SLK-Direktor: "Man kann nicht das Skalpell wegschmeißen, wenn 16 Uhr ist"
Durch die Pandemie hat eine deutliche Komprimierung der Arbeit stattgefunden, sagt SLK-Direktor Wolfgang Linhart. Insgesamt habe sich die Arbeitszeit von Ärzten im Vergleich zu früher aber deutlich reduziert.

Der Ärzteverband Marburger Bund schlägt Alarm wegen der hohen Anzahl von Überstunden bei Ärzten im Land. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG), Interessenvertretung der Arbeitgeber, hält dem entgegen, die Arbeitsbedingungen hätten sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. SLK-Direktor Wolfgang Linhart schätzt die Lage ein.
Herr Linhart, Sie sind selbst seit über 30 Jahren Arzt. Welche Aussage stimmt denn nun?
Wolfgang Linhart: Im Vergleich zu der Zeit, als ich junger Assistenzarzt war, hat sich die Situation deutlich verbessert, vor allem seit vor etwa 15 Jahren die Arbeitszeiterfassung für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern eingeführt wurde. An Unikliniken gibt es die ja in der Regel nicht. Aber es stimmt natürlich: Der Arztberuf ist einer, in dem man viel arbeiten muss. Die Arbeit muss erledigt werden, man kann nicht das Skalpell wegschmeißen, wenn man im OP steht, sobald es 16 Uhr ist. Auch in der Notaufnahme bleibt das Personal schon mal länger, wenn das Patientenaufkommen hoch ist.
60 Überstunden pro Woche seien keine Seltenheit, heißt es vom Marburger Bund. Ist das überhaupt zulässig?
Linhart: Es gibt bestimmte Sonderregelungen für Ärzte, zum Beispiel für die Bereitschaftsdienste. Man muss ganz klar sagen: Das hält das System am Laufen. Trotzdem gilt auch: Der Marburger Bund tut seit Jahren sehr viel dafür, dass die Arbeitszeit von Ärzten reduziert wird.
Inwiefern hat die Pandemie die Arbeitsbedingungen verändert?
Linhart: Ein Teil der aktuellen Belastung ist natürlich durch die zusätzlichen Patienten im Zuge der Pandemie entstanden.
Können Sie das weiter präzisieren?
Linhart: Es hat eine deutliche Komprimierung der Arbeit stattgefunden. Aus allen Bereichen wurden phasenweise Ärzte abgestellt für die Versorgung der Covid-Patienten, sofern die Ärzte über ein wenig Intensiverfahrung verfügten. Die Phasen, in denen wir hier teils 30 Covid-Intensivpatienten hatten und deutlich über Hundert auf den Normalstationen waren eine echte Belastung – für alle Berufsgruppen, nicht nur für die Ärzte.
Wie schwierig ist es, geeignete Ärzte zu finden?
Linhart: Also es ist nicht so, dass ich meinen Schrank öffne und mir stapelweise Bewerbungsunterlagen entgegenkommen. Vereinzelt kommen passende Bewerbungen rein. Aber der Arbeitsmarkt für Ärzte ist ziemlich leergefegt. Das Problem ist auch, dass medizinische Fachgebiete und auch Städte unterschiedlich attraktiv sind.
Zur Person
Professor Wolfgang Linhart (59) leitet die Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie am SLK-Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn und ist Ärztlicher Direktor.