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Trinkgeld-Aufforderung ohne Service – immer öfter auch in Heilbronn

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Immer öfter werden Kunden bei Kartenzahlung zu Trinkgeld aufgefordert, auch wenn kein zusätzlicher Service stattfindet. Auch Betriebe in Heilbronn setzen diese Taktik ein. 


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Amerika ist für seine großzügige Trinkgeldkultur bekannt, bis zu 30 Prozent des Rechnungsbetrag sind dort Normalität. Manch einer spricht von einer „Trinkgeld-Inflation“. In Deutschland besteht keine Trinkgeldpflicht, dafür eine deutlich gemäßigtere Trinkgeldkultur. Hierzulande sind etwa fünf bis zehn Prozent des Rechnungsbetrags üblich, wenn der Kunde mit dem Service zufrieden ist.

Aufgrund der Inflation runden viele Verbraucher aber nur noch sparsam auf. Empfohlen wird Gästen, den Dienstleistern das Trinkgeld direkt in die Hand zu geben, um sicherzustellen, dass es auch wirklich bei ihnen ankommt.

Trinkgeld-Aufforderung bei Kartenzahlung – auch in Heilbronn

In manchen Berufen ist Trinkgeld Standard. Das ist zum Beispiel in Restaurants oder Cafés der Fall. Weniger gängig ist es etwa bei Handwerkern, Postboten oder der Müllabfuhr. Auch bei Imbissen und Bäckereien wird üblicherweise kein Trinkgeld gegeben – dennoch begegnet einem die Aufforderung dort immer häufiger. Selbst in Fällen, in denen kein Service stattfindet.

In Heilbronn werden etwa Kunden des Schnellimbisses „Pik Nik“ in der Stadtgalerie nach der selbstständigen Bestellung am Bildschirm gefragt, ob sie Trinkgeld geben möchten, bevor sie zum Bezahlvorgang weitergeleitet werden. Wenn „kein Trinkgeld“ ausgewählt wird, erscheint auf der Anzeige sogar ein trauriger Smiley. 

Auch in der Starbucks-Filiale am Kiliansplatz ist jüngst eine Trinkgeldabfrage am Kartenlesegerät eingeführt worden. Wer kein Trinkgeld geben möchte, muss zwei Mal aktiv ablehnen. Auf eine Anfrage unserer Redaktion hat sich Starbucks bis Redaktionsschluss nicht geäußert. 

Trinkgeld-Aufforderung bei Kartenzahlung: So schätzt die Verbraucherzentrale die Trinkgeld-Taktik ein

Der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist das Problem bekannt. Es seien Beschwerden eingegangen, dass „zuerst die prozentuale Angabe von 5 Prozent, 10 Prozent oder gar 20 Prozent angezeigt wurde, bevor man die Wahl hatte, auf ’kein Trinkgeld’ zu klicken“, berichtet Heike Silber, Abteilungsleiterin für Lebensmittel und Ernährung. Nach ihrer Auffassung sollte „Kein Trinkgeld“ jedoch genauso prominent angezeigt werden wie die Option, Trinkgeld zu geben. In der Gastronomie sehe sie grundsätzlich kein Problem mit der Anzeige am Kartenlesegerät, da hier Trinkgeld üblich sei. Anders verhalte es sich Bäckern oder Imbissen. „Bisher war es nicht üblich, Trinkgeld zu bezahlen, warum sollte man jetzt auf einmal Trinkgeld geben?“

Im Januar war in einem Forum der Plattform Reddit eine Diskussion entbrannt. Die Bäckereikette Brothaus im Landkreis Neustadt in Bayern testete ein neues System, bei dem Kunden automatisiert Vorschläge für Trinkgeld gemacht wird. Grund dafür war offenbar, dass Kunden beim Bezahlen mit Karte oft weniger spendabel sind. „Ich empfinde das einfach als unhöflich und setze das mit einer mündlichen Aufforderung Trinkgeld zu geben gleich“, schrieb ein Nutzer in dem Forum. Bei Selbstbedienung sehen einige der Nutzer keinen Grund für Trinkgeld, erst recht nicht die zur Auswahl stehenden 20 Prozent. 

Verbraucherzentrale über „Nudging“ beim Trinkgeld – man soll sich trauen, abzulehnen

Heike Silber spricht bei solchen Trinkgeld-Aufforderungen bei Kartenzahlung von „nudging“ (deutsch: anschubsen). Dabei handelt es sich um einen Begriff aus der Verhaltensökonomie. Er beschreibt den Vorgang, dass sanfter Druck auf die Kunden ausgeübt wird, der sie zum Trinkgeldgeben animieren soll. Die Augsburger Allgemeine Zeitung zitiert den Analysten Ted Rossmann. Der erklärt, die Kunden hätten durch solche Taktiken das Gefühl, bevormundet zu werden. Sie müssten sich wirklich anstrengen, um kein Trinkgeld zu bezahlen. 

Heike Silber von der Verbraucherzentrale: „Wir raten den Verbraucherinnen, sich wie üblich zu verhalten und sich zu trauen auf ’kein Trinkgeld’ zu klicken, wenn man kein Trinkgeld bezahlen möchte.“ Heilbronner Starbucks-Kunden beobachten, dass einige der Baristas die Trinkgeldanfrage mittlerweile selbstständig wegklicken.

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