Radschnellweg wird wohl nicht vor 2028 fertig
Radschnellwege sind für die grün-schwarze Landesregierung ein Beitrag zur Mobilität der Zukunft. Bis die Strecke Bad Wimpfen-Heilbronn, ein erklärtes Pilotprojekt, fertig ist, wird es wohl noch Jahre dauern.

Radschnellwege sind für die grün-schwarze Landesregierung ein Beitrag zur Mobilität der Zukunft. Planung und Ausbau der breiten Trassen sind komplex, das lehrt auch die Erfahrung in anderen Bundesländern. Bis die Strecke Bad Wimpfen-Heilbronn, ein erklärtes Pilotprojekt, fertig ist, wird es noch Jahre dauern, so die Einschätzung des Stuttgarter Verkehrsministeriums.
Teil des Koalitionsvertrags
Vier Meter breit, kreuzungsfrei, durchgehend asphaltiert: Radschnellwege werden nach dem Willen der Landesregierung an vielen Stellen im Land entstehen, um Pendler zum Umstieg aufs Rad zu bewegen.
Bis 2030 sollen im Land 20 Strecken realisiert sein, so steht es im grün-schwarzen Koalitionsvertrag. Fertig ist bislang nur eine Verbindung zwischen Böblingen und Stuttgart sowie seit wenigen Tagen ein 1,3 Kilometer langes Musterstück bei Reichenbach im Filstal.
Es geht nicht wirklich schnell voran mit den Radschnellwegen. "Das ist vergleichbar mit dem Bau einer Straße", schildert Stefan Heß, Abteilungspräsident im Regierungspräsidium Stuttgart (RPS), im Gespräch mit unserer Zeitung die Herausforderungen. Das Projekt ist in zwei Abschnitte geteilt. Zwischen Bad Wimpfen und Neckargartach plant das Land, von Neckargartach bis Klingenberg die Stadt Heilbronn.
Machbarkeitsstudie gibt es seit 2017
Eine Machbarkeitsstudie für den Radschnellweg zwischen Bad Wimpfen und Heilbronn gibt es bereits seit 2017. Zwischenzeitlich war die Rede davon, der Bau könne 2021 starten. Daraus wird nichts. Bis Anfang 2022 soll für den nördlichen, etwa 9,5 Kilometer langen Teil unter Regie des RPS die Entwurfsplanung abgeschlossen sein. Mindestens zwei Jahre dürfte es dauern, bis alle rechtlichen Fragen geklärt sind und die Bagger anrücken können. "Wir rechnen mit einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren", erläutert Andreas Hollatz, Abteilungsleiter Straßenverkehr im Verkehrsministerium. Eine Eröffnung 2028 hält er für realistisch.
Vertreter des Ministeriums, der Regierungspräsidien und Kommunen haben kürzlich bei einer Delegationsreise ins Ruhrgebiet Eindrücke gesammelt. Dort gilt der Radschnellweg Ruhr als Prestigeprojekt. Geplant sind mehr als 100 Kilometer zwischen Duisburg und Hamm, fertig ist gerade ein Zehntel, etwa zwischen Essen und Mühlheim an der Ruhr. Verantwortliche vor Ort berichten von großer Begeisterung, aber auch von Vorbehalten gegen "Rad-Autobahnen" und immer wieder von Personalmangel. In den Verwaltungen fehle es an Ingenieuren und Planern - ein Klagelied, in das die Baden-Württemberger einstimmten.
Der Tenor: Meist fehlt es nicht am Geld, sondern an Planungskapazitäten. Im Südwesten werden die Radschnellwege durch Bundes- und Landestöpfe zu fast 90 Prozent subventioniert. Auch zähe Grundstücksverhandlungen bremsen die Vorhaben. Das ist eine Etappe, die im Raum Heilbronn noch aussteht. Mit Landwirten wird nicht nur über den Verkauf von Flächen zu sprechen sein, sondern auch über die Auswirkungen eines Naturschutzgebiets, das in der Neckaraue nördlich von Heilbronn geplant ist. Das Land hat keinen Zweifel daran gelassen, dass es beides will: Radschnellweg und Naturschutzgebiet.
Ausbau in Abschnitten keine Option
Konfliktpotenzial bietet auch die Beleuchtung, die bei Radschnellwegen zumindest in Kreuzungsbereichen und an Gefahrenstellen vorgesehen ist. Naturschutzbehörden halten davon wegen der Beeinträchtigung der Insektenpopulation wenig. So gibt es noch einiges zu klären, bevor Radler im Expresstempo zwischen Bad Wimpfen und Heilbronn unterwegs sind. Die Kosten für den nördlichen Abschnitt schätzt das Land auf zwölf Millionen Euro, inklusive des Neubaus zweier Brücken auf Höhe des Yachthafens in Bad Friedrichshall und bei der bestehenden Wehrbrücke zwischen Neckarsulm und Obereisesheim.
Angesichts der Verzögerungen und Schwierigkeiten will Elke Zimmer, Staatssekretärin im Verkehrsministerium, die abschnittsweise Realisierung von Radschnellwegen vorantreiben. So sollen die schnellen Verbindungen "früher erlebbar" werden. Im Fall Heilbronn-Bad Wimpfen sei das allerdings nicht machbar: "Hier können keine sinnvollen Abschnitte für eine vorgezogene Realisierung gebildet werden."
Denkbar ist, dass die Stadt mit ihrem Part von Neckargartach nach Klingenberg zügiger vorankommt. Auch hier steht man am Anfang. Nach Voruntersuchungen werde "in einer europaweiten Ausschreibung ein geeignetes Planungsbüro gesucht", teilt die Stadt mit.