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In Kommunen schwinden Kräfte zur Flüchtlingsunterbringung: Wie lange geht das noch gut?

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Die Herausforderungen, vor denen Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Geflüchteten stehen, werden immer größer. Vor Ort sorgt man sich angesichts von Protestaktionen vor einem Stimmungswandel in der Bevölkerung.

Geflüchtete aus der Ukraine warten an einem überfüllten Bahnsteig auf die Weiterfahrt zum Hauptbahnhof.
Geflüchtete aus der Ukraine warten an einem überfüllten Bahnsteig auf die Weiterfahrt zum Hauptbahnhof.  Foto: dpa

Ob Pfedelbach, Wüstenrot oder Obersulm - der Widerstand aus der Bevölkerung, auf den Städte und Gemeinden in der Region bei ihren Lösungsversuchen zur Unterbringung Geflüchteter stoßen, bereitet den Kommunalen Spitzenverbänden Sorgen. Sie befürchten einen Stimmungswandel, der sich symbolisch gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung richtet, wie Björn Steinbach vom Kreisverband im baden-württembergischen Gemeindetag im Gespräch mit der Heilbronner Stimme schildert.

 


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Kommunen fühlen sich nicht ernstgenommen

Gleichzeitig sehen die Kommunen ihre Nöte von der Bundespolitik nicht berücksichtigt - vom Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten bis zum Personalmangel bei Verwaltung und Integrationshilfe: "Wir fühlen uns nicht mehr ernst- und wahrgenommen", sagt der Vizepräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Klaus Holaschke. Angesichts der aktuellen Lage sei man "perspektivlos".

Gerade diese Perspektive brauche es aber, betont der Landrat des Landkreises Heilbronn, Norbert Heuser: "Die Kräfte schwinden. Die Unterbringungs-, Bildungs-, Integrations- und Finanzierungsmöglichkeiten sind endlich und das große Engagement ist nicht auf Dauer leistbar." Er fordert daher wie auch die Kommunalen Spitzenverbände eine gesamteuropäische Lösung, "denn die vielfältigen und großen Herausforderungen können nur gemeinsam bewältigt werden".

 


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Hoffen auf den Herbst

Von Berlin fühle man sich nach dem Flüchtlingsgipfel im Mai bis zum nächsten Termin hingehalten. "Wir werden uns bis Herbst wohl irgendwie durchmogeln in der Hoffnung, dass über den Sommer hinweg keine besonders großen Flüchtlingsströme kommen", umschreibt Leingartens Bürgermeister Ralf Steinbrenner die Situation.

Vor diesem Hintergrund fordert auch der Gemeindetag, im Bereich der sozialstaatlichen Anreize nachzubessern, etwa beim Bürgergeld: "Hier sehen wir einen Kardinalfehler der Bundespolitik, diesen Beschluss gefasst zu haben." Alle kommunalen Spitzenverbände hätten sich von Anfang an gegen diese Entscheidung ausgesprochen. Ralf Steinbrenner sieht in diesem Beschluss "die größte Hürde für eine europäische Einigung".

Sichere Kalkulation wird immer schwieriger

Für die Städte und Gemeinden wird es derweil immer schwieriger, ihre Bedarfe zu kalkulieren, da vielerorts die Zahl der kommunal wie privat aufgenommenen Flüchtlinge stark schwankt. "Es kommt immer zu Weg- und Zuzügen", sagt Gesa Neubert vom Hauptamt der Gemeinde Massenbach, wo im April 64 Regelflüchtlinge und elf Ukrainer in Anschlussunterbringung und 138 ukrainische Flüchtlinge in privaten Unterkünften lebten.

 


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Das betrifft auch die Haushaltsplanung. Was 2023 finanziell auf die Stadt Heilbronn zukommt, um die Pflichtaufgabe der Flüchtlingsunterbringung zu erfüllen, lasse sich nicht sagen: "Eine Gesamtkalkulation der Kosten ist nicht möglich", so Pressesprecherin Claudia Küpper, "da seit mehreren Jahren keine Prognose des Bundes und der Länder zur Entwicklung der Geflüchteten vorliegt." Auch die Verhandlungen zur europäischen Migrationspolitik ermöglichten keine verlässliche Planung.

Verbände legen Zwölf-Punkte-Plan vor

Die kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg - Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag - haben in der "Stuttgarter Erklärung für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik" einen Zwölf-Punkte-Plan zusammengestellt. Sie fordern unter anderem eine Harmonisierung der Integrations- und Sozialleistungen in der EU, verbindliche Integrationsmaßnahmen im Rahmen der vorläufigen Unterbringung und eine vollständige Kostenerstattung für kommunale Aufwendungen.

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