Hausärzte schlecht über Umgang mit Corona-Verdachtsfällen informiert?
Sie sollen für mögliche Patienten erste Adresse sein, doch Hausärzte haben keine Tests und beklagen fehlende Handlungsanweisungen.

Die Arztpraxen sind voll. Nicht wegen des Coronavirus, sondern wegen der Grippe. Außerdem ist Ferienzeit und viele Hausärzte vertreten Kollegen, die Urlaub machen. Die Stimmung ist angespannt. Obwohl das Virus seit Wochen näher und näher rückt, fühlen sich einige Ärzte auch an diesem Freitag noch schlecht informiert.
"Wir müssen uns alles selbst zusammensuchen", sagt die Sprechstundenhilfe einer Praxis im Zabergäu. "Keine Rund-Mail, kein Fax von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV)", schimpft Hausärztin Natalie Jansen in Heilbronn. Normalerweise gebe es zu jeder Kleinigkeit eine Information der KV, zu Corona - nichts. Außer allgemeine Informationen zum neuartigen Krankheitserreger, die das Robert-Koch-Institut (RKI) herausgibt.
"Das sind die Experten, wir sollten uns an ihnen orientieren", sagt Svantje Middelhoff, KV-Sprecherin in Baden-Württemberg. Das Merkblatt "Mit Verdachtsfällen umgehen: Coronavirus hat Baden-Württemberg erreicht" versendet die KV erst an diesem Freitag per E-Mail an Arztpraxen im Land. Aber nur an jene, deren Adresse hinterlegt ist.
Das Schreiben enthält konkrete Empfehlungen, wie beim Verdacht auf eine Infektion vorzugehen ist. Der Patient soll bis zur Einweisung in ein Krankenhaus in einem separaten Raum getrennt von anderen untergebracht werden. Wer in der Praxis unmittelbar Kontakt zum Patienten hat, soll Schutzkittel, Schutzbrille, Einweghandschuhe und einen Atemschutz tragen. Die Ärzte sollen außerdem Rücksprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt halten.
Zwei negative Tests in Öhringen
Im Hohenloher Krankenhaus in Öhringen haben sich bisher zwei Menschen auf Corona testen lassen. "Beide Ergebnisse waren negativ", sagt Pressesprecherin Ute Emig-Lange. Ein Problem: In Öhringen wie auch in anderen Kliniken tauchten Menschen ohne Anmeldung in den Notaufnahmen oder am Empfangstresen auf, weil sie befürchteten, das Coronavirus in sich zu tragen.
Um die zehn Personen seien es etwa im Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim gewesen. Es handele sich um Fälle, bei denen Firmen ihre Rückkehrer aus Risikogebieten zum Test schickten. "Unser dringender Wunsch ist, dass sich jeder zunächst telefonisch an seinen Hausarzt wendet", sagt Emig-Lange. "Nicht hingehen, sondern anrufen."
Krankenwagen rufen
Was tun, wenn ein potenzieller Corona-Patient in der Praxis steht? "Ich habe mich über die Presse informiert", sagt Hausarzt Manfred Klimm in Gemmingen. Dazu habe er einige Informationen per E-Mail erhalten. Sollte ein Corona-Verdacht bestehen, wird Klimm einen Krankenwagen rufen. Er fühlt sich durch das Sinsheimer Krankenhaus ausreichend informiert.
"Die Leute stehen vor der Tür und verlangen einen Schnelltest", sagt eine Ärztin aus dem Landkreis Heilbronn, die ihren Namen nicht in der Zeitung öffentlich machen möchte. Die Hausärzte hätten aber gar keine genauso wenig die medizinischen Labore in der Region. Von der KV fühlt sich die Ärztin nicht gut unterrichtet. Die Infos seien zu spärlich und zu wenig konkret.
Kritik übt sie außerdem an der Vorgehensweise der Politik. Es würden weder die Grenzen dicht gemacht noch gebe es Reisewarnungen. Die getroffenen Maßnahmen hinkten der Entwicklung hinterher.