus Öhringen: „Ich sage bei Geld nie nein“
Uwe Köhler mäht als „Der Mähwerker“ Wiesen, Rasen und „alles, was es zum Mähen gibt“. Seine Kunden sind vor allem ältere Menschen. Die seien sehr froh, wenn die Arbeit gemacht werde. Und: „Die müssen halt zahlen.“ Sein Lohn ist auch nicht billig, erklärt Köhler. Er erwarte darüber hinaus nichts, es sei immer ein sehr angenehmes Miteinander mit seinen Kunden.
Trinkgeld habe er noch keines angeboten bekommen. „Ich sage bei Geld nie nein“, erklärt Köhler, aber er setze Trinkgeld überhaupt nie voraus, betont er. Ursprünglich kommt er aus dem Werbegewerbe, im Umgang mit Unternehmen sei Trinkgeld natürlich nie Thema gewesen.
Aber wenn er bei seiner Arbeit als „Mähwerker“ in der Nähe der Häuser arbeitet, werde ihm oft etwas zu trinken angeboten. Das lehne er aber immer ab: „Ich will in nix reinkommen.“ Er gehe nicht zu nah an die Häuser und möchte nicht wirken, als wolle er sich etwas erschleichen.
Trinkgeld-Kässchen im Heilbronner Foodcourt – das hält eine Servicemitarbeiterin davon
Francesca Müller freut sich jetzt schon auf das Ende der Biergarten-Saison, denn dann plündert das Team vom Getränkestand im Foodcourt in Heilbronn ihr „Trinkgeld-Kässchen“. „Bei uns kommt das gesamte Trinkgeld in den Pott, und am Ende der Saison unternehmen wir von dem angesammelten Geld etwas zusammen“, berichtet die 29-Jährige.
„Wir waren schon in Stuttgart auf dem Wasen und in Tripsdrill. Da man als Einzelner nicht so viel bekommt, finde ich es eine super Lösung, wie wir das sammeln“, erzählt Müller. Von voreingestellten Trinkgeldbeträgen auf EC-Automaten hält Francesca Müller wenig: „Ich finde das nicht besonders gut und könnte mir vorstellen, dass der Gast sich dadurch auch bedrängt fühlt“, erklärt sie. Den Ursprung der voreingestellten Trinkgelder vermutet die Servicemitarbeiterin in den USA.
 
                             
           
    

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