Kommunen schlagen Alarm: Für Kinderbetreuung fehlen Erzieher und Räume
Nicht erst seit dem Ukraine-Krieg haben die Kindergärten der Region zu wenig Personal und zu wenig Platz. Lange Wartelisten gab es schon vorher. Um alle Kinder betreuen zu können, fordert der Gemeindetag mehr Flexibilität bei den Vorgaben.

Als Anfang März die ersten vor dem Krieg geflohenen Menschen in Deutschland ankamen, war schnell auch die Kinderbetreuung ein Thema. Für die Schüler unter ihnen wurden rasch Lösungen gefunden. Doch die jüngeren, nicht schulpflichtigen Kinder zu betreuen, stellt viele Kommunen vor große Herausforderungen. Denn die Situation war bereits vorher angespannt: Neben dem Personalmangel gibt es nicht ausreichend Räumlichkeiten. Überall werden zwar neue Gebäude gebaut, doch das dauert. Lange Wartelisten sind die Folge.
Ein Kritikpunkt: Die im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr hohen Vorgaben bei der Betreuung. "Wir können nicht einfach einen Raum nehmen und eine Gruppe aufmachen", beschreibt Bad Rappenaus Hauptamtsleiter Wolfgang Franke die Situation. Früher sei das möglich gewesen, heute gelten aber andere Regeln. Die sehen unter anderem einen hohen Personalschlüssel vor.
Doch der Markt sei leergefegt und Erzieher schwer zu bekommen. "Wir können sie nicht backen", sagt auch Eppingens Oberbürgermeister Klaus Holaschke. Den Kommunen müsse mehr Flexibilität eingeräumt werden.
Krieg und Corona verschärfen die Lage
Das hatte der Gemeindetag, dessen Vizepräsident Holaschke ist, bereits im vergangenen Februar unabhängig von der Situation in der Ukraine gefordert. Der Krieg und davor Corona haben die Lage weiter verschärft, sagt Holaschke. In Eppingen mussten wegen des Personalmangels die Betreuungszeiten kurzfristig nochmals gekürzt werden. Für den Aufschrei unter den Eltern habe er vollstes Verständnis, sagt der OB: "Sie brauchen eine verlässliche Betreuung." Mittlerweile hat die Verwaltung gemeinsam mit Eltern und Erziehern eine Lösung gefunden. Doch das neue Kita-Jahr steht bereits vor der Tür, die Wartelisten werden länger.
Ähnlich ist die Situation in Bad Rappenau. "Als die Ukrainer kamen", sagt Olivia Braun, bei der Stadt für Kindergärten zuständig, "waren die Plätze ab September schon vergeben." In den Einrichtungen unterkommen? Eigentlich nicht möglich, es sei denn, eine Familie zieht um. Dann würde ein Platz frei werden. Allerdings sind dann Kinder auf den Wartelisten dran. "Und wir können und wollen niemanden nach hinten schieben, das würde für Unmut sorgen", sagt Franke.
Spielkreis für Flüchtlingskinder
17 Kinder, die theoretisch einen Kindergarten besuchen könnten, leben zurzeit in der Kurstadt. Die Flüchtlingshilfe hat für sie einen Spielkreis eingerichtet. Zweimal in der Woche werden sie dort betreut, während ihre Mütter Deutsch lernen. Ein ähnliches Angebot gibt es auch in Brackenheim. Schnell habe man die Gruppe ins Leben gerufen, erzählt Nora Gäng, Leiterin der Stabsstelle Integration. Drei Ehrenamtliche kümmern sich an zwei Tagen in der Woche um maximal zehn Kinder. Unterstützung bekommen sie vom Kindergarten Burghalde. "Die Einrichtung dürfen sie nachmittags nutzen", sagt Nora Gäng. Außerdem seien die Erzieher mit eingebunden. "Das ist ganz toll und eine große Erleichterung." Richtig erleichtert wäre die Flüchtlingsbeauftragte, wenn sich noch mehr Menschen melden würden, die die Betreuung weiterhin gewährleisten.
Drei ukrainische Kinder, die im Herbst eingeschult werden und voraussichtlich in Brackenheim bleiben, haben einen Kita-Platz bekommen. Nicht nur um Deutsch zu lernen, sondern auch, um andere Kinder kennenzulernen.
Heilbronn schafft Betreuungsgruppen
Die Stadt Heilbronn handhabt es ähnlich. 35 der 102 ukrainischen Kinder werden betreut. "Dabei wurden die Kinder, die nach den Sommerferien in die Schule kommen, vorzugsweise berücksichtigt", sagt die stellvertretende Pressesprecherin Claudia Küpper. Insgesamt wurden neun verschiedene Betreuungsgruppen geschaffen. "Uns war es wichtig, allen ukrainischen Kindern rasch einen Betreuungsplatz anzubieten", sagt Bürgermeisterin Agnes Christner. Sie sollen sich schnell einleben, ein Stück Alltag erfahren und vielleicht den ein oder anderen unbeschwerten Moment erleben. Die Kosten trägt ausschließlich die Stadt. "Eine Übernahme oder Beteiligung wäre äußerst wünschenswert", so Küpper.
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