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Forderung nach mehr Verkehrskontrollen: Was ist machbar?

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Drängeln auf der Autobahn, waghalsige Überholmanöver auf der Landstraße. Bürger fordern häufig mehr Kontrollen im Straßenverkehr. Gerald Olma vom Polizeipräsidium Heilbronn sagt, was machbar ist.

Außerhalb von Schwerpunktkontrollen wie auf diesem Symbolbild braucht die Polizei im Normalfall einen Grund, um einen Verkehrsteilnehmer anzuhalten und zu kontrollieren.
Foto: dpa
Außerhalb von Schwerpunktkontrollen wie auf diesem Symbolbild braucht die Polizei im Normalfall einen Grund, um einen Verkehrsteilnehmer anzuhalten und zu kontrollieren. Foto: dpa  Foto: Uwe Anspach

Drängeln auf der Autobahn, zu schnell auf der Landstraße, waghalsige Überholmanöver. Solch ein Verhalten von Verkehrsteilnehmern hat wohl jeder in der Region schon erlebt. "Da muss die Polizei mehr kontrollieren", fordern einige. Über Wünsche und das Machbare spricht Gerald Olma. Er leitet die Pressestelle im Polizeipräsidium Heilbronn.

Bei der Vorstellung der Unfallstatistik im März hat die Polizei angekündigt, gezielt Raser aus dem Verkehr ziehen zu wollen. Konsequente Geschwindigkeitsüberwachung stehe an oberster Stelle. Was ist daraus geworden?

Gerald Olma: Verkehrskontrollen werden statistisch nicht erfasst. Deshalb gibt es keine genauen Zahlen dazu. Was wir erheben können, sind die Verstöße. Deren Zahl lässt auch Rückschlüsse auf die Zahl der Kontrollen zu.


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Wie viele Verstöße gibt es denn?

Olma: Im ersten Halbjahr 2020 haben wir bei Geschwindigkeitskontrollen außerhalb von Orten auf Kreis- und Landesstraßen und auf Autobahnen 32.200 Verstöße festgestellt. In den ersten sechs Monaten dieses Jahr sind es mehr als 100.200. Für Verkehrsüberwachung innerorts sind im Regelfall die Kommunen selbst zuständig.

Wie erklärt sich die Polizei diese Zunahme?

Olma: Wir haben die Verkehrskontrollen mit Lasergeräten und einem Messanhänger ausgebaut. Dazu kommt, dass im vergangenen Jahr durch die Pandemie weniger Menschen unterwegs waren. Dieses Jahr ist wieder mehr los auf den Straßen.

Warum kann die Polizei die Zahl der Kontrollen nicht exakt erheben?

Olma: Weil sie in verschiedenen Bereichen stattfinden. Drogen, Rotlicht, Handy am Steuer, Lkw-Fracht, Umweltverstöße und vieles mehr. Im Alltag haben Polizisten mit den unterschiedlichsten Vorkommnissen zu tun. Diese lassen sich nicht immer klar zuordnen.


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Zum Beispiel?

Olma: Eine Streife wird beispielsweise zu einem häuslichen Streit gerufen. Vor dem Haus sehen sie einen betrunkenen Mann, der gerade mit dem Auto davonfahren will. Sie halten ihn an. Es stellt sich heraus, es handelt sich um den Hausbewohner. Soll der Einsatz als Verkehrskontrolle oder Hausstreit gezählt werden?

Gibt es tatsächlich so viele Ereignisse, die sich nicht zuordnen lassen?

Olma: Wenn ein Polizist einen 16-jährigen Radfahrer anhält, der über den Zebrastreifen gefahren ist, und ihn ermahnt, ist das ja auch schon eine Kontrolle. Oder nehmen wir an, eine Streife hat eine ruhige Auftragslage. Sie beschließt, den Verkehr zu überwachen, wird zu einem Unfall oder Supermarkt-Einbruch gerufen, und die Kontrolle ist beendet, bevor sie richtig begonnen hat. Dazu muss man wissen, dass außerhalb von Schwerpunktkontrollen die Polizei im Normalfall einen Grund haben muss, wenn sie jemanden anhält.

Der Ruf nach mehr Polizei ist häufig zu hören. Tut die Polizei zu wenig?

Olma: Ich muss klipp und klar sagen: Die Kontrollmöglichkeiten hängen natürlich auch von der Personalstärke ab. Wir können nicht überall gleichzeitig sein. Wir setzen Schwerpunkte. Wenn verstärkt Hinweise aus der Bevölkerung bei uns eingehen, wenn sich Bürger wie im Neckarbogen massiv beschweren oder wenn an einer bestimmten Stelle viele Unfälle passieren, dann sind wir da.


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Wird die Einhaltung von Gesetzen nicht kontrolliert, nutzen einige das aus und kommen damit durch. Hat die Polizei ein Problem, Gesetze durchzusetzen?

Olma: Wir können nicht an jede Straße eine Streife stellen, um jeden Verkehrsteilnehmer lückenlos zu überwachen. Sollen wir jeden anhalten, der den Blinker nicht setzt oder bei Gelb Gas gibt statt anzuhalten? Wir müssen unsere Kräfte sinnvoll einsetzen und taktisch vorgehen. Außerdem ist nicht alles, was Bürger stört oder aufregt, ein Verstoß gegen ein Gesetz, bei dem die Polizei einschreiten kann.

Brauchen wir andere Gesetze?

Olma: Das ist eine politische Diskussion. Es gibt Staaten, wo weite Teile des öffentlichen Raums videoüberwacht sind. Wollen wir das? Wo ist die Grenze? Wir leben in einem freiheitlichen Land. Genauso ist es eine politische und gesellschaftliche Diskussion, ob wir zum Beispiel Bußgelder erhöhen. Wer für ein bestimmtes Verkehrsvergehen 2000 Euro zahlen muss, überlegt es sich sicher zweimal. Oder soll die Polizei Autos schneller beschlagnahmen dürfen? Über schärfere Gesetze ist in der Vergangenheit ja auch schon diskutiert worden.

Woran denken Sie?

Olma: Illegale Autorennen sind nach einigen schweren Unfällen zur Straftat erklärt worden. Das soll auch eine abschreckende Wirkung haben.

Zur Person

Polizeihauptkommissar Gerald Olma (47) leitet die Pressestelle des Polizeipräsidiums Heilbronn. 1996 trat er in Biberach an der Riß in den Polizeidienst ein. Es folgten Stationen unter anderem bei der Polizeidirektion Ravensburg, im Revier Neckarsulm und in Tauberbischofsheim.


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