Schubser und Schub für den digitalen Unterricht in Heilbronn
Tablets statt Lernen mit dem Handy: Zwei Schulen in der Region haben bei einer Spendenaktion 10.000 Euro für besseren Fernunterricht gewonnen. Glasfaseranschluss an 35 städtischen Schulen in Heilbronn startet nach Ostern und verspricht schnelleres Internet.

"Unser Internet ist nicht perfekt", sagt Selina auf dem Hof der Elly-Heuss-Knapp-Gemeinschaftsschule in Heilbronn, als sie von ihrer Zeit im Homeschooling erzählt. "Da mein Stiefvater, meine Schwester und ich gleichzeitig zu Hause im Netz sind, ist es oft überlastet." Ihr Klassenkamerad Shero sagt über die Hürden des digitalen Unterrichts: "Man findet die Sachen oft nicht, also wo sich im Programm die Dateien befinden, die Lerneinheiten und so weiter."
Beide Fünftklässler der Böckinger Schule haben ein Tablet zu Hause. Aber es besitzen noch nicht alle Schüler ein solches Gerät. Manche mussten sich mit ihrem Handy aushelfen, erzählt Konrektorin Dorothea Piontek.
EHK-Gemeinschaftsschule in Böckingen und Grundschule Obergimpern sind zwei von 200 Gewinnern
Ihr Kollege, Schulleiter Harald Schröder, hat deshalb im November die Teilnahme bei einer Aktion der Kölner Versicherer DEVK für die Digitalisierung der Schulen initiiert. 4800 Schulen in Deutschland bewarben sich Ende 2020 um die Spendenpakete für einen besseren digitalen Unterricht, 200 wurden ausgelost. Darunter befinden sich die EHK-Gemeinschaftsschule in Heilbronn und die Grundschule in Bad Rappenau-Obergimpern. Bereits Mitte März haben die Fördervereine jeweils 10 000 Euro erhalten.
Harald Schröder ist glücklich über den Geldsegen: "Wir planen, den Gewinn für weitere Endgeräte der Schüler einzusetzen." Vermutlich reiche es für 15 iPads und für zwei große Bildschirme in den Klassenräumen. Auch Sabrina Kunz, Leiterin der Grundschule in Bad Rappenau-Obergimpern ist hörbar froh über den Gewinn: "Wir haben gar nicht damit gerechnet und freuen uns riesig."
Die Idee, sich bei der Aktion zu bewerben, kam von der Elternbeiratsvorsitzenden Sabrina Schuster. "Ich habe von der Aktion durch Radiowerbung erfahren", erzählt die 37-jährige Mutter einer Zweitklässlerin.
Ähnlich wie in der Elly-Heuss-Knapp-Gemeinschaftsschule sehen auch die geplanten Investitionen für die Digitalisierung in Obergimpern aus: "Wir haben bereits aus den Fördermitteln des Digitalpakts 45 iPads erhalten", sagt Schulleiterin Sabrina Kunz. "Das reicht aber nicht für jeden unserer 60 Schüler." Förderverein und Grundschule Obergimpern wollen deshalb 15 iPads von dem 10 000-Euro-Gewinn kaufen, zudem einen neuen Klassenraum mit einem Fernseher ausstatten und das eventuell restliche Geld für digitale Investitionen aufheben.
Postive Entwicklungen dank Digitalunterricht
"Wir haben das Beste aus der Situation gemacht", sagt Sabrina Schuster über die Zeit des Homeschoolings ihrer Tochter Emma. Mittlerweile habe die Achtjährige schon sehr viel Erfahrung mit dem Tablet. Aber der Digitalunterricht sei für einen Dauerzustand ungeeignet, fügt sie hinzu.
"Ich finde, dass die Lage in den Schulen oft zu negativ dargestellt wird", sagt Schulleiterin Kunz. Das Online-Lernen habe im zweiten Lockdown sehr gut geklappt. "Wir haben uns viel Mühe gegeben, alle Kinder zu erreichen. Jetzt im Präsenzunterricht merke ich keine großen Defizite bei den Schülern", sagt die 38-Jährige.
Auch das Leitungsteam der EHK-Gemeinschaftsschule in Böckingen sieht positive Entwicklungen: "Dass wir gut zurechtgekommen sind im Digitalunterricht, beruht zu 95 Prozent auf der Eigeninitiative unseres tollen Lehrerkollegiums", erzählt Konrektorin Dorothea Piontek. Denn vorherige Seminarangebote zur digitalen Bildung der Lehrer seien so gut wie nicht vorhanden gewesen. Harald Schröder weist auf das schlechte Abschneiden von Deutschlands Schulen bei der Digitalisierung im Zuge eines internationalen OECD-Vergleichs für das Jahr 2018 hin, bei der etwa die Lehrerausbildung Platz 76 von 78 belegte.
Es sei erstaunlich, was die Schüler im Laufe der Pandemie für Lernfortschritte im Digitalen gemacht hätten, sagt Piontek. "Unsere Schüler hatten zuvor keine Grundlagen im virtuellen Lernen", ergänzt Rektor Schröder. Nun haben sie "zusätzliche, sehr wertvolle Digitalkompetenzen dazugewonnen und auch: Selbstverantwortung, Frustrationstoleranz und Hartnäckigkeit."
Glasfaseranbindung für 35 städtische Schulen in Heilbronn
„Wenn viele in der Schule gleichzeitig in Online-Konferenzen sind, kommt es zu Störungen“, sagt Harald Schröder, und er hat Hoffnung: Seine Elly-Heuss-Knapp-Gemeinschaftsschule ist eine von 35 städtischen Schulen in Heilbronn, die dieses Jahr mit einem Breitbandanschluss ein schnelleres Internet erhalten. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung beträgt dann laut Stadt zwischen 100 und 1000 Mbit pro Sekunde für Up- und Downloads.
Der Baustart des Glasfaseranschlusses soll an den ersten vier Bildungseinrichtungen – der EHK-Gemeinschaftsschule, dem EHK-Gymnasium, der Grundschule Frankenbach und der Heinrich-von-Kleist-Realschule – nach Ostern beginnen, heißt es von Stadtsprecherin Claudia Küpper. Laut Vertrag mit dem Kabelnetzanbieter Vodafone sollen Glasfaserkabel bis Ende Juni an alle 35 Schulen gehen.
Das Gesamtvolumen des Auftrags beträgt rund 1,8 Millionen Euro für die Herstellung des Glasfaseranschlusses, die Verkabelung sowie den laufenden Betrieb für die Dauer von vier Jahren.




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