Milliarden-Versprechen für die Bahn: Was die Region davon hat
In die Bahninfrastruktur sollen zusätzliche 45 Milliarden Euro fließen. Das hat die Ampelkoalition im Bund beschlossen. Der Fahrgastverband Pro Bahn reagiert zurückhaltend. Was bedeutet der Geldsegen für Bahnprojekte in der Region?

"Nicht sonderlich euphorisch" zeigt sich Matthias Beß nach der Ampel-Einigung. Der Vize-Landesvorsitzende von Pro Bahn spricht von einem "Schnellschuss". Er verfüge über keine Informationen, in welche Projekte das Geld investiert werden soll. Immerhin: Im Bundesverkehrswegeplan stünden Investitionsvorhaben im Umfang von 100 Milliarden Euro, da gebe es eine Unterfinanzierung. Vor allem geht es da um die Sanierung der wichtigen Fernstrecken.
Reaktivierungen sind über eigenen Topf finanziert
In der Region wird insbesondere über die Reaktivierung von Zabergäu- und Bottwartal- sowie den Ausbau der Krebsbachtalbahn diskutiert, wo dann auch wieder Züge regelmäßig verkehren sollen. Für diese drei Projekte hat der Berliner Geldsegen keine Auswirkungen, erwartet Lutz Mai, Erster Landesbeamte im Heilbronner Landratsamt. Reaktivierungsprojekte seien über einen mit 2,5 Milliarden Euro gefüllten Topf beim Bund finanziert. Das Geld ist da, die Planung gehe ihren Gang.
Land erhofft Hilfe bei Stellwerk-Modernisierung
Jedoch: Die Strecke könnte durchaus indirekt vom Koalitions-Vorstoß profitieren, so die Einschätzung des Landesverkehrsministeriums. Mit dem Stichwort „Stärkung und Digitalisierung des Bestandsnetzes Schiene“ im Koalitionspapier verbindet Stuttgart die Hoffnung, dass solche regionalen Projekte nicht auch noch die absehbar notwendige Digitalisierung der Stellwerkstechnik finanzieren müssen, "sondern dies separat aus zusätzlichen Mitteln für die Digitalisierung durch den Bund gedeckt wird", wie das Ministerium schreibt. Die Modernisierung und Digitalisierung des Stellwerks in Lauffen ist einer der zentralen Punkte, an denen sich die Realisierbarkeit der Zabergäubahn entscheiden könnte.
Wirtschaftlichkeitsprüfung für Zabergäubahn läuft
Für die Zabergäubahn geht es zunächst so weiter: Die mögliche Reaktivierung der Trasse zwischen Lauffen und Zaberfeld durchläuft gerade abermals eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Beim ersten Anlauf war sie ganz knapp an der Vorgabe gescheitert, dass jeder investierte Euro mindestens einen Euro Mehrwert erbringen muss. Mittlerweile wurden die Kriterien für diese sogenannte Standardisierte Bewertung geändert, Klimaaspekte spielen eine wichtige Rolle. Beobachter gehen davon aus, dass die Zabergäubahn die Hürde nimmt. Ergebnisse sollen vor den Sommerferien vorliegen. Anschließend ginge das Thema in die Gemeinderäte aller Anrainerkommunen.
Kommunen müssen sich mit Projekt befassen
Dass das kein Selbstläufer ist, zeigte sich in Bad Rappenau. Dort hat der Gemeinderat den Ausbau der Krebsbachtalbahn erst abgelehnt, später dann doch zugestimmt. Bei diesem Projekt sind die Pläne am weitesten gediehen, während bei der Bottwartalbahn zwischen Heilbronn und Marbach noch keine belastbaren Pläne vorliegen. Das ist das am schwersten zu realisierende Projekt des Trios, weil die Trasse längst aufgegeben ist.
Wie geht es bei der maroden Frankenbahn weiter?
Bei einem für die Region zentralen Projekt handelt es sich nicht um eine Reaktivierung: Auf der Frankenbahn zwischen Stuttgart, Heilbronn und Würzburg ist die Mängelliste so lang wie die Wartezeit auf häufig verspätete Züge. Zu Investitionen in die Infrastruktur ist im Sommer eine Studie fertig geworden. Maßnahmen wurden in eine Rangfolge gebracht.
Prioritätenliste liegt vor
Vieles von dem, was Priorität hat, klingt nicht spektakulär, bringt auch keine wesentlichen Fahrzeitgewinne. Aber der Verkehr soll stabiler werden. Auf dem besonders belasteten Abschnitt zwischen Bad Friedrichshall und Neckarsulm soll es durch Änderungen an der Signaltechnik ermöglicht werden, Züge in kürzeren Abständen durch das Nadelöhr zu lotsen. Oben in der Prioritätenliste steht auch ein Zusatzgleis für die Stadtbahn im Bahnhof Neckarsulm. So wird verhindert, dass sich Regional- und Stadtbahnen in die Quere kommen.
Frankenbahn-Gipfel ist terminiert
Nun steht endlich auch der Termin für den avisierten Frankenbahn-Gipfel. Vertreter von Bund, Land und Landkreisen kommen am Dienstag, 2. Mai, ab 15 Uhr in der Stadthalle Möckmühl zu einer öffentlichen Veranstaltung zusammen. Dieses Format mit Publikum ist für Beobachter einigermaßen überraschend. Es ist zu erwarten, dass dann auch umstrittene Finanzierungsfragen besprochen werden. Ob die angekündigten 45 Milliarden für die Frankenbahn von Nutzen sein können? "Das kann eine Rolle spielen", schätzt Matthias Lieb, Landesvorsitzender des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland (VCD).
Interessante Details im Koalitionspapier
Interessant könnte hier ein Punkt im Koalitionspapier sein, durch den jene Bahnstrecken eingegrenzt werden, die beschleunigt geplant werden sollen. Explizit genannt wird hier das Kernnetz der Transeuropäischen Netze (TEN). Hierzu zählt auch die Frankenbahn. Dem Landesverkehrsministerium ist das allerdings zu wenig. "Aus Sicht des Landes wäre eine Beschleunigung sowie die Vereinfachung der Finanzierung für Projekte auch außerhalb des Kernnetzes wünschenswert", heißt es auf Stimme-Nachfrage. Dann wären auch Vorhaben wie die Elektrifizierung der Hohenlohebahn erfasst. Sie gehört nicht zum TEN-Netz.