Preisboom bei Immobilien in Heilbronn noch nicht zu Ende
Baumaterialkosten sind seit Beginn des Krieges in der Ukraine erheblich gestiegen. Das erschwert Projektplanungen und Kalkulationen. Die Aussichten für Bauprojekte in Heilbronn sind laut Experten trotzdem nicht schlecht.

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs gibt es auch in der Baubranche große Unsicherheiten: Material wie Baustahl wird deutlich teurer, es gibt Lieferengpässe. Dazu kommen steigende Zinsen und die Inflation.
Für Heilbronn prognostiziert eine neue Studie der Postbank bis 2035 eine durchschnittliche Wertsteigerung von Immobilien von 2,17 Prozent pro Jahr.
Viele große Herausforderungen für Projektentwickler und ausführende Firmen
"Verlässliche Rahmenbedingungen sind fürs Bauen enorm wichtig", sagt Dominik Buchta, Geschäftsführer der Heilbronner Stadtsiedlung, und ergänzt: "Aktuell haben wir eine Situation, wie wir sie bisher nicht kannten." Hohe Finanzierungskosten würden Bauherren vor große Herausforderungen stellen, aber auch Materialkosten und -beschaffung sowie die Vergaben seien problematisch.
"Häufig gehen gar keine oder nur sehr wenige Angebote auf Ausschreibungen ein", erklärt Buchta. "Die ausführenden Firmen leiden stark unter der Situation und können derzeit selbst kaum verlässliche und zeitlich verbindliche Angebote abgeben." Die Projekte der Stadtsiedlung, berichtet der Geschäftsführer, würden aber bisher ohne wesentliche Verzögerungen weitergeführt, auch wenn weltpolitische und wirtschaftliche Veränderungen genau beobachtet würden.
Präsident der Handwerkskammer erwartet einen Knall
Auch Ulrich Bopp, der Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, spricht davon, dass die Lage rund ums Bauen sich ernsthaft zuspitze. Bauunternehmer könnten nicht mehr gut kalkulieren, Bauträger "können bestehende Verträge nur noch mit sehr hohen Verlusten ausführen", und Bauwillige würden sich mehr und mehr überlegen, ob sie überhaupt ein Grundstück kaufen. "Ich gehe davon aus, dass es zu einem Knall kommen wird, dessen Folgen wir nur annähernd erahnen können", prognostiziert Bopp.
"Für Bauträger sind die Baukostensteigerungen und der Zinsanstieg der vergangenen Monate zwei Faktoren, die sich belastend auswirken", sagt auch Joachim Kruck, Geschäftsführer von Kruck und Partner Wohnbau. Auf der anderen Seite, erklärt er, "sind Immobilien nach wie vor ein Inflationsschutz. Außerdem leben wir in einer starken Wirtschaftsregion."
Makler Martin Werner sieht in Heilbronn eine "Boom-Town"
Die Stadt Heilbronn sieht auch der Inhaber der Maklerfirma Werner-Immobilien, Martin Werner, in einer guten Position. "Spätestens seit dem Bildungscampus, der Bundesgartenschau und der Entstehung des Neckarbogens gilt Heilbronn als Boom-Town", erklärt er. Auch der geplante Innovationspark Künstliche Intelligenz würde Investoren auf den Plan rufen, "die früher vielleicht gar nicht an Heilbronn gedacht hätten".
Diese Tendenz zeigt auch eine neue Postbank-Studie, in der Experten des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts Prognosen zum Kaufpreis veröffentlicht haben. Heilbronn liegt hier bei der Preisentwicklung in den Regionen bis 2035 mit einem Preistrend von durchschnittlich 2,17 Prozent im Jahr auf Platz vier, knapp hinter Potsdam, München und dem Landkreis Miesbach.
Kein Einbruch im Neubaubereich erwartet
Für Natalie Vass liegt das auch daran, dass es in Heilbronn trotz steigender Preise nach wie vor eine große Nachfrage gibt. "Solange hier Menschen leben, die sehr hohe Gehälter bekommen, glaube ich nicht, dass es einen Einbruch im Neubaubereich geben wird", sagt die Heilbronner Maklerin von Vass-Immobilien.
Sie sieht allerdings auch, dass sich viele Sorgen machen: Die Güterknappheit treibe die Inflation voran, hohe Baukosten würden auf Käufer umgewälzt und Verunsicherung bei Interessenten sei groß. Dennoch, erklärt Vass, beruhige sie ihre Kunden: "Wir werden in den nächsten Jahren noch Wertsteigerungen sehen, vor allem in Heilbronn." Eine Immobilienblase, die in nächster Zeit platzen könnte, sieht sie nicht.
Unsicherheit bei staatlichen Förderprogrammen
Auch staatliche Förderprogramme kommen in den Gesprächen mit den Experten zur Sprache. Dass es bei den Förderangeboten gerade Unsicherheiten gibt, bedauert unter anderem die Stadtsiedlung. Martin Werner sieht einen weiteren Grund für Preissteigerungen auch in den politischen Vorgaben, um Klimaschutzziele zu erreichen. Er beobachtet, dass die Bereitschaft für Neubauprojekte bei Bauträgern, die täglich neu kalkulieren müssten, langsam schwinde.
Joachim Kruck erklärt hingegen, es sei "das Gebot der Stunde", dass Mehrkosten für nachhaltiges Bauen ausgehalten werden müssten. Die Branche müsse langfristig denken und dürfe nicht am falschen Ende sparen.
Bautätigkeit im Land leicht gesunken
Die Bautätigkeit in Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2020 leicht abgenommen, um 1,4 Prozent. Das berichtet die Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Dieses Jahr seien einige Bauprojekte im Land wegen der unsicheren Lage gestoppt oder nicht begonnen worden. Die Zukunft im Wohnungsbau sei ungewiss, auch wenn die Nachfrage weiterhin hoch sei.
Fast die Hälfte aller 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte können laut einer Studie der Postbank mit einer realen Immobilienwertsteigerung bis 2035 rechnen. Heilbronn landet im Preistrend-Ranking der Studie auf Platz vier. Strukturschwächere Regionen, vor allem im Osten Deutschlands, müssen hingegen mit Immobilienwertverlusten rechnen.