Baden-Württemberg hält an Faschingsferien fest
Schulen und Kultusministerium halten an der Auszeit Mitte Februar fest, weil Schüler und Lehrer ihrer Meinung nach eine Pause brauchen. Manche Eltern sehen das ganz anders und fordern, die Zeit lieber für versäumten Unterrichtsstoff zu nutzen.

Anders als in Bayern finden die Faschingsferien in Baden-Württemberg auch im Pandemiejahr 2021 statt. Kultusministerin Susanne Eisenmann hat betont, dass sie die Ferien nicht streichen wird. Viele Eltern haben dafür kein Verständnis.
Die Meinungen sind verschieden
Die Schüler hätten schon genug Stoff versäumt, schreibt eine Mutter an die Redaktion. "Da ohnehin kein Fasching ist und die Skipisten geschlossen sind, macht die Streichung der Ferien sehr viel Sinn", sagt eine andere. "Die Kinder hatten schon verlängerte Weihnachtsferien", meinen viele, und "Fasching gibt"s eh nicht". Allerdings gibt es auch Stimmen, die fordern: "Die Kinder brauchen eine Pause!" Alle seien am Limit, schreibt eine Leserin. Die Ferien zu verkürzen würde zu "Diskussionen führen, Unruhe auslösen und letztlich mehr Probleme schaffen als lösen", sagt auch ein Sprecher des Kultusministeriums. Ohnehin handelt es sich um so genannte bewegliche Ferientage, die Schulen festlegen, betont er.
Die Entscheidung fällt vor Ort gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Schulträgern. In Eppingen sei das noch nicht geschehen, erklärt eine Rathaussprecherin, da man noch nicht wisse, wann es wieder Präsenzunterricht gibt. In Heilbronn sind sich die Verantwortlichen bereits einig: "Lehrer brauchen eine Pause", sagt Karin Schüttler, Leiterin des Schul-, Kultur- und Sportamtes im Heilbronner Rathaus.
Mehrheit spricht sich für Ferien aus
Die überwiegende Mehrheit der Rektoren habe sich für die Faschingsferien ausgesprochen, weil das Distanzlernen allen viel abverlange. Auch das Kultusministerium betont: "Die aktuelle Situation ist für die Schüler belastend." Das dürfe man nicht vergessen. "Sie brauchen die Ferien daher auch zur Entlastung." Von Unterrichtsausfall könne derzeit keine Rede sein. "Schüler lernen und arbeiten also gemeinsam mit ihren Lehrkräften von zu Hause aus."
Unter ihren Kollegen habe es durchaus eine geteilte Sicht gegeben, sagt Melanie Haußmann. "Wir haben wohlüberlegt und abgewogen", erklärt die Rektorin der Heinrich-von-Kleist-Realschule, die als geschäftsführende Schulleiterin für alle Grund- und weiterführenden Schulen außer den Gymnasien zuständig ist. Ausschlaggebend sei gewesen, dass gerade in Heilbronn viele Schulen Unterricht nach Stundenplan machen. "Das ist anstrengend für Kinder und Lehrer."
Digitale Verbesserungen seit dem Frühjahr
Die Stadt habe nicht nur Leihgeräte, sondern auch W-Lan-Router ausgegeben, so dass alle Schüler am Unterricht teilnehmen können. Keiner sei abgehängt. Die Lehrer hätten Material digital aufbereitet und sich professionalisiert. Im Gegensatz zum Frühjahr gebe es beim digitalen Lernen deutliche Verbesserungen.
Christoph Eberlein, Vorsitzender des Gesamtelternbeirats in Heilbronn, stimmt zu: "Der Fernunterricht läuft besser." Unter dieser Prämisse sei es sinnvoll, die Ferien durchzusetzen. Gleichwohl weiß er, dass Präsenzunterricht für viele Familien eine Entlastung wäre, weil Homeoffice und Homeschooling oft schwierig unter einen Hut zu bringen seien. Aber trotz sinkender Inzidenzwerte sieht er die Rückkehr in die Schulen skeptisch: "Das Virus ist ja nicht weg." Infektionszahlen könne man nicht ignorieren, Studien in Großbritannien zeigten, dass von der hochansteckenden Virus-Mutation auch Schüler betroffen seien.
Zeit für Prüfungsvorbereitung
Für die Ferien spricht noch ein anderer Punkt: Sie sind mit den Prüfungsterminen abgestimmt. "Das ist eine wichtige Unterbrechung", erklärt Melanie Haußmann. Viele Absolventen bräuchten die Zeit für ihre individuelle Vorbereitung. Auch das Kultusministerium glaubt: "Wir würden die Schulen vor zusätzliche schulorganisatorische Herausforderungen stellen, indem wir zahlreiche Planungen wie Lern- und Prüfungszeiträume durcheinander brächten." Gleichzeitig sind die Abschlussklassen so gut vorbereitet, wie nie, glaubt Melanie Haußmann. Da alle außerschulischen Veranstaltungen und Studienfahrten in diesem Schuljahr wegfallen, gebe es mehr Unterricht, sagt auch Marco Haaf, Schulleiter am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neckarsulm. Der Schulbetrieb läuft auch an den Sonderpädagogischen Bildungszentren, so Haußmann.
Förderunterricht nach der Schulschließung
Sie habe nicht mit einer Streichung der Ferien gerechnet, sagt Zarah Abendschön-Sawall. In dieser "instabilen Situation" sei ein Verzicht auf die Ferien nicht notwendig, meint die Pressesprecherin der Initiative Familien in der Krise und fordert gleichzeitig eine Notbetreuung für die unterrichtsfreie Zeit. Sie hätte "Präsenz lieber heute als morgen", denn das Fernlernen sei anstrengend. Eine Woche ohne Schulstress sei deshalb für viele Familien wichtig, sagt die fünffache Mutter aus Schwaigern.
Statt über die Ferien zu diskutieren, müsse man über umfassenden Förderunterricht nachdenken, wenn die Schulen wieder geöffnet sind, zum Beispiel in Form einer Summer School. Auch Christoph Eberlein richtet den Blick eher in die Zukunft: "Was mir fehlt, ist ein Konzept für die Öffnung", sagt der Elternvertreter.




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