Förster warnt: "Waschbär-Population ist dramatisch angewachsen"
Der niedliche Waschbär ist ein Raubtier, das sich stark vermehrt. Ein Forstrevierleiter fordert, den Bestand zu reduzieren. Auch in Hühnerställen treibt er sein Unwesen. Müssen sich Hundebesitzer sorgen?

Er sieht putzig aus mit dem gestreiften Schwanz und der schwarzen Gesichtsmaske. Das muss Alexander Fichtner zugeben. Aber dennoch ist der Vierbeiner im staatlichen Forstrevier Wildeck nicht willkommen. "Er ist bei uns nicht heimisch", sagt der Revierleiter zu dem Eindringling. Die invasive Art nehme ökologische Nischen ein, die für "Einheimische" vorgesehen seien. Und weil sich dieser Kleinbär stark vermehrt, müsse man den Bestand reduzieren, sagt Fichtner, der auch Jäger ist.
Durchschnittlicher Abschuss bei Waschbären pro Jahr
Vor zehn Jahren habe man zwar gehört, dass der Waschbär im Schwäbisch-Fränkischen Wald vorkomme. Das Revier Wildeck liegt im Gebiet des Naturparks. Seit fünf Jahren stößt jedoch auch Fichtner immer wieder auf Spuren dieser invasiven Art. "Die Population ist dramatisch angewachsen", beobachtet der Löwensteiner. Er und seine mithelfenden Jäger würden zehn bis 15 Waschbären pro Jahr im Forstrevier erlegen.
Fichtner selbst ist es noch nicht gelungen, ein Exemplar mit dem Handy festzuhalten. Seinem Kollegen Julian Graf vom kommunalen Nachbarrevier Löwenstein hingegen schon. Auf dem Foto ist ein dunkler Geselle zu erkennen, wie er an einem Baumstamm im Eichswald von Obersulm hochklettert.
Nur schlecht zu erkennen
Waschbären zu bejagen, sei nicht einfach, sind sie doch in der Dämmerung unterwegs. Und wenn sie durch grüne Verjüngungsbestände marschierten, seien sie sehr schlecht erkennbar, berichtet Fichtner. Größere Chancen auf einen Abschuss habe man bei der Schwarzwildkirrung, wenn sich der Kleinbär am Mais, der Wildschweine anlocken soll, labt.
Eine andere Nahrungsaufnahme stört Fichtner besonders. Der Waschbär ist scharf auf Gelbbauchunken, zuzelt diese gerne aus wie eine Weißwurst, weiß der Forstrevierleiter, der dann die leere Haut als Fraßrelikt entdecken muss. Dabei ist die Amphibie in ihrem Bestand gefährdet, weshalb es ein landesweites Schutzkonzept gibt.
Ein Räuber von Vogelnestern
Der Waschbär räume Nester von Singvögeln aus ebenso wie er Gelege von Ente, Fasan und Rebhuhn ausräubere, berichtet der Revierleiter. Wie der Fuchs sei der Eindringling ein Allesfresser. "Er verdrängt heimische Tierarten." So sei zum Beispiel der Bestand des Iltisses, der denselben Speiseplan hat wie der Waschbär, zurückgegangen.
An Nahrungsangebot fehlt es dem Kleinbären nicht. "In unserer Kulturlandschaft kriegt er genügend Obst, Beeren, Fisch und Krebstiere", zählt Fichtner auf. Schaden am Wald richte das Tier nicht an. Es bewohne gerne Totholzbäume. Seen gehörten zu seinem bevorzugten Lebensraum. "Da fühlt es sich wohl, da kommt er her", sagt Fichtner. Aber auch vor bewohnten Gebieten macht der Vierbeiner nicht Halt, finde er ein Loch in einem alten Haus, niste er sich ein.
Anrufe von ratlosen Privatleuten
Seit einem halben Jahr häufen sich bei Fichtner die Anfragen von ratlosen Privatleuten massiv, weil Waschbären in alten Häusern Unterschlupf finden oder wie Füchse ihr Unwesen in Hühnerställen treiben. In bewohntem Gebiet darf nicht gejagt werden, klärt Fichtner auf. "Uns sind die Hände gebunden." Deshalb verweist er Betroffene an die Wildtierbeauftragte des Landkreises. Ein anderer Tipp, Experten mit Sachkundenachweis können engagiert werden. Diese dürften Lebendfallen aufstellen.
Herrchen und Frauchen kann Fichtner beruhigen: Sie müssen keine Konfliktsituationen ihrer Hunde mit Waschbären und damit eine Ansteckungsgefahr mit Krankheiten fürchten. Das Raubtier ist nachtaktiv. Und Jagdhunde seien komplett durchgeimpft, sagt Fichtner. Träfen Jagdhund und Waschbär aufeinander, "gehe ich davon aus, dass der gute Hund gewinnt". Auch Begegnungen Waschbär - Mensch seien relativ selten. Aber Vorsicht vor zu viel Nähe. Das Tier habe ein kräftiges Gebiss. "Es ist ja ein Bär", warnt Fichtner.
Bewusst ausgesetzt Der Waschbär wurde als Pelzlieferant in den 1920/30er-Jahren aus Nordamerika nach Deutschland gebracht, ist auf der Homepage des Nabu nachzulesen. Das Tier wurde 1934 in Hessen bewusst ausgesetzt, um es hier anzusiedeln. In fast allen Bundesländern fällt der Kleinbär inzwischen unter das Jagdrecht.
Um zu verhindern, dass sich der Waschbär im eigenen Haus niederlässt, sollten mögliche Einstiege mit solidem Baumaterial verschlossen werden. Ein weiterer Tipp: Mülltonnen und Abfälle unzugänglich aufbewahren oder sichern.
Kommentare öffnen





Stimme.de
Kommentare