Bewohner im Neckarbogen leiden zunehmend unter der Raser- und Partyszene
Die Bewohner im neuen Stadtviertel Neckarbogen sind mit den Nerven am Ende. Nun haben sie eine Unterschriftenaktion für eine Zufahrtsbeschränkung gestartet, denn das "Anlieger frei"-Schild interessiert bislang die wenigsten.

Die Bilder sind verstörend. Schwere hoch motorisierte Boliden, die im Neckarbogen die Paula-Fuchs-Allee hinunterrasen. Videos, die Anwohner gedreht haben, zeigen Autokolonnen, die in den Abendstunden durch die engen Straßen ziehen. Bis spät in die Nacht hinein sind auch zahlreiche junge Leute unterwegs, die im Viertel Party machen. Müll verteilt sich im Gelände. In der Theodor-Fischer-Straße kommt es fast zu einem Unfall, als ein Autofahrer auf Passanten zurast.
Mit Vollgas in die Paula-Fuchs-Allee
"An manchen Abenden haben wir viele Fahrzeuge mit Mannheimer und Karlsruher Kennzeichen, die vom Europaplatz kommen und teilweise mit Vollgas in die Paula-Fuchs-Allee rasen", berichtet Roland Müller, der seit dem Frühjahr 2020 im Stadtteil Neckarbogen wohnt. Mit viel Herzblut ist der bekennende Buga-Fan mit seiner Familie in den Stadtteil gezogen, auch weil ihm der Nachhaltigkeitsgedanke, der dort gelebt werden soll, sehr zugesagt hat. Davon ist nicht mehr viel geblieben. "Die Lage ist inzwischen von Donnerstag bis Sonntag unerträglich. Es muss jetzt sofort eine Zufahrtsbeschränkung kommen", fordert Müller. Bisher sind die Wege im Neckarbogen als Fahrrad- und Anliegerstraßen ausgeschildert.
Die Stadtverwaltung betont, dass sie das Thema "seit langem ernst nimmt". "Das Wohnquartier Neckarbogen stellt einen Einsatzschwerpunkt des Kommunalen Ordnungsdienstes sowie des Verkehrsüberwachungsdienstes dar", versichert die Pressesprecherin der Stadt Suse-Bucher Pinell. Mehr als 1200 Bußgelder wegen Falschparkens habe man in diesem Jahr bereits verhängt.

Szenen wie in den Videos kann die Polizei nicht bestätigen. "Davon, dass sich die Poser-Szene in den Neckarbogen verlagert hat, kann keine Rede sein. Dort treffen sich hin und wieder Kleingruppen mit wenigen Fahrzeugen", sagt Polizeisprecher Carsten Diemer. Auch wilde Partys habe die Polizei noch nicht festgestellt. Kontrolliert werde regelmäßig.
Bewohner wehren sich
Auch Roland Müller kann die Einschätzungen der Polizei nicht nachvollziehen. "Wir haben zeitweise hunderte von Fahrzeugen im Neckarbogen, viele Bewohner sind mit den Nerven am Ende. Vom Anspruch des Quartiers ganz zu schweigen", klagt er. Einige Neubürger seien bereits wieder ausgezogen. Andere haben 300 Unterschriften gesammelt und sich an die Stadträte gewandt.
Diese werfen der Stadt vor, viel zu lange weggeschaut zu haben. "Wer nicht rechtzeitig eingreift, verfestigt das Problem, das sehen wir jetzt im Neckarbogen", kritisiert CDU-Stadtrat Thomas Randecker. "Wir müssen endlich Maßnahmen ergreifen", betont auch Marion Rathgeber-Roth, die sich ein Bild vor Ort gemacht hat. " Wir müssen entschlossen kontrollieren und alle Beteiligten an einen Tisch bringen", fordert die Stadträtin der Freien Wähler.
Unerträgliche Situation
Für Nico Weinmann sind die Vorfälle im Neckarbogen ein generelles gesellschaftliches Problem. "Der Laissez-Fairismus und die generelle Rücksichtslosigkeit in der Gesellschaft müssen ein Ende finden. An zu vielen Orten in unserer Stadt ist die Situation für Anwohner und Gewerbetreibende unerträglich geworden", kritisiert der FDP-Politiker. Der Neckarbogen gehöre dazu. Für die meisten Anwohner bleibt nicht mehr viel Zeit. "Ich bin mit dem Buga-Gelände regelrecht verwurzelt, aber inzwischen überlagert die Situation alles Positive ", sagt Roland Müller. Auch er habe schon daran gedacht, wieder wegzuziehen.