Universitätsstadt Heilbronn: Wie es dazu kam und wie es weitergeht
Im Februar 2020 wurde Heilbronn zur Universitätsstadt, weil die TUM auf den Bildungscampus kam. Die Dieter-Schwarz-Stiftung und der Gründungsdekan der TUM Heilbronn berichten, warum die Stadt eine Uni brauchte und wie sie sich weiterentwickeln soll.

Seit Anfang 2020 darf sich Heilbronn offiziell Universitätsstadt nennen - dank der Technischen Universität München (TUM), die sich mit einem Standort in der Stadt niedergelassen hat. Wie ist das passiert, und warum ausgerechnet die TUM?
Der Gründungsdekan der Heilbronner TUM, Helmut Krcmar, und der Geschäftsführer der Dieter-Schwarz-Stiftung, Reinhold Geilsdörfer, werfen gemeinsam einen Blick zurück und in die Zukunft.
Großes Bildungsnetzwerk aufbauen
Was muss passieren, damit junge Menschen nach Heilbronn kommen und die Stadt auch in zehn oder 20 Jahren noch ein attraktiver Bildungsstandort ist? Das beschreibt Reinhold Geilsdörfer als eine der Leitfragen, die dazu führten, dass die Stiftung eine Universität nach Heilbronn holen wollte. "Es gibt schon tolle Hochschulen hier", betont er. Um die Attraktivität des Studienstandorts zu erhöhen, "muss aber ein großes Netzwerk entstehen".
Dazu gehörten die Etablierten, die Hochschule Heilbronn (HHN) und die Duale Hochschule (DHBW), aber ein universitäres Angebot habe eben gefehlt. Und "es mussten Forschungseinrichtungen kommen", sagt er.
Verschiedene Studierende sollen Stadtbild prägen
Mit dem Wintersemester 2018/19 war der Universitätstraum mit dem Start der TUM erfüllt, Forschungs- und Innovationszentren wie das Fraunhofer- und das Ferdinand-Steinbeis-Institut folgten. Diese Entwicklung, erklärt Geilsdörfer, habe aufeinander aufgebaut: ohne Universität keine Forschungsinstitute.
Das große Ziel dieses breiten Netzwerks: Verschiedene Arten von Studierenden, die die Region und das Stadtbild nachhaltig verändern. Über die TUM seien viele internationale Studierende in Heilbronn gelandet, 70 bis 80 Prozent der Eingeschriebenen kommen nicht aus Deutschland. Das Studium findet komplett auf Englisch statt. "Und dann kam noch der Baustein der Programmierschule 42 dazu, die noch einmal einen anderen Typ Mensch mit sich gebracht hat", erklärt Geilsdörfer.
TUM will Grenzen zwischen Fakultäten einreißen
Dass ausgerechnet die TUM den Weg nach Heilbronn gefunden hat, findet Helmut Krcmar nicht überraschend. In der Region herrsche Aufbruchstimmung, eine gute Start-Up-Atmosphäre, der Innovationspark für Künstliche Intelligenz werde in Heilbronn gebaut und es gebe viele unterschiedliche Firmen, von Familienbetrieben bis zu Weltmarktführern.
Die TUM wolle verstärkt mit der regionalen Wirtschaft im Austausch stehen. Vom Konzept her passe die Universität gut hinein: "Wir verschränken BWL, Management und digitale Technologien miteinander", so Krcmar. Zu der School of Management sei deshalb in diesem Wintersemester eine Informatik-Fakultät dazugekommen. Der nächste Schritt: Ein Data Science Center, also ein Datenwissenschaftszentrum, in dem unter anderem erforscht werden soll, "wie man ethisch mit Daten umgeht", sagt der Wirtschaftsinformatiker.
Platzmangel und Besetzung von Professuren als große Herausforderungen
Bei der Weiterentwicklung des Heilbronner Standorts der TUM, da sind sich Krcmar und Geilsdörfer einig, gibt es zwei große Herausforderungen: die Besetzung von Professuren und der Mangel an Räumlichkeiten auf dem Campus. Finanziert sind die perspektivischen 32 Professuren schon, besetzt bislang zehn.
Im neuen Bereich Informatik laufen die Berufungsverfahren erst an. Helmut Krcmar ist aber optimistisch, dass der Wissensstandort Heilbronn sich auch bei dieser Frage auf dem globalen Markt durchsetzen kann. Auch Partnerschaften auf Forschungsebene und in der Lehre sollen nun weiterentwickelt werden, wie zum Beispiel mit den Universitäten Oxford und Stanford.
Wie viele der Uni-Studierenden dann am Ende tatsächlich in der Region bleiben, wird sich, so Krcmar, allerdings erst in ein paar Jahren zeigen. Dann wird es auch mehr Absolventen der TUM Heilbronn geben.
Die Universität wächst
Für das Wintersemester sind an der TUM Heilbronn insgesamt mehr als 2000 Bewerbungen eingegangen, immatrikuliert haben sich von den erfolgreichen Bewerbungen bisher rund 215 neue Studierende. Die meisten Erstsemester haben sich in den neuen Studiengang Informatik eingeschrieben (71). Bei der HHN und DHBW Heilbronn sind es mit rund 1500 und 566 neuen Erstsemestern deutlich mehr. Doch die TUM Heilbronn wächst: An den beiden Fakultäten Informatik und Wirtschaftswissenschaften gibt es nun 435 Studierende, im Vorjahr waren es 248. Mit der Entwicklung hin zu mehr Studienangeboten, dem künftigen Data Science Center und verstärkten internationalen Partnerschaften will die Universität noch mehr junge Menschen anlocken.