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Prozess um illegales Straßenrennen
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Vorwurf von Raser-Anwalt: Heilbronner Gericht will sich vor der Öffentlichkeit profilieren

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Illegale Autorennen beschäftigen die Justiz seit Jahren. Das Amtsgericht Heilbronn hat nun zwei junge Männer schuldig gesprochen. Der Anwalt der verurteilten Raser überlegt, ob er Rechtsmittel einlegt. Er erhebt Vorwürfe.

Für Martin Dietrich geht es darum, „die Straßen sicher zu halten“. Der Jugendrichter beim Amtsgericht hat am Dienstag zwei junge Männer schuldig gesprochen und sie wegen eines illegalen Straßenrennens unter anderem zu Freizeitarrest und Geldbußen verurteilt. Die Strafverteidiger der Angeklagten bestreiten nach wie vor, dass es sich um ein Rennen gehandelt habe. Dem Gericht warf Rechtsanwalt Konstantin Matzner vor, „sich als harter Vorkämpfer vor der Presse profilieren“ und ein Urteil fällen zu wollen, „das die Menschen abschreckt“.

„Ich will nichts schönreden, aber die Last auf dem Rücken einzelner wie meinem Mandaten auszutragen, sendet ein falsches Signal“, sagte Matzner. Er prüft, ob er gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen wird. Straßenrennen beschäftigten die Justiz seit Jahren. „Sie sind ein Kriminalitätsfeld, das die Öffentlichkeit interessiert“, sagte Frank Schwörer, Leiter der Heilbronner Staatsanwaltschaft, bereits beim Jahrespressegespräch Anfang Juli. Ein rechtlich einfaches Kriminalitätsphänomen seien sie aber nicht, so der Oberstaatsanwalt weiter.

Prozess im Amtsgericht Heilbronn: Richter spricht von keinem alltäglichen Delikt

Wenn sich zwei Fahrer ein Wettrennen liefern, „ist das im Einzelfall nur schwer nachzuweisen“, sagte auch Oberstaatsanwalt Jan Holzner vor der Presse. Die alarmierte Polizeistreife trifft meist erst ein, wenn das Wettrennen längst vorüber ist. „Autorennen sind Momentaufnahmen und dynamische Geschehen“, sagte Holzner.

Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht am Dienstag stand für Richter Martin Dietrich fest, dass der Vorfall kein „alltägliches Delikt“ gewesen sei. Mindestens sieben Autos sollen die beiden Angeklagten auf der Allee in Richtung Theater überholt haben und mehr als doppelt so schnell wie erlaubt gefahren sein, bis sie schließlich von einer Polizeistreife gestellt wurden. 

 


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Straßenrennen in Heilbronn: Anwalt sieht in Geschwindigkeitsüberschreitung keine Straftat

Eine „bloße Geschwindigkeitsüberschreitung“ sei keine Straftat, argumentieren dagegen die beiden Rechtsanwälte. Darüber hinaus beriefen sich die Strafverteidiger auf Zeugenaussagen der Polizisten, die zwischen den zwei Audis keine Absprache wie beispielsweise eine Lichthupe gesehen haben.

Tatsächlich ließen sich rückwirkend Straßenrennen schlecht rekonstruieren, sagte Oberstaatsanwalt Holzner beim Jahrespressegespräch. Wie viele Rennen tatsächlich stattfinden, sei schwer zu sagen. Das Gros der erheblichen Tempoüberschreitungen führt die Anklagebehörde auf Fälle von Polizeiflucht zurück.

Von insgesamt 28 Verfahren, die die Staatsanwaltschaft Heilbronn 2022 in diesem Zusammenhang eingeleitet hat, behandelten lediglich fünf „echte Kraftfahrzeugrennen“. Weitere sieben Fälle aus dem Jahr 2022 überschreibt die Staatsanwaltschaft mit „Alleinrennen“, in dem ein Autofahrer ohne erkennbaren Konkurrenten mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

 


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Fünf Unfälle führt die Staatsanwaltschaft 2022 auf Straßenrennen zurück

Gegen 33 Beschuldigte hat die Staatsanwaltschaft 2022 ermittelt, darunter 23 Erwachsene und zehn Heranwachsende unter 21 Jahren. Acht Anklagen hat die Behörde erhoben und neun Strafbefehle erteilt. Der Rest wurde eingestellt. Fünf Unfälle führt die Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr auf Straßenrennen zurück. Drei davon bei Alleinrennen. Dabei gab es zwei schwerverletzte Beifahrer.

Zwei Unfälle passierten, als die Fahrer vor der Polizei geflüchtet sind. Geldstrafen von 40 bis 100 Tagessätzen sprach die Behörde aus. Und es gab fünf- bis sechsmonatige Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Außerdem wurden mehreren Rasern die Fahrerlaubnis entzogen. Sie dürfen zwischen drei Monate und einem Jahr kein Kraftfahrzeug mehr lenken.

 

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