Erster Corona-Fall im Landkreis Heilbronn
Am Freitagabend bestätigt das Sozialministerium Baden-Württembergs den ersten Corona-Fall im Landkreis Heilbronn. Auch in den Kreisen Ludwigsburg und Rhein-Neckar sind zwei Männer nachweislich an dem Virus erkrankt.

Am Freitagabend war es dann doch noch soweit: Auch in der Region Heilbronn gibt es nun einen ersten bestätigten Corona-Fall. Das teilte das baden-württembergische Sozialministerium um kurz nach 18 Uhr mit. Damit steigt die Zahl der Patienten in Baden-Württemberg, die nachweislich am Coronavirus erkrankt sind, auf 14. Auch in den Nachbar-Landkreisen Ludwigsburg und Rhein-Neckar sind inzwischen zwei Männer nachweislich an dem Virus erkrankt.
Nach Informationen unserer Redaktion handelt es sich bei dem Betroffenen aus dem Landkreis Heilbronn um einen 32-jährigen Mann, der bei einer Mailand-Reise am Virus erkrankte. Am Donnerstag, 27. Februar, wurde der Mann in einem Labor positiv getestet. Wie die SLK-Kliniken gegenüber Stimme.de bestätigen, wird der Patient in der Klinik in Löwenstein behandelt.
In den vergangenen Tagen wurden an den SLK-Kliniken immer wieder Verdachtsfälle untersucht. Sprecher Mathias Burkhardt spricht von rund 20 Patienten seit Anfang der Woche. In Bezug auf diese Fälle betont er: „Es ist wichtig, zu unterscheiden.“ Zwischen unbegründeten und begründeten Verdachtsfällen sei zu differenzieren. Das Robert-Koch-Institut hat strenge Kriterien festgelegt, ab wann ein Verdacht als begründet einzustufen ist. Diese rund 20 Verdachtsfälle seien als unbegründet einzustufen gewesen, so Burkhardt. Der SLK-Sprecher empfiehlt generell, „nicht auf jedes Gerücht aufzuspringen“.
Telefon-Hotline wird rege genutzt
„Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst“, sagt Mathias Burkhardt weiter. Die neue Telefon-Hotline von den SLK-Kliniken mit den Gesundheitsämtern werde gut angenommen. Die Nummer lautet 07131 4933333 und ist zwischen 8 und 22 Uhr zu erreichen. „Es ist rege etwas los. Wir stellen fest, dass der Bedarf da ist“, so Burkhardt. Es lasse sich nicht pauschal sagen, was Anrufern mit grippeähnlichen Symptomen geraten werde und sei abhängig vom jeweils geschilderten Fall.
Ärzte sind teilweise genervt von der Situation. „Es interessiert doch auch niemanden, wenn sich jemand mit Influenza ansteckt“, sagt eine Heilbronner Ärztin, die ungenannt bleiben will. „Wenn es Ebola wäre, wäre ich auch etwas besorgt.“ Sie spricht von Hysterie.
Behördliche Empfehlung: Keine Einschränkung des Schulbetriebs
"Wir wissen nicht, was kommt", sagt Marco Haaf, Schulleiter des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Neckarsulm, über die Zeit nach den Faschingsferien. In einem Schreiben des Kultusministeriums Baden-Württemberg an Schulen und Kindertagesstätten wird empfohlen, den Schulbetrieb nicht einzuschränken. Allerdings, so heißt es weiter: Personen, die innerhalb der vergangenen 14 Tage in einem Risikogebiet waren, sollten unnötige Kontakte vermeiden und vorläufig zu Hause bleiben. Damit sind sowohl Schüler als auch Lehrer gemeint.
Lehrer aus dem Kollegium habe er per Mail befragt, ob sie sich in den Ferien in Risikogebieten aufhielten, so Haaf weiter - das ist nicht der Fall. "Ich halte es für wichtig, jetzt besonnen zu reagieren und von Tag zu Tag je nach Lage zu entscheiden", sagt der Schulleiter. Die Schüler würden am Montag darauf hingewiesen, auf Handhygiene zu achten. Ein Schüleraustausch mit Japan sei abgesagt worden, sagt Haaf. Die Gruppe aus Japan, neunte und zehnte Klasse, entschied sich gegen eine Reise nach Deutschland.
In Gottesdienst soll auf Friedensgruß verzichtet werden
Auch die Kirchen reagieren auf die erhöhte Infektionsgefahr. So müssen sich Katholiken nicht nur auf leere Weihwasserkessel einstellen. "Bis auf Weiteres", so teilte etwa Pfarrer Dieter Zimmer am Donnerstag dem Kirchengemeinderat Duttenberg mit, soll in Gottesdiensten auf das Händereichen als Friedensgruß verzichtet werden.
Zimmer stützt sich dabei auf Ratschläge der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Da auch der Kommunionsempfang durch den Mund Gefahren berge, empfiehlt die Diözese die Hostie per Handkommunion auszuteilen. Auf die Kelchkommunion, also auf einen kleinen Schluck Wein oder Traubensaft aus einem gemeinsamen Kelch, sollte verzichtet werden.
Die Evangelische Landeskirche rät, das Abendmahl vermehrt mit Einzelkelchen zu feiern. "Es kann auch ermutigt werden, nur das Brot zu nehmen oder im Gebet mitzufeiern. Denn für die lutherische Theologie wird die Gnade immer ganz empfangen", heißt es in dem Schreiben, das jetzt als Mail an die Gemeinden verschickt wird.
Betroffene Arbeitnehmer haben weiter Anspruch auf Lohn
Im Zusammenhang mit Coronavirus-Infektionen werden sich unter Umständen arbeitsrechtliche Fragen stellen. Für Tilo Neuner-Jehle, Fachanwalt in Stuttgart, ist klar: Wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit ist, sei der Arbeitgeber verpflichtet, auch weiter Lohn zu zahlen - selbst wenn aufgrund von Infektionen ein Betrieb vorübergehend geschlossen würde.
"Die Arbeitszeiten müssen im Regelfall nicht nachgearbeitet werden", sagt Neuner-Jehle. Auch wenn möglicherweise Kindergärten oder Schulen geschlossen werden und der Arbeitnehmer zur Kinderbetreuung zu Hause bleiben muss, habe der Arbeitgeber das Gehalt für den Arbeitnehmer zu bezahlen, "wenn dieser nachweisen kann, dass keine anderweitige Betreuung möglich ist".
Mitarbeiter des Landes Baden-Württemberg, die sich in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet aufgehalten oder Kontakt zu einem infizierten Patienten gehabt haben, werden laut Kultusministerium zunächst freigestellt. Sollten Bedenken gegen eine Wiederaufnahme des Dienstes bestehen, bleibe es zunächst bei der Freistellung. Die Betroffenen bekämen weiter ihr Gehalt.