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Wie sieht der Hochwasserschutz in der Region Heilbronn aus?

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Wie sich Extremregen wie in Rheinland und Eifel bei uns in der Region Heilbronn genau auswirkt, ist schwer zu beantworten. Stadt und Landratsamt verweisen auf ein gut ausgebautes Beckensystem. Millionen Euro wurden in die Schutzflächen für Wasser-Stauraum verbaut.

von Carsten Friese

Die Bilder von verheerenden Schäden in den Extrem-Hochwassergebieten in Eifel und Rheinland haben die Frage aufgeworfen: Wie sieht der Hochwasserschutz in der Region Heilbronn aus?

Lösen solche Regenmassen dann auch bei uns derart zerstörerische Folgen aus? 150 bis 200 Liter Regen je Quadratmeter am Tag sind schier unvorstellbare Größen. Bei so einem Extremereignis "kann man nichts machen, das ist eine Katastrophe, die man kaum modellieren kann", sagt Reinhold Gall, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes Heilbronn. Jakobine Biehl, Sachgebietsleiterin Hochwasserschutz der Stadt Heilbronn, erwartet bei Extremwetter auch bei uns in tiefen Lagen Überflutungen. Aber: Die Täler in den derzeit betroffenen Gebieten seien sehr schmal. Ob es auch bei uns "diese Sturzfluten gibt und es solche Ausmaße annimmt, kann ich mir nicht vorstellen".

 


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Ein großes Sperrtor schützt die Stadt Heilbronn im Notfall

Das Hochwasserschutzsystem stuft Biehl für Heilbronn und Umgebung als sehr gut ein. In der Stadt gebe es sieben Hochwasser-Rückhaltebecken an Flüssen, zudem 33 Regen-Rückhaltebecken, die fast alle Wasser von den Weinbergen im Osten aufhalten. Der Gesamtstauraum beträgt rund 780.000 Kubikmeter. Dazu gibt es ausgewiesene Überschwemmungsflächen am Neckar, vor allem Wiesenflächen mit Bauverboten. Große Palisadenrechen an Einläufen zu den Rückhaltebecken halten Grobmaterial zurück.

Zudem hat die Stadt den Vorteil, dass der Altneckar mit einem großen Sperrtor abgeriegelt werden kann. Der große Neckarkanal würde weiterfließen, die Innenstadt aber bliebe geschützt. Der Schutz für ein sogenanntes 100-jährliches Hochwasser ist nach Angaben Biehls gegeben. Zudem habe man die Schutzbauten zu über 80 Prozent mit einem 15-prozentigen Klimafaktor versehen, der mehr Stauraum vorsieht. "Wir haben schon früh daran gedacht." Auch wenn noch nicht überall alles fertig ist - wie in Biberach, wo ein Becken noch gebaut werden und der Böllinger Bach aufgeweitet werden soll - sieht Biehl die Stadt gut aufgestellt.

 


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Höhere Deiche und Mauern von Klingenberg bis zum Osthafen sind ein nächstes Ziel. 2024 soll Baubeginn sein. Alle vier Wochen würden die Anlagen begangen und überprüft. Ein Mal im Jahr findet eine Sicherheitprüfung statt. Der Schutz komme an einen 200-jährlichen Hochwasserabfluss heran, ist ihr Fazit zum aktuellen Stand.

Was das gekostet hat? Nach Angaben Biehls haben die Hochwasser-Zweckverbände Leintal, Böllinger Bach und Schozachtal in den letzten 20 Jahren 60 Millionen Euro in den Ausbau des Hochwasserschutzes investiert. Die Stadt habe einen Anteil von 7,4 Millionen Euro getragen. Für Planungen und künftige Projekte stünden Investitionen von über 30 Millionen Euro an.

 


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Der Landkreis Heilbronn hat beim Beckenbau einen Spitzenwert im Land, sagt das Landratsamt

Auf 89 Hochwasser-Rückhaltebecken im Landkreis Heilbronn, ein Spitzenwert im Südwesten, verweist Frank Hütter, Fachtechniker für oberirdische Abflüsse im Landratsamt Heilbronn. Alles ist als System angelegt, je nach Flussläufen, Gelände, Platz und Notwendigkeit. Nicht jede Gemeinde brauche dann ein Becken. Zu Regen-Rückhaltebecken hat die Behörde keine Zahlen, Hütter schätzt diese auf einige hundert. Hochwasserstauräume sind auch Gewässer wie Breitenauer See und Ehmetsklinge, die zusätzlich zum Seevolumen noch viel Wasser aufnehmen können - mehrere hunderttausend Kubikmeter. Der gesamte Stauraum im Landkreis wird bei mehreren Millionen Kubikmeter liegen.

 


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Auch ein Graben um ein Wohngebiet kann helfen

Hütter verweist nicht nur auf den technischen Hochwasserschutz. Die Hälfte der Gemeinden hätten ein Starkregen-Risikomanagement durchgeführt oder seien dabei. Um Hinweise zu erhalten, wo die gefährdetsten Flächen sind, wo man im Notfall eingreifen muss, wo Schutzwände oder Sandsäcke sinnvoll sind. Und: Sein Appell geht dahin, ausgewiesene Überflutungsareale nicht zu bebauen - was in Ausnahmefällen passiert sei. Jeder Hausbesitzer könne zudem mit Wannen Kellerfenster vor hohem Wasserdruck schützen.

Und für Häuslebauer sollte eine Grundregel sein: alle Türen und Fenster deutlich über dem Straßenniveau anlegen. Für einen 100-jährlichen Hochwasserabfluss plus die 15 Prozent Klimafaktor sei auch der Landkreis Heilbronn gut aufgestellt. Der Zweckverband Sulm habe zum Beispiel alles gebaut. Auch andernorts "haben wir die großen Becken alle". Extremregen wie in Rheinland und Eifel werde mit technischem Hochwasserschutz nicht abzuwenden sein. Aber: Man könne auch lokal Schutz anlegen - verweist er auf einen neuen, breiten Graben in Oedheim, der Wasser um den Ort leitet. Er sei so breit, dass ein Lastwagen reinpasse. Dies habe die Gemeinde ohne Fördermittel angepackt. Hütter: "Es funktioniert."

Nach Angaben des Regierungspräsidiums Stuttgart hat das Land seit 2010 rund 21 Millionen Euro an Zuschüssen für Neubau und Instandsetzung von Hochwasserrückhaltebecken an Verbände mit Sitz im Landkreis Heilbronn gezahlt.

Viele Verbände wirken beim Hochwasserschutz mit

Elf Wasserverbände kümmern sich in der Region Heilbronn und Nachbarkreisen um den Hochwasserschutz, jeder in seinem speziellen Gebiet mit unterschiedlichen Fluss-/Bachläufen. Sie sind vor allem für die Anlage der technischen Bauten zuständig wie Rückhaltebecken, Stauseen oder Dämme. Es sind die Verbände Ette-Kessach, Fichtenberger-Rot, Neuenstadter Brettach, Sulm, Zaber, Böllinger Bach, Bottwartal, Leintal, Schozachtal, Seckach/Kirnau und Elsenz/Schwarzbach. Anliegergemeinden sind Mitglieder. Manche sind je nach Einzugsgebiet der Flüsse und Bäche in mehreren Verbänden, Heilbronn zum Beispiel in vier. In Hohenlohe gibt es zudem den Verband Westliches Hohenlohe mit Sitz in Kupferzell.

 

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