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Dramatische Lage in der Bauwirtschaft

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Materialknappheit, Kostensteigerungen und hohe Zinsen bringen die Baubranche in Not. Der Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken rechnet sogar damit, dass die ersten Bauträger bald Insolvenz anmelden müssen.

von Jürgen Paul und Annika Heffter
Die Baubranche steht wegen steigender Preise vor großen Herausforderungen.
Foto: dpa
Die Baubranche steht wegen steigender Preise vor großen Herausforderungen. Foto: dpa  Foto: Julian Stratenschulte

Die Lage in der Bauwirtschaft und auf den Immobilienmärkten spitzt sich immer mehr zu. Materialmangel, Lieferengpässe und explodierende Kosten machen Bauträgern, Bauunternehmen und Bauherren zu schaffen. Dazu kommen steigende Zinsen, die einige Häuslebauer in Schwierigkeiten bringen dürften.

Die Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg macht deutlich, wie massiv die Preise gestiegen sind. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte lagen so im März dieses Jahres um 30,9 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Dies sei der größte Preisanstieg seit 1949. Größter Kostentreiber seien die Erdgaspreise, die im März um 144,8 Prozent über dem Vorjahresniveau lagen. Baustahl habe sich binnen Jahresfrist um 60,4 Prozent verteuert.


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Auftragsbücher sind voll, aber Kostenlast ist hoch

Vor diesem Hintergrund relativieren sich die positiven Zahlen der Baubranche im Südwesten, die ihren Umsatz im Februar um 8,8 Prozent gesteigert hat. Die Aufträge haben sogar um 18,3 Prozent zugelegt. "Doch was nutzen gut gefüllte Auftragsbücher, wenn es Lieferschwierigkeiten bei Baumaterialien gibt und unsere Betriebe von der Kostenlawine förmlich erdrückt werden?", fragt Thomas Möller, Geschäftsführer der Landesvereinigung Bauwirtschaft. Ein Ende der Entwicklung sieht er nicht, was vor allem der Wohnungsbau zu spüren bekommen werde.

Von einer dramatischen Situation spricht auch Ulrich Bopp, Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken und Bauunternehmer aus Widdern. "Im Moment gibt es überdimensionale Lieferprobleme bei immer mehr Baustoffen, allen voran bei Baustahlgewebe und Betonrundstahl", sagt er.


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Nahezu täglich flatterten neue Preiserhöhungen herein, die teilweise unverschämt seien. "Hier stopfen sich leider sehr viele Hersteller die Taschen voll", vermutet Bopp. Bauunternehmer könnten nicht mehr seriös kalkulieren, viele Betriebe fürchteten, in Kurzarbeit gehen oder Mitarbeiter entlassen zu müssen. Bauträger könnten bestehende Verträge nur noch mit Verlust ausführen. "Hier wird es nicht mehr allzu lange dauern, bis die ersten Bauträger Insolvenz anmelden müssen", glaubt Bopp. Auch Bauherren bekämen Probleme wegen der steigenden Kosten. "Ein ganz normales Einfamilienwohnhaus liegt inzwischen weit über 100.000 Euro höher als noch Anfang 2021."

Es wird teurer für Kunden

Bei steigenden Zinsen, erklärt Ulrich Bopp, der Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, stelle sich bei vielen Häuslebauern die Frage, ob diese Kosten noch getragen werden können. Das bestätigen die Experten der Kreissparkasse (KSK) Heilbronn. "Wir schauen jetzt noch genauer hin, wer sich eine Immobilie leisten kann", sagt Oliver Steinmetz, Bereichsleiter Immobilien und Baufinanzierung. Klar sei, dass es für die Kunden teurer werde.


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Die steigenden Zinsen führen auch dazu, dass sich der Immobilienmarkt in der Region etwas beruhigt. Experten der Kreissparkasse Heilbronn sprechen von einer Normalisierung. Grundsätzlich bleibe die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen in der Region aber hoch, betont Bereichsleiter Oliver Steinmetz. "Die Nachfrage ist immer noch höher als das Angebot", sagt er. Deswegen rechnet er nicht mit sinkenden Preisen.

Doch nicht überall in Deutschland hält der Preisanstieg an. Eine Studie der Postbank geht von sinkenden Kaufpreisen in etwas mehr als der Hälfte der Regionen aus, besonders in Ostdeutschland. In Süddeutschland, dem Hamburger und dem Berliner Raum erwarten die Experten eine weitere Wertsteigerung. Heilbronn ist in der Preisprognose bis 2035 auf Platz vier. Die Studie geht für die Stadt von einem steigenden Preistrend von 2,17 Prozent pro Jahr aus.


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