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Nach ZfP-Ausbruch: In Barcelona klicken die Handschellen

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Polizisten haben am Mittwochabend zwei der aus dem Weinsberger Zentrum für Psychiatrie (ZfP) geflüchteten Männer am Hauptbahnhof der spanischen Großstadt festgenommen. Nach Angaben der Heilbronner Kripo gibt es auch Hinweise auf die Aufenthaltsorte der zwei noch immer Gesuchten.

Foto: ronstik/stock.adobe.com
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Die Fahndung nach den flüchtigen Männern aus Weinsberg hat zu einem weiteren Erfolg geführt. Zwei der noch vier Gesuchten wurden am Mittwochabend in der spanischen Großstadt Barcelona festgenommen. Vorausgegangen waren umfangreiche und teilweise verdeckte Ermittlungen.

Thomas Schöllhammer, Vize-Präsident des Präsidiums Heilbronn und Kripo-Chef, erklärt, dass sich die beiden 28 und 36 Jahre alten Männer am Bahnhof von Barcelona von spanischen Polizisten festnehmen ließen. "Das ging so schnell. Es gab keine Gelegenheit, Widerstand zu leisten." Die Gesuchten seien von Deutschland aus über Frankreich nach Spanien geflohen. Mittlerweile seien sie in einem Gefängnis in Barcelona untergebracht und werden einem Haftrichter vorgeführt.

Vier Männer waren vor gut drei Wochen aus dem geschlossenen Maßregelvollzug im Klinikum am Weissenhof ausgebrochen. Einen nahm die Polizei einen Tag später fest. Ein 40-Jähriger ist vergangenen Samstag aus der offenen Station geflohen.

Kripo-Chef: Sicherheitsgefühl hat durch Ausbrüche gelitten

Mithilfe von Zielfahndern des Landeskriminalamts seien Hinweise auf den Aufenthaltsort der beiden Männer bekannt geworden, sagt Schöllhammer. "Zielfahnder halten sich relativ viel im Ausland auf und waren von Anfang an im Boot." Der Kripo-Chef geht davon aus, dass sich drei der Geflüchteten zunächst gemeinsam auf die Flucht gemacht haben und sich dann trennten. "Es gab einen Plan." Zur Hochphase seien knapp 60 Beamte des Heilbronner Präsidiums in die Suche involviert gewesen.

 


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Das Sicherheitsgefühl der Bürger habe durch die Ausbrüche gelitten, sagt Schöllhammer. "Uns allen fällt ein Stein vom Herzen. Wir standen unter enormem Druck." Es sei wichtig gewesen, dass sie Erfolg haben. Schöllhammer berichtet, dass die Polizei auch Hinweise auf den Aufenthaltsort der zwei weiteren noch flüchtigen Männer habe. "Wir glauben, dass wir die beiden anderen auch bekommen."

Klinikum am Weissenhof freut sich über Fahndungserfolg

Die Geschäftsleitung des Zentrums für Psychiatrie in Weinsberg freut sich über den Fahndungserfolg. "Wir sind erleichtert", heißt es in einer Pressemitteilung des Klinikums.

Für die Straftäter sind verschiedene Staatsanwaltschaften zuständig. Die Staatsanwaltschaft Rottweil - sie ist für den 36 Jahre alten Gefassten zuständig - kündigt an, dass in den kommenden Tagen ein Auslieferungsantrag an die spanischen Behörden geht. Florian Kienle, Sprecher der Staatsanwaltschaft Mosbach, sagt: "Den Maßregelvollzug sofort abbrechen, geht nicht." In beiden Fällen entscheide ein Gericht, ob die Männer ihre Reststrafe im Gefängnis oder in einer Entzugsklinik verbüßen.

 


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Die nun Gefassten waren wegen unterschiedlicher Delikte verurteilt worden. Nach Angaben der Mosbacher Staatsanwaltschaft hatte Mekail A. eine Serie von Kindergarten-Einbrüchen begangen. Man war in seinem Fall zunächst von voller Schuldfähigkeit ausgegangen, nach einer Begutachtung hatte man verminderte Schuldfähigkeit nicht ausschließen können. Cristian D. sei wegen Diebstählen, Waffenbesitz und schwerem räuberischem Diebstahl verurteilt und als voll schuldfähig eingestuft worden, hatte die für seinen Fall zuständige Staatsanwaltschaft Rottweil mitgeteilt.

Bereits kurz nach der Flucht war der erste Flüchtige des Quartetts, Benjamin N., gefasst worden. Er war nach Angaben der Mosbacher Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzungen und einer gefährlichen Körperverletzung sowie Diebstählen verurteilt worden. Bei einer der Taten sei er stark alkoholisiert und nach psychiatrischer Begutachtung vermindert, bei allen anderen Taten voll schuldfähig gewesen.

Immer mehr Schuldfähige landen im Maßregelvollzug

Die Frage der Schuldfähigkeit ist von Bedeutung, da dies als kritischer Punkt in der Diskussion um den Maßregelvollzug gesehen wird. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr voll schuldfähige Straftäter zur Therapie in den Maßregelvollzug statt ins Gefängnis geschickt. Laut Landessozialministerium lag der Anteil der voll schuldfähigen Straftäter in psychiatrischen Kliniken 1995 noch bei 20 Prozent, 2017 bei 60 Prozent und zwei Jahre später bei 72 Prozent.

 



Die Polizei fahndet weiterhin nach Yousef Cherif. Dem 24-Jährigen wirft die Staatsanwaltschaft Schwäbisch Hall versuchten Totschlag vor, eine Gerichtsverhandlung stand ihm erst noch bevor. Cherif soll am Samstag, 15. Mai, gegen 19.30 Uhr am Zentralen Omnibusbahnhof in Schwäbisch Hall einen Mann mit einem Messer niedergestochen haben. Er habe den Tod seines Opfers billigend in Kauf genommen, so der Vorwurf.

Ohne Anwesenheit des Angeklagten keine Verhandlung

Der Beschuldigte befand sich nach Angaben von Harald Lustig, Sprecher der Staatsanwaltschaft Schwäbisch Hall, aufgrund eines Unterbringungsbefehls am Zentrum für Psychiatrie. Eine einstweilige Unterbringung alternativ zu einer Untersuchungshaft in einem Gefängnis wird dann beantragt, wenn es Hinweise gibt, die auf eine verminderte Schuldfähigkeit hindeuten. Aufgrund verschiedener "Auffälligkeiten", so Lustig, habe man das angenommen.

"Wir hätten ihn natürlich gerne wieder", sagt Staatsanwalt Lustig über den noch Flüchtigen. Ein Prozess kann nicht stattfinden, in Deutschland muss ein Angeklagter vor Gericht anwesend sein.

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