Mutmaßliche Drogenbande soll in der JVA Heilbronn hohen Umsatz gemacht haben
Sieben Angeklagte sollen Substanzen im Heilbronner Gefängnis verkauft und einen Beamten der JVA bestochen haben. Der Staatsanwalt sagt: "Der Verkauf im Gefängnis war ihr Geschäftsmodell."

Seit Donnerstag verhandelt das Landgericht gegen eine mutmaßliche Bande in einem der größten Drogenprozesse der vergangenen Jahre in Heilbronn. Erster Staatsanwalt Joachim Müller-Kapteina wirft den sieben Angeklagten vor, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben, um gewerbsmäßig mit Betäubungsmitteln zu handeln.
In erster Linie sollen die Beschuldigten von Januar 2021 bis September vergangenen Jahres in mehrfach nachgewiesenen Fällen Substanzen wie Subutex in das Heilbronner Gefängnis geschmuggelt und an Insassen verkauft haben. Für den Prozess hat die erste große Strafkammer 24 Verhandlungstage angesetzt. 65 Zeugen sollen gehört werden.
Justizvollzugsbeamter soll bestochen worden sein
Die hierarchisch strukturierte Bande soll sowohl aus Gefangenen als auch aus Mitgliedern, die in Freiheit gelebt haben, bestanden haben. Laut Anklage sollen die Beschuldigten - sechs Männer und eine Frau - für ihre Geschäfte mit den Gefangenen einen Justizvollzugsbeamten im Heilbronner Gefängnis bestochen haben. Er soll neben Betäubungsmitteln auch Dopingpräparate und Elektrogeräte wie Handys in die Justizvollzugsanstalt (JVA) geschmuggelt haben.
Enorme Gewinnspanne im Gefängnis
Die Gewinnspanne aus den Drogenverkäufen an die Gefangenen der JVA Heilbronn soll enorm gewesen sein. Laut Anklage haben die Beschuldigten das Zehn- bis 20-fache des üblichen Preises verlangt. So sollen die Beschuldigten ein Gramm Subutex für durchschnittlich 100 Euro an Gefangene verkauft haben. Der Einkaufspreis liege laut Staatsanwalt bei sieben Euro. Für ein Gramm Marihuana soll die Bande bis zu 200 Euro von den Insassen verlangt haben. Der Preis liegt laut Anklage außerhalb der JVA bei zwischen zehn und zwölf Euro pro Gramm. Für den Staatsanwalt ist das besonders perfide, weil die Sucht derjenigen ausgenutzt werde, die im Gefängnis eigentlich eine Entzugstherapie machen sollten.
Mitte vergangenen Jahres hat die Staatsanwaltschaft auf einen Hinweis der JVA-Führung mit den Ermittlungen begonnen. Die nachweisbaren Umsätze lägen bei zwischen 50.000 und 60.000 Euro, so Müller-Kapteina. Wie viel Geld die mutmaßliche Gruppierung tatsächlich eingenommen hat, lasse sich nur schwer beziffern.
Zahlungen in bar und per Überweisung
Für die Drogengeschäfte soll die Gruppe eigens ein Girokonto angelegt und ein Postfach eingerichtet haben. Zahlungen sollen auch über Western Union abgewickelt worden sein. Immer wieder sollen Barbeträge im Spiel gewesen sein. Weil im Gefängnis kein Geldverkehr erlaubt ist, sollen in Freiheit lebende Angehörige der Gefangenen für die Betäubungsmittel bezahlt haben.
Verkauf im Gefängnis als Geschäftsmodell
Auch in anderen Gefängnissen könnten Geschäfte gemacht worden sein. Entsprechende Hinweise habe die Staatsanwaltschaft erhalten. Sie sind aber nicht Gegenstand der Verhandlung vor dem Heilbronner Landgericht. Außerhalb von Gefängnismauern hätten die Angeklagten keine Drogen verkauft. Zumindest weise laut Staatsanwalt derzeit nichts darauf hin. "Der Verkauf im Gefängnis war ihr Geschäftsmodell", so Müller-Kapteina.
Drogen und verbotene Gegenstände eingeschmuggelt
Um möglichst große Mengen in die JVA Heilbronn einschleusen zu können und damit den Gewinn zu maximieren, sollen die Angeklagten einen Justizvollzugsbeamten bestochen haben, der Drogen und verbotene Gegenstände ins Gefängnis schmuggelte. Für seine Dienste habe er jeweils 1000 Euro und weit darüber hinaus erhalten. Er muss sich ab Freitag vor dem Landgericht verantworten.
Struktur einer kriminellen Vereinigung
Den Angeklagten droht laut Staatsanwalt eine Haftstrafe von jeweils fünf Jahren aufwärts. Sie haben den Ermittlungen nach eine kriminelle Vereinigung gegründet, die in ihrer Struktur so aufgebaut gewesen sei, dass sie unabhängig von bestimmten Personen funktioniere. Immerhin wurden Gefangene in andere Gefängnisse verlegt. So auch die Angeklagten, die im vorgeworfenen Tatzeitraum Gefangene waren.
Nicht der erste Prozess
Die Vorwürfe, die seit Donnerstag gegen sieben Angeklagte vor dem Heilbronner Landgericht verhandelt werden, hatten Ende September 2022 Aufsehen erregt, als ein großes Polizeiaufgebot das Heilbronner Gefängnis durchsuchte. Bereits 2018 war das Gefängnis schon einmal wegen Drogendelikten und Bestechlichkeit in den Schlagzeilen. Damals waren zehn Mitarbeiter der Anstalt verwickelt. Am Montag, 19. Juli, wird die Verhandlung ab 9 Uhr im Landgericht fortgesetzt.



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