Schwarzmarkt für Speiseöl in Heilbronn und angebliche Preisabsprachen der Händler
Die gute Nachricht vorweg - die Preise in Restaurants sollen erstmal nicht steigen. Aber was ist an den aufkommenden Vorwürfen dran, dass Händler mit Absicht Speiseöl zurückhalten oder Preise absprechen?

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Zurzeit sind Sonnenblumenöl und weitere Speiseöle knapp. Grund dafür ist der Ukraine-Krieg und den daraus resultierenden Hamsterkäufen. Es werden Vorwürfe gegenüber jenen Händlern laut, die die Ware absichtlich zurückhalten würden. Der Heilbronner Restaurantbesitzer Mohammad Kotimesh spricht hingegen von einem Schwarzmarkt für Speiseöl.
Öl ohne Rechnung - in Heilbronn gibt es ein Schwarzmarkt für Speiseöl
„Die Corona-Zeit war besser als jetzt. Die Lieferzeiten waren länger, aber dafür kam die Ware an,“ sagt Kotimesh. Der Inhaber von „Falafelo“ beklagt die gestiegenen Preise für Verpackungen, Fleisch, Käse und Rapsöl. Anfang des Jahres hatte er noch 11,90 Euro für zehn Liter bezahlt. Mittlerweile muss er für die gleiche Menge 38 Euro bezahlen. „Als Geschäftsführer freute ich mich, wenn der Laden voll war. Jetzt bin ich unter Stress, weil ich mehr Verpackungen brauche, mehr Öl, mehr Käse.“
Noch habe er eine Liefergarantie seines Händlers für mindestens 30 Liter Öl die Woche. Kotimesh ist sich unsicher, ob das auch so bleibt. Er hat bereits Anrufe bekommen von Leuten, die ihm Öl ohne Rechnung angeboten haben. „Bis jetzt habe ich nichts von denen gekauft. Wenn mir mein Händler abspringt oder die Preise noch weiter steigen, wer weiß, vielleicht muss ich dann auf dem Schwarzmarkt kaufen.“ Der Gastronom befürchtet zudem, dass die Preise auf dem hohen Niveau bleiben könnten. Die Preise in seinem Restaurant will er aber erstmal nicht anheben.
Werden die Preise für Öl so hoch bleiben?
Eine Befürchtung, die auch Thorsten Maier hat. „Die Preise gehen nach einer Erhöhung nie runter. Einmal hoch, nicht mehr runter. Klassische Inflation“, meint der Reformhausbesitzer. In seinem Laden seien die Hamsterkäufe nicht so sehr aufgekommen wie in den konventionellen Supermärkten.
Maier vermutet, dass sich viele Trittbrettfahrer an der Situation bereichern würden. „Unsere Vermutung ist, dass die Preise für Walnussöl oder auch Leinöl, welches nicht aus der Ukraine kommt, nur deshalb erhöht wurden, weil es in die Thematik Preiserhöhung passt.“ Bei den Brotpreisen musste der Ladenbesitzer nicht aufschlagen, allerdings beim Speiseöl. Sein angebotenes Sonnenblumenöl kommt aus Deutschland. Der Preis für einen Liter erhöhte sich nach Beginn des Krieges um zwei bis drei Euro.
Produkte werden teurer, die gar nichts mit dem Krieg zu tun haben
Bei der Wurstbraterei Silzer sieht auch Johann Mayer die derzeitige Lage skeptisch. „Ich glaube, dass auch Artikel teurer werden, die es nicht müssten.“ Der Ehemann von Heidi Silzer-Mayer war die vergangenen Monate im Ausland und hat auch von Freunden erzählt bekommen, dass es überall Sonnenblumenöl gibt. „Spanien, Italien und Österreich – da gibt es Regale voll Sonnenblumenöl.“ Durch ihren Lieferanten sei der Imbiss noch gut mit Speiseöl versorgt. Eine Preiserhöhung für seine Besucher schließt Mayer derzeit aus.
Die Preise im Restaurant sollen nicht steigen
Bei Abaccos Steakhouse am Neckar scheint der Ölvorrat gesichert. „Wir haben schnell gemerkt, dass die Preise steigen und das Angebot sinkt“, sagt der Geschäftsführer Amer Ahmad. In der Küche ist zudem ein Filtersystem eingebaut, dadurch könne das Öl bis zu einem Tag länger verwendet werden. Die Frage nach einer möglichen Preissteigerung begegnet der 27-Jährige entschlossen: „Die Preise werden wir nicht erhöhen. Der Kunde kann nichts dafür. Nur weil das Öl teurer wurde, verdient der Gast nicht mehr.“
Versorgungssicherheit durch regionale Produkte
Dass unsere Nachbarländer noch Speiseöl in den Verkaufsregalen haben, liege nach Stefan Kerner vor allem in der Art, wie mit der Knappheit umgegangen wird. „Durch die Rationierung in den Läden, wird die Situation psychologisch betrachtet nur noch mehr verschärft.“ Dadurch würden Verbraucher aus Angst nichts mehr zu bekommen, umso mehr kaufen. Die Nachfrage nach Rapsöl ist bei ihm seit Ausbruch des Krieges um 50 Prozent gestiegen.
Der Inhaber der Erlenbacher Mühle weist seine Kunden daraufhin, dass ein Vorrat an kaltgepressten Ölen nicht sinnvoll sei, da diese schließlich nach zehn Monaten verderben. Um seine Kunden beliefern zu können, schlage er deshalb auch größere Anfragen aus. „Versorgungssicherheit durch regionale Produkte, darauf sollten sich die Verbraucher konzentrieren“, meint der 40-Jährige.
Nächstes Jahr könnte der Dünger knapp werden
Marko Feeser aus Bad Rappenau-Bondorf ist einer der wenigen in der Region, der sich auf den Anbau von Sonnenblumen konzentriert. Der Landwirt baut schon das dritte Jahr in Folge an und hat bereits 60 bis 70 Prozent seiner diesjährigen Ernte verkauft. „Zu dem Zeitpunkt, als ich die Verträge abgeschlossen habe, wusste ich nicht, dass ein Krieg ausbrechen wird.“ Andernfalls hätte Fesser, wie er schätzt, 600 Euro für eine Tonne Sonnenblumenkerne bekommen. „2021 habe ich 350 Euro für eine Tonne bekommen. Da habe ich Sonnenblumen für Vogelfutter angebaut.“ Der 41-Jährige ist sich sicher: „Das Problem werden wir nächstes Jahr bekommen, wenn es keinen Dünger geben wird, weil die meisten Rohstoffe dafür aus der Ukraine kommen.“
Halten Händler Waren zurück?
Händler sollen Waren zurückhalten, um sie später mit höherem Gewinn zu verkaufen, so lautet die Theorie mancher Verbraucher, die auch im Internet kursiert. „Das ist mies. Das ist fast schon eine Verschwörungstheorie. Das kann man sich als Händler nicht erlauben. Wenn sowas rauskommt, dann kann man den Laden schließen“, sagt Alexander Sommer. Der Inhaber des Edeka Marktes in Eppingen hat – ebenfalls wie andere Märkte – Sonnenblumenöl für 4,99 Euro verkauft. „Es kostet im Einkaufspreis einfach mehr. Abzocke ist das nicht. Wir bieten das an, um die Kunden zu bedienen. Am Ende wird man dann an den Pranger gestellt.“
Bundeskartellamt liegen keine Hinweise für Wettbewerbsverstöße vor
Auf Nachfrage beim Bundeskartellamt, ob es Anhaltspunkte für etwaige Preisabsprachen gebe, antwortet ein Sprecher wie folgt: „Teilweise kommt es aktuell zu größeren Störungen in den Lieferketten. Wir beobachten die Märkte gerade jetzt sehr aufmerksam. Jegliche Hinweise oder Beschwerden zu möglichen Wettbewerbsverstößen nehmen wir selbstverständlich auf. Allerdings sind höhere Preise für bestimmte Lebensmittel oder die Tatsache, dass manche Waren vielerorts zeitweise nicht verfügbar sind, für sich genommen noch kein Beleg für wettbewerbswidriges Verhalten.“
Tipp: Welche Alternativen kann ich zum Braten verwenden?
„Immer Preise vergleichen und keine überteuerten Angebote kaufen“, rät Ernährungsexpertin Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Gleichzeitig solle man sich fragen: „Wie sehr bin ich auf das Angebot angewiesen und welche Alternativen gibt es für mich?“ Folgende Alternativen eignen sich zum Beispiel zum Braten: Kokosöl, Butterschmalz, Margarine (Hinweis beachten, ob zum Braten geeignet), Ghee (indisches Butterfett), Bratöl. Eine weitere Alternative zum Öl: Viele Gerichte können auch im Backofen zubereitet werden.
Diese vier Mechanismen springen an, wenn ein Kunde seine Waren nicht bekommt
Da viele auf Rapsöl umsteigen, könnte das zu neuen Problemen führen, meint Carsten Kortum, Studiengangsleiter Food-Management der DHBW. „Da viele jetzt auf Raps umsteigen, könnte das den nächsten Engpass ergeben.“ Als Handelsexperte schaut er sich zusammen mit seinen Studenten die Lieferketten an. Folgende Mechanismen lassen sich beim Kunden feststellen, wenn es Schwierigkeiten mit der Lieferung eines Produktes gibt. „Entweder, der Verbraucher verschiebt den Einkauf; er wechselt den Händler; er kauft nichts ein oder er sucht sich eine Alternative zu dem Produkt.“