Verhaltene Reaktion auf geplante Lockerungen in der Corona-Krise
Bund und Länder haben sich am Mittwoch über weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen verständigt. Was zu Schulen, Kinderbetreuung und Gastronomie geplant ist, stieß in der Region auf ein zurückhaltendes Echo.

Einige Punkte aus der Beschlussvorlage für die Beratungen: Bis zu den Sommerferien soll der Unterricht für alle schrittweise losgehen, Freizeitsport unter freiem Himmel wird wohl wieder erlaubt. Das Land will zudem einer Agenturmeldung zufolge, dass die Gastronomie unter Auflagen vor Pfingsten wieder anläuft.
Bildungsgewerkschaft: Nichts übers Knie brechen
Harald Schröder, GEW-Kreisvorsitzender Heilbronn, bezeichnet die Formulierungen in der Beschlussvorlage als "wachsweich". Die Schulen müssten jetzt warten, bis das Kultusministerium ein Konzept vorlege. Hier hoffe er, dass nichts übers Knie gebrochen wird. Allein der Schulbeginn für die Neunt- und Zehntklässler habe einen ziemlichen Aufwand bedeutet.
Wenn nun mehr Schüler an die Schulen zurückkehren sollen, müsse man sowohl räumlich als auch personell erst einmal die entsprechenden Voraussetzungen dafür schaffen. Dabei weist Schröder darauf hin, dass viele Lehrer zur Risikogruppe gehörten und nicht arbeiten könnten. "Ich hoffe, das Kultusministerium lässt den Schulen einen Zeitpuffer." Die Formulierung, dass parallel dazu digitale Unterrichtskonzepte weiterentwickelt werden sollen, findet Schröder besonders interessant: "Das hätte in den letzten Jahren bereits passieren müssen." Nun bleibe den Schulen aber vorerst nur auf Mitteilung aus Stuttgart zu warten.
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Stadt Heilbronn kann erweiterte Notbetreuung stemmen
An den neuen Regelungen, die für die Kinderbetreuung gelten sollen, begrüßt Achim Bocher, Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren der Stadt Heilbronn, ausdrücklich, „dass Kinder mit besonderem Förderbedarf in den Genuss der erweiterten Notbetreuung kommen“. Die Stadt warte nun auf die zügige Umsetzung im Rahmen der Corona-Verordnung. „Knapp ein Viertel der Notbetreuungskapazität wird derzeit tatsächlich in Anspruch genommen, deswegen können wir die Erweiterung personell, räumlich und von den Hygienevorgaben her gut leisten“, erläutert Bocher. Die Stadt Heilbronn betreibt 98 Kindertagesstätten und hat in der erweiterten Notbetreuung Kapazität für 2000 Kinder.
Wirte sehen Lockerungen als überfällig an
"Unsere Wirte waren und sind von den Schließungen natürlich extrem betroffen, Lockerungen sind überfällig", betont der Heilbronner Gastro-Experte Thomas Aurich. Nach riesigen Umsatzeinbußen habe man gemerkt, "dass am deutschen Weg mit strengen Begrenzungen etwas nicht stimmt, das freut uns natürlich". Gleichzeitig hätten die allermeisten Gastronomen in Heilbronn und in der Region "alles mit Demut getragen, obwohl es bei jedem finanziell zur Sache ging".
Aurich, der auch Dehoga-Funktionär und CDU-Stadtrat ist, hofft nun, dass die Landesregierung die möglichen Lockerungen nicht zu eng fasst. Bei einer Öffnung der Außengastronomie sieht er die Möglichkeit, die Zahl der erlaubten Sitzplätze zu verdoppeln, um dadurch die Abstandsregel zu kompensieren. Hier setzt Aurich auf das Verständnis der Kommunen. Probleme sieht er im Innenbereich. "Die Fixkosten, vor allem beim Personal sind immer da, unabhängig, wie viele Gäste ich habe." Denn: "Eine halbe Bedienung und eine halbe Küche gibt es nicht, ob der Koch 100 oder 300 Schnitzel macht, ist wurst."
Sportvereine müssen auf klare Vorgaben warten
Sport- und Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport unter freiem Himmel soll unter Bedingungen wieder erlaubt sein. Konkrete Bedingungen sind Sache der Sportministerien der Länder. Darauf muss Marcel Hetzer von der TSG Heilbronn warten, bevor er einen genauen Fahrplan vorlegen kann. "Von uns aus kann es aber losgehen", sagt der Geschäftsführer des mit 7000 Mitgliedern größten Heilbronner Sportvereins. "Den Leuten fehlt der Sport, und die Leute fehlen uns."
Marcel Hetzer geht davon aus, dass im Tennis und in der Leichtathletik ab kommenden Montag der Trainingsbetrieb starten kann - unter Einhaltung von Hygieneregeln. Beispielsweise kann es für Tennis die Auflage geben, dass die Spieler jeweils eine andere Ball-Marke zur Unterscheidung nutzen oder aber Handschuhe tragen. "Das zeigt sehr gut, dass der Teufel im Detail liegt." Die Lockerungen bedeuteten nicht, dass alles wieder wie bisher laufen könne. Es werden für jede Sportart eigene Bestimmungen gelten. "Darauf müssen wir unsere Mitglieder aufmerksam machen."
Bei Mannschaftssportarten ist Hetzer noch skeptisch: Der Trainingsbetrieb sei kontaktlos möglich. "Aber der Wettkampfbetrieb wird noch eine Weile ruhen." Die TSG hat sich überlegt, bestimmte Angebote auf die Freiflächen zu verlagern, beispielsweise Yoga-Kurse. Dabei ließen sich die Abstände zwischen den Teilnehmern gut regeln. Fitnessstudios sollen an Pfingsten wieder öffnen. Das würde dann auch für das TSG-Bewegungszentrum gelten, mit einer Obergrenze an Besuchern. Hetzer rechnet damit, dass nicht alle Sportler dem Verein die Treue halten: "Wir werden durch Corona Mitgliederverluste haben."
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