Gundelsheimer Brandstiftungsprozess: Feuer zerstört gesamtes Hab und Gut einer Familie
Im Brandstiftungsprozess gegen einen Feuerwehrmann arbeitet das Heilbronner Landgericht einen besonderen Fall auf. Hier lautet die Anklage bei einem nächtlichen Feuer versuchter Mord. Der Vater musste Frau und Tochter wecken, die fest schliefen.

Im Prozess um die Brandstiftungsserie von Gundelsheim hat das Heilbronner Landgericht am Freitag den folgenreichsten Brandanschlag aufgearbeitet. Weil der 13-jährige Sohn einer vierköpfigen Familie im Areal "Himmelreich" nach 1 Uhr ungewöhnlichen Lärm draußen hörte, konnte sich die Familie noch rechtzeitig retten. "Wir brennen", rief der Vater, als er in der Nacht im Mai 2020 vom Sohn gedrängt wurde, nachzusehen.
"Wir haben alles verloren", sagte der Vater
Da stand ein großer Stapel Holz am Scheunengebäude direkt nebenan bereits in Flammen. Der Vater weckte Frau und Tochter, sie liefen aus ihrer Wohnung, versuchten mit Eimern voll Wasser zu löschen. Aber: "Die Flammen wurden immer mehr." Kurz danach griff das Feuer auf das Wohnhaus über, Scheune und Haus brannten trotz Feuerwehreinsatz ab. "Wir haben alles verloren", sagte der Vater, ein Fensterbauer aus Osteuropa, vor Gericht. Er schätzt den Wert ihres Hab und Guts auf bis zu 20 000 Euro. Noch heute leidet die Familie unter den Folgen. Jedes Mal, wenn der Sohn Lärm höre, "springt er sofort ans Fenster", sagte die Mutter aus. Sie selbst könne bis heute nur schwer einschlafen.
Angeklagt ist ein 32-jähriger Feuerwehrmann aus dem Ort, der die Brandserie gelegt haben soll. Sieben Taten hat er eingeräumt. Das Motiv? "Es ging ihm um Aufmerksamkeit", hatte sein Verteidiger zum Prozessbeginn erklärt. Depressionen hätten dabei auch eine Rolle gespielt.
Eine stockdunkle Szenerie kann der Richter auf Bildern nicht erkennen
Dieses Feuer an der Scheune hat die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord eingestuft. Weil jedem Täter klar sein müsse, dass ein Feuer auf das direkt angrenzende Wohngebäude übergreifen kann. Von einer stockdunklen Nacht und dass sein Mandant das andere Gebäude nicht gesehen habe, hatte der Verteidiger gesprochen. Am Freitag zeigte das Gericht Bilder vom Einsatz von Polizei und Feuerwehr. Auf einigen schlagen Flammen meterhoch. Straßenlaternen sind auf den Bildern an. Man erkenne klar, dass hinter der Scheune ein größeres Haus stehe, merkte der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth an.
Wohnbaufirma musste Gebäude abreißen
Das 300 Jahre alte Wohnhaus hatte keinen großen Wert. Für rund 30.000 Euro hatte eine Wohnbaufirma die untere Wohnung gekauft und vermietet, berichtete der Prokurist. Für den nötigen Abriss habe man rund 40.000 Euro zahlen müssen.
Ein anderer Zeuge aus einem Nachbarhaus schilderte, wie er einen Autofahrer ohne Licht vom Areal fahren sah. Als der ihn und seine Frau gesehen habe, habe er beschleunigt. Ein weißes Auto sei es gewesen. Der Angeklagte fuhr einen weißen Wagen. An den angegebenen Uhrzeiten störte sich Verteidiger Volker Fabriz. Sein Mandant sei in der Nacht ja bei den Löscharbeiten dabei gewesen.
Kommende Woche soll der Brandsachverständige zu Wort kommen. Geplant ist, dass Ende der Woche dann das Urteil fällt.
Eine Brandserie hielt Gundelsheim im Sommer 2020 in Atem. Hier haben wir einige Vorfälle zusammengefasst:
Brandserie Gundelsheim
Eine Brandserie hielt Gundelsheim im Sommer 2020 in Atem. Hier haben wir einige Vorfälle zusammengefasst:
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07.11.2020: Autobrand in Tiefenbach
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21.10.2020: 400 Strohballen brennen in Gundelsheim
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26.08.2020: Krone in Tiefenbach brennt in der Nacht
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17.08.2020: Polizei wegen Bränden weiter in Habachtstellung
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11.09.2020: Belohnung für Hinweise zur Brandserie in Gundelsheim
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18.07.2020: Erneuter Brand in Gundelsheim - 21 Bewohner evakuiert
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26.06.2020: Scheune in Gundelsheim brennt aus
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07.06.2020: Brandserie versetzt Gundelsheim in Aufruhr
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06.06.2020: Zwei Wohnwagen vollständig ausgebrannt