Ortsschilder mit Zusatzbezeichnungen sollen Identität stiften
Innenminister Thomas Strobl enthüllt in Jagsthausen ein neues Ortsschild mit der Zusatzbezeichnung "Heimat Götz von Berlichingens". Auch sechs weitere Kommunen in der Region tragen Zusatznamen.

Heimat Götz von Berlichingens – das ist Jagsthausen seit 1480. In jenem Jahr ist der berühmteste Sohn der Gemeinde geboren. Jetzt erfährt diese Information aber auch jeder sofort, der an einem der Ortseingänge in die Gemeinde kommt. Jagsthausen darf die Zusatzbezeichnung „Heimat Götz von Berlichingens“ seit 1. Oktober offiziell tragen, diesen Freitag hat Bürgermeister Roland Halter zusammen mit Innenminister Thomas Strobl eines von fünf neuen Schildern in feierlichem Rahmen angebracht. In der kommenden Woche werden die restlichen Schilder montiert. Damit ist Jagsthausen eine von rund 80 Kommunen in Baden-Württemberg, die eine solche Zusatzbezeichnung tragen dürfen.
Aber auch wenn hinreichend bekannt ist, dass Götz von Berlichingen aus Jagsthausen stammt und dort seit 1950 das gleichnamige Theaterstück von Johann Wolfgang von Goethe in der Götzenburg aufgeführt wird, war die Verleihung der Zusatzbezeichnung kein Selbstläufer. Der Antrag war eine aufwendige Sache, für die die Gemeinde Jagsthausen Unterstützung von Historiker und Archivar Professor Kurt Andermann und der PH Heidelberg bekommen hatte. Auch die Familie von Berlichingen ist an der Umsetzung beteiligt gewesen, bedankte sich Roland Halter bei der Enthüllung. „Die Zusatzbezeichnung wird dazu beitragen, Jagsthausen als Heimat von Götz von Berlichingens noch bekannter zu machen und den weiteren sanften Ausbau des Tourismus zu fördern“, betonte Roland Halter.
Eine Gesetzesänderung macht das Tragen der Zusatzbezeichnungen möglich
Möglich machte das eine Änderung der Gemeindeordnung, die Innenminister Thomas Strobl initiiert hatte. Er berichtete in Jagsthausen, dass sein Vorschlag in Stuttgart auf viel Gegenwind gestoßen sei. Kritiker sagten voraus, dass seine Idee „totales Chaos“ verursachen werde. Es habe zirka zwei Jahre gedauert, bis die Gesetzesänderung möglich war. Jede Stadt, jede Gemeinde in Baden-Württemberg, die ein Alleinstellungsmerkmal hat, das zum Beispiel auf historischen Ereignissen oder Personen beruht wie in Jagsthausen, kann nun eine Zusatzbezeichnung für ihre Ortsschilder beantragen. Thomas Strobl zeigte sich überzeugt: „Das stiftet ein Heimatgefühl, Identität und Zusammenhalt.“
Landrat Norbert Heuser betonte die Besonderheit, die der Termin für ihn hatte. War er doch von 1990 an zwölf Jahre Kämmerer in der Gemeinde und sei durch die Familie seiner Frau eng mit dem Ort verbunden. Für ihn sind die Zusatzbezeichnungen, die im Landkreis Heilbronn zum Beispiel auch Lauffen, Nordhausen und Weinsberg tragen, ein Mittel, um für die Region zu werben – für Touristen, aber auch für Fachkräfte. Er betonte: „Es ist etwas, das überdauert, nach außen sichtbar ist und mit dem jeweiligen Ort verbunden bleibt.“
Heilbronn
Bei Tübingen, Freiburg und Heidelberg ist der Fall klar. Wer wollte daran zweifeln, dass das wahre Universitätsstädte sind. Aber Heilbronn? Rein rechtlich hat die Stadt den Titel der Technischen Universität München (TUM) zu verdanken, die hier 2018 eine ihrer Außenstellen ansiedelte, – mit finanzieller Unterstützung von Dieter Schwarz. Dessen Stiftung hat in den vergangenen Jahren mit dem Bildungscampus am Europaplatz viel für den Ausbau des Hochschulstandorts getan. Neben der Hochschule Heilbronn (HHN), deren Stammsitz Sontheim ist, sind dort die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), das Center for Advanced Studies der DHBW und die TUM angesiedelt. Die Zahl der Studenten, die das Leben und Stadtbild inzwischen punktuell mitprägen, ist dadurch auf rund 10 000 gestiegen.
Bad Rappenau
Seit fast drei Jahren trägt Bad Rappenau offiziell den Zusatz „Staatlich anerkanntes Soleheilbad“. Und das als einzige Stadt im Landkreis Heilbronn. Um dieses Prädikat zu erhalten, mussten mehrere Punkte eines Gutachtens erfüllt werden. So wurden beispielsweise die Schadstoffe in der Luft gemessen. Außerdem müssen ein Badearzt vor Ort und eine gute Infrastruktur gegeben sein. Dank Kurpark, mehreren Hotels, Gaststätten und ausgewiesenen Wanderwegen erfüllt Bad Rappenau diese Vorgaben. Ändert sich daran etwas, muss es der Kurort umgehend melden. Dann kann das Prädikat auch wieder aberkannt werden. Seit Februar 2020 wurden die alten Schilder für die Kernstadt nach und nach durch die neuen ersetzt. Sie sind auch eine Werbung für den Tourismus.
Lauffen
Die Stadt Lauffen hat auf die Änderung der Gemeindeverordnung rasch reagiert. Der Gemeinderat beschloss im September 2021 einen entsprechenden Antrag, Innenminister Thomas Strobl genehmigte die Zusatzbezeichnung am 9. Dezember, mit der sich die Hölderlinstadt seit dem 1. Januar 2022 schmücken darf. Anfang Februar enthüllten unter anderem Landrat Norbert Heuser und Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger das neue Ortsschild. Die Stadt hat ein Alleinstellungsmerkmal: Der Dichter Friedrich Hölderlin erblickte am 20. März 1770 in Lauffen das Licht der Welt. Elf neue Schilder hat die Stadt an den Ortsein- und Ortsausgängen angebracht. In der Nordheimer Straße steht, wenige Meter vom Ortsschild entfernt, das neu konzipierte Museumsareal mit dem generalsanierten Hölderlinhaus.
Nordheim
Zusammen mit Jagsthausen und Künzelsau erhielt der Nordheimer Teilort Nordhausen Mitte September die Zusage vom Stuttgarter Innenministeriums, sich offiziell „Waldenserort“ nennen zu dürfen – ein Jahr, nachdem sich der Nordheimer Gemeinderat einstimmig für den Antrag ausgesprochen hatte. Seit 9. Oktober ist die Zusatzbezeichnung „Waldenserort“ nun auf den Schildern an den beiden Ortseingängen von Nordhausen zu sehen. Seine Waldensergeschichte ist für das rund 1550 Einwohner zählende Dorf identitätsstiftend, die zusätzliche Ortsschildbezeichnung ein Verweis auf seine Erinnerungskultur und seine Gründerväter. Vor mehr als 300 Jahren siedelten sich die Glaubensflüchtlinge, die vor allem in Frankreich und Italien verfolgt wurden, auf den Gemarkungen Hausen und Nordheim an.
Weinsberg
Wer kennt sie nicht, die Geschichte der treuen Weiber zu Weinsberg, die ihre Männer 1140 huckepack von der Burg trugen und ihnen so das Leben retteten? Die Burg thront 900 Jahre später als Ruine immer noch weithin sichtbar über Weinsberg und trägt die Begebenheit sogar im Namen. Per Umfrage wurde vor einiger Zeit belegt, dass die Weibertreu für die Einwohner identitätsstiftend ist. Was lag da für den Gemeinderat im Frühjahr 2021 näher, als den Zusatz „Weibertreustadt“ für die Ortsschilder der Kernstadt zu beantragen? Das Innenministerium in Stuttgart sagte „Ja“: Weinsberg darf sich seit 1. Januar 2022 offiziell mit dem Titel schmücken. Bürgermeister Stefan Thoma freut sich: „Für den Bekanntheitsgrad der Stadt und das Stadtmarketing oder den Tourismus ist die ,Weibertreustadt’ ein echter Volltreffer!“
Künzelsau
Seit 1. Oktober darf sich die Hohenloher Kreisstadt Künzelsau ganz offiziell als „Hochschulstadt“ bezeichnen. Damit würdigt man die Reinhold-Würth-Hochschule, die sich seit 1988 als Standort der Hochschule Heilbronn in der Stadt befindet. Der Campus mit über 1500 Studentinnen und Studenten sei „ein wesentlicher Standortfaktor für die Stadt und den Hohenlohekreis“, beschied Innenminister Thomas Strobl bei der feierlichen Übergabe der Genehmigung. Auch die Stadtverwaltung freut es, sieht sie doch nicht nur eine Image-Verbesserung in der Zusatzbezeichnung, sondern erhofft sich auch eine Stärkung des Zusammenhalts zwischen Hochschule und Stadt. Wie sehr die Bezeichnung ein „identitätsstiftendes Element“ für die rund 15 000 Einwohner Künzelsaus wird, wird sich noch zeigen.