Kaminbauer in der Region kommen mit den Aufträgen kaum noch hinterher
Viele Menschen wollen sich mit Blick auf die aktuelle Energiekrise absichern und greifen auf Holzfeuerung zurück. Betriebe aus der Region sind derzeit an der Belastungsgrenze.

Vor dem Hintergrund der hohen Gas- und Ölpreise ist eingetroffen, was schon lange vermutet wurde: Das Geschäft bei Kaminbauern boomt. Genauer gesagt, kommen die meisten Betriebe mit den Aufträgen gar nicht mehr hinterher, wie ein Umhören in der Region zeigt.
Als Beweggrund, sich einen Ofen zuzulegen, schildern Betriebe gegenüber unserer Zeitung jedoch weniger den Preis, sondern mehr die Unabhängigkeit gegenüber Deutschlands Energielieferanten.
Betriebe sind an der Belastungsgrenze
"Es ist momentan echt heftig. Wir haben mehr zu tun, als wir stemmen können", schildert Georg Isik, Filialleiter bei Hark Kamin-Kachelofenbau Heilbronn, den aktuellen Run auf Holzöfen. "Wir sind seit drei Monaten für das restliche Jahr komplett ausgebucht." Neukunden müsse Georg Isik auf die übernächste Heizperiode 2023 vertrösten. Ähnliche Schilderungen macht Markus Hettich, Kachelofen- und Luftheizungsbaumeister aus Neuenstadt.
Die Nachfrage in den vergangenen sechs Monaten sei so extrem hoch, dass man ihr nicht mehr gerecht werden könne. Als Obermeister der Kachelofen- und Luftheizungsbauer-Innung der Region Mittlerer Neckar könne er für alle seine Kollegen - von Heilbronn über Stuttgart bis zum Rems-Murr-Kreis - sprechen: "Es ist unbefriedigend, man kommt kaum noch hinterher."
Unabhängigkeit wird als größter Beweggrund genannt
Die Motivation der Menschen, sich einen Holzofen zuzulegen, sieht Markus Hettich nicht unbedingt darin, billiger unterwegs zu sein, sondern mehr in der Unabhängigkeit. Die Angst sei groß, plötzlich im Kalten zu sitzen, wenn der Gashahn abgedreht werden sollte. Von "unheimlich vielen Anfragen" spricht auch Ofenbauer Ulrich Maggraf aus Pfaffenhofen. Hersteller würden mit vielen Aufträgen sowie einem Rohstoff- und Personalmangel kämpfen. Die Folge: "Kurzfristig geht nichts mehr."
Kunden auf nächstes Jahr vertrösten
Kunden, die eine schnelle Lösung wollen, muss der Ofenbauer vertrösten: "Wer einen Holzofen für die übernächste Heizsaison will, sollte jetzt reagieren", lautet sein Ratschlag. "Vollgas" herrscht in Ulrich Maggrafs Betrieb aber schon seit Ausbruch der Corona-Pandemie. "Als die Menschen weniger raus konnten, haben es sich viele zu Hause mit einem Kamin gemütlich gemacht."
Umweltbundesamt kritisiert Kaminöfen als "große Quelle für Feinstaubbelastung"
Weniger gut weg kommen Holzöfen beim Umweltbundesamt, das im Februar 2022 bekanntgab, dass Kaminöfen eine große Quelle für Feinstaubbelastung seien. Beim Verbrennen von Holz könnten klima- und gesundheitsschädliche Stoffe entstehen. Und: "Die Verbrennung von Holz setzt Kohlendioxid frei. Nur wenn im Sinne einer nachhaltigen Waldwirtschaft eine entsprechende Holzmenge zeitnah nachwächst, ist die Kohlenstoffbilanz im Wald ausgeglichen", heißt es auf deren Website.
Matthias Bauer, Abteilungsleiter Bauen Wohnen Energie bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, empfiehlt Pelletkessel mit sehr geringen Abgaswerten zu erwerben. "Pellets sind ein ressourcenschonender Brennstoff, dessen Rohstoffe zu 90 Prozent aus Deutschland stammt. In der Regel werden Holzreste und Späne verarbeitet", sagt er auf Anfrage unserer Zeitung.
Vorteile von Pelletöfen
Gegenüber der Scheitholzverbrennung nennt Matthias Bauer zudem folgende Vorteile: "Der Wassergehalt des Brennstoffs ist niedriger, es bleibt wenig Asche übrig, es werden deutlich weniger Schadstoffe freigesetzt und Pellets können automatisch in den Brennraum transportiert und verfeuert werden." Außerdem verweist Bauer auf die erste Bundesimmissionsschutzverordnung, von der ausgehend bis Ende 2024 alle alten Kaminöfen, Kachelofeneinsätze sowie Heizkamine mit einer Typprüfung zwischen 1. Januar 1985 bis einschließlich 21. März 2010 stillgelegt, nachgerüstet oder ausgetauscht werden müssen - Sofern die vorgegebenen Grenzwerte für Staub und Kohlenmonoxid nicht erfüllt werden.
Holzöfen werden immer moderner
Ähnlich sieht das der Bundesverband Brennholzhandel und Brennholzproduktion. Auf seiner Website informiert er zusammen mit dem Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik über moderne Kaminöfen, die dank einer verbesserten Verbrennungstechnik deutlich höhere Wirkungsgrade als ältere Geräte erzielen würden. "Allein schon dadurch sinkt der Brennstoffverbrauch; dies schont die Ressourcen und führt zu geringeren Emissionen."
Darüber hinaus sei der nachwachsende Brennstoff Holz regional verfügbar und mit kurzen Transportwegen und einer regionalen Wertschöpfung verbunden.
Ist es billiger mit Holz zu heizen?
Auf die Frage, ob es sich auf lange Sicht lohnt, auf eine Holzbefeuerung umzusatteln, erklärt Matthias Bauer: "Ein entsprechendes Heizungskonzept muss sich an vielen Parametern messen lassen." So spiele beispielsweise eine Rolle, ob es sich um einen Neu- oder Altbau handelt, wieviel Platz es für die Lagerung von Energiestoffen gibt oder ob erneuerbare Energien eingebunden werden. "Eine ordentliche Beratung tut Not. Eine Pelletheizung wird sich bei guter Planung in Kombination mit einer thermischen Solaranlage immer lohnen", sagt Matthias Bauer.