Sollte Baden-Württemberg die Faschingsferien streichen?
Nach einem Monat Homeschooling gibt es im Februar eine Woche Ferien. Muss das sein? Sollten Schüler und Lehrer die Zeit nicht besser nutzen, um den Unterrichtsstoff nachzuholen? Ein Pro und Contra aus unserer Redaktion.
In Bayern hat Ministerpräsident Markus Söder die Ferien kurzerhand abgesagt. In Baden-Württemberg, wo es um bewegliche Ferientage geht, entscheiden Schulen und Schulträger selbst, ob vom 15. bis 19. Februar unterrichtet wird. Die Mehrheit hat für eine Pause plädiert, die Ferien bleiben.
Nein, es ist wichtig, Akkus aufzuladen, sagt unsere Redakteurin Tanja Ochs
Es hat sich viel getan in Sachen Homeschooling. Wo es im April Wochenaufgaben per Mail gab, sitzen Schüler heute in Videokonferenzen. Lehrer haben dazugelernt, Schüler verbringen ihre Vormittage am Bildschirm. Anders als im Frühjahr wird tatsächlich gearbeitet. Die Eltern als einziges Kontrollorgan sind trotzdem gefragt: Korrekturen, Vokabeltraining, Systembetreuung bleiben erneut an ihnen hängen. Eine Pause ohne schlechtes Gewissen sei deshalb jedem gegönnt. Auch ohne Skiurlaub kann man die Zeit nutzen, um gemeinsam Akkus aufzuladen. Das gilt für alle, auch für Lehrer, die oft genug von ihrem Dienstherren sich selbst überlassen wurden. Wer seinen Job ernst nimmt, hat sich in den letzten Wochen neue Methoden angeeignet, Material aufbereitet, Kontakt und Online-Unterricht gehalten. Dass man das nicht von allen Lehrern behaupten kann, liegt in der menschlichen Natur. Aber auch in anderen Berufen werden Urlaubstage nicht nach Engagement verteilt.
Wie viel Wissen bei den Kinder hängen geblieben ist, werden die Leistungsnachweise im zweiten Halbjahr zeigen. Fünf Tage mehr oder weniger Fernlernen werden dabei wohl nichts mehr rausreißen. Wer sich auf Klassenarbeiten oder Abschlussprüfungen vorbereiten will, kann die Faschingsferien nutzen. Selbstständig, nicht per Moodle, denn volle Klassen und Präsenzunterricht hätte es ohnehin nicht gegeben.
Ja, es sollte unterrichtet werden, findet unser Redakteur Alexander Hettich
Wer die Faschingsferien aussetzen will, steht im Verdacht, Lehrern und Schülern ihre hart erarbeitete Auszeit nehmen zu wollen. Oder schlimmer: den Pädagogen den Einsatzwillen abzusprechen. Unterricht zu Pandemiezeiten sei noch anstrengender als sonst, wird dann argumentiert. Man sollte die Schule im Dorf lassen und nicht jede Sachfrage mit einer Generaldebatte aufladen. Es ist absurd, einen Berufsstand pauschal zu kritisieren. Genauso unsinnig ist es, der gesamten Lehrerschaft in Pandemiezeiten Glanzleistungen zu attestieren. Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte.
Und das heißt: Der Fernunterricht hat Defizite. Es gibt exzellente Beispiele. Zu oft aber ist Homeschooling mehr Distanz als Unterricht. Da werden Schüler – per Moodle, wenn es funktioniert – mit Links zu Lernvideos auf Youtube und Aufgaben aus dem Schulbuch versorgt. Individuelle Betreuung oder ein Feedback zu den Aufgaben gibt es nicht immer. Die Faschingszeit böte Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Nicht alles, aber ein bisschen. Mit wohldurchdachten Konzepten, um auch jene Schüler zu erreichen, die zunehmend ausgestiegen und abgehängt sind. Sollte der Präsenzunterricht tatsächlich wieder anlaufen, wäre es das falsche Signal, sich gleich wieder in die Ferien zu verabschieden. Mehr als Erholung brauchen die Kinder endlich wieder verlässliche Strukturen.

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