Leitungsnetz am Limit: Kein zusätzliches Trinkwasser aus dem Bodensee
In der Region stoßen Kommunen an ihre Grenzen. Bei der Versorgung mit Trinkwasser aus dem Bodensee ist mittlerweile das Ende erreicht.

Wer derzeit seine Bezugsrechte erhöhen und mehr Wasser aus dem Süden erhalten will, bekommt vom Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung eine Abfuhr. Gerade kann nicht mehr befördert werden, die Leitungskapazitäten sind erschöpft, der Ausbau ist allerdings in Planung. Die Umsetzung lässt aber vermutlich noch über ein Jahrzehnt auf sich warten.
Bürgermeister appelliert an die Möckmühler
Zuletzt hat Möckmühls Bürgermeister Ulrich Stammer im Gemeinderat einen eindringlichen Appell geäußert. Die Bürger sollten bitte nicht mehr so viel Wasser nutzen, um im Sommer die Pools zu befüllen. Die Stadt Möckmühl würde zwar gern mehr Wasser von der Bodensee-Wasserversorgung abnehmen als bislang vertraglich vereinbart. Das gehe aber nicht, erklärte Ulrich Stammer dem Gremium. Die Einwohnerzahl im Land wächst, über das Leitungsnetz aus dem Süden könne nicht mehr Wasser in den Norden transportiert werden. "Es wird wirklich knapp", sagte er eindringlich. Das Leitungsnetz vom Bodensee aus in den Norden solle zwar ausgebaut werden. Der Rathauschef aus dem nördlichen Landkreis Heilbronn rechnet aber mit einer Planungszeit von 15 Jahren.
Verband hat keine freien Bezugsrechte mehr
Der Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung die Möckmühler Erfahrungen. "Es ist korrekt, dass Bezugsrechte im Landkreis Heilbronn gerade nicht mehr erhöht werden können", teilt Unternehmenssprecherin Teresa Brehme mit und ergänzt: Die Wasserversorgung habe aktuell keine Beteiligungsquoten an Verbandsmitglieder oder für Neuaufnahmen zu vergeben. Der aktuelle Bestand sei vom Verwaltungsrat im Juli 2020 vergeben worden. "Es gibt keine freien Bezugsrechte. Die Bodensee-Wasserversorgung wird bis auf Weiteres keine neuen Verbandsmitglieder aufnehmen."
Seit etwa fünf Jahren verzeichnet der Zweckverband nach eigenen Angaben "eine stark zunehmende Nachfrage nach Trinkwasser aus dem Bodensee". Die Sprecherin betont, dass sich dies schon vor eineinhalb Jahren an mehr als 30 Anfragen auf Erhöhung der Beteiligungsquote oder Anschluss an den Zweckverband gezeigt habe. "Zudem werden gezeichnete Bezugsrechte und damit das Transportnetz weit stärker ausgelastet als in der Vergangenheit." Das System arbeitet stellenweise unter Hochlast.
Vorwiegend im nördlichen Verbandsgebiet würden "vor allem zu Hochlastzeiten bereits Übergabestellen an der Kapazitätsgrenze betrieben", erklärt Teresa Brehme. Der Zweckverband sieht dafür mehrere Gründe: Aufgrund des Klimawandels würden unter anderem mehr Hitztage und längere Trockenzeiten erwartet. Grundwasserstände sinken, die Bevölkerung nimmt generell zu; mehr Menschen wohnen in Ballungsräumen. Hinzu komme unter anderem ein "verändertes Wassergebrauchsverhalten". Dazu gehöre auch die Bewässerung in der Landwirtschaft.
Das tut sich beim Wasserversorger
Der Wasserversorger ist aktiv. Eine Machbarkeitsstudie soll die Kapazitäten des Versorgungsnetzes erweitern. Ziel sei es, "verschiedene Konzepte aufzuzeigen, um den zukünftigen Bedarf an Trinkwasser aus dem Bodensee abzudecken". Außerdem laufe eine "umfangreiche, hydraulische Untersuchung", die eine "sehr hohe Auslastung des bestehenden Systems zeigen, das sich an Spitzentagen an der Kapazitätsgrenze bewegt". Im Raum steht, neue Leitungen zu bauen. Diese Maßnahme muss laut Verbandssprecherin Teresa Brehme mit dem zukünftigen Bedarf abgestimmt werden. Dafür seien aber die Ergebnisse des Masterplans Trinkwasserversorgung des Landes abzuwarten. "Es gibt erste Überlegungen, die aber noch nicht mit einem Zeitplan versehen sind."
So reagiert Bad Friedrichshall
In Bad Friedrichshall, wo zurzeit die Schwarz-Gruppe ihren großen IT-Campus errichtet, sind laut Bürgermeister Timo Frey bei der Wasserversorgung keine Engpässe zu erwarten. Die Stadt will sich trotzdem wappnen. "Wir bereiten uns rechtzeitig vor, um keine bösen Überraschungen zu erleben." Weil die Stadt vergeblich zusätzliches Wasser aus dem Bodensee beziehen wollte, investiert sie nun in einen eigenen Brunnen, der bereits besteht. "Wir wollen unsere Wasserversorgung dauerhaft sichern."
Auf eigene Quellen setzt auch der Zweckverband Wasserversorgungsgruppe Oberes Elsenztal in Eppingen. "Wir haben genug Wasser", sagt Geschäftsführer Jürgen Fischer. Damit setzt der Verband auf Versorgungssicherheit. 61 Prozent des benötigten Wassers kommt aus eigenen Brunnen, 35 Prozent vom Bodensee und vier Prozent aus dem benachbarten Sulzfeld. Der Anteil, der durch Baden-Württemberg in den Kraichgau befördert wird, reiche aus. Allerdings registriert der Verband in den zurückliegenden Jahren einen starken Anstieg in den Spitzenzeiten. Wurden noch vor wenigen Jahren im Juli 5000 Kubikmeter Wasser pro Tag benötigt, seien es 2021 schon 6150 gewesen. Damit das Wasser tatsächlich bei den Verbrauchern ankommt, hat die Versorgungsgruppe investiert: So sei unter anderem die Brunnenleistung erhöht worden, auch in Pumpen wurde investiert, sagt Jürgen Fischer.
Das tut sich in Heilbronn
Die Stadtwerke Heilbronn erwarten, dass unter anderem durch den Klimawandel und Ansiedlungen mehr Wasser in Heilbronn benötigt wird. Der Eigenbetrieb will deshalb den Anteil an eigenem Wasser erhöhen. 80 Prozent der benötigten Menge stammt derzeit vom Bodensee, der Rest aus Brunnen und Quellen der Stadt, sagt Carina Neumann, Sprecherin der Stadtwerke. Heilbronn setzt auf das Potenzial des städtischen Wassers, außerdem befänden sich die Stadtwerke in enger Abstimmung mit dem Land, das den Masterplan entwirft. "Durch geplante Investitionen in eigene Gewinnungsanlagen sowie in die Erhöhung der Speicherkapazitäten soll der Eigenwasseranteil erhöht werden, um den zukünftigen Bedarf zu decken", erläutert Carina Neumann.





Stimme.de