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Schlag gegen Telefonbetrüger-Bande: Spur führt auch in die Region Heilbronn

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Sie sollen ihre Opfer mit Schockanrufen um deren Vermögen gebracht haben. Jetzt gelang Ermittlern ein Schlag gegen eine Bande. Wie groß das Netz der Betrüger ist und welche perfiden Masche sie auch in Heilbronn nutzten.

Besser auflegen als in ein Gespräch verwickeln lassen: Opfer von Schockanrufern sollten sich nicht unter Druck setzen lassen.
Besser auflegen als in ein Gespräch verwickeln lassen: Opfer von Schockanrufern sollten sich nicht unter Druck setzen lassen.  Foto: Sebastian Gollnow/dpa/dpa-tmn

Die Täter gingen bei ihren Schockanrufen professionell und arbeitsteilig vor, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Staatsanwaltschaft Karlsruhe und dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Demnach gaben sich die Tatverdächtigen als Staatsanwälte oder Polizeibeamte aus.

Sie täuschten vorwiegend ältere Menschen im gesamten Bundesgebiet mit der Legende, dass ein naher Angehöriger einen schweren Unfall verursacht habe, bei dem andere Personen schwer verletzt oder getötet worden seien. Um eine Inhaftierung der Angehörigen abzuwenden, müssten die Angerufenen nun einen größeren Geldbetrag als vermeintliche Kaution an einen Kurier übergeben. Diese bekannte Masche verfängt immer wieder. 

Vorkommnisse in Heilbronn und Weinsberg im Sommer 2022

Nach Angaben eines Sprechers der Pforzheimer Staatsanwaltschaft, welche die Federführung innehatte, traten die Beschuldigten unter anderem am 3. August 2022 in Heilbronn und in Weinsberg in Erscheinung. „Diese beiden Fälle sind Gegenstand des Tatkomplexes“, sagte der Sprecher. Die Vorkommnisse gehörten mit zu den Auslösern der umfangreichen Ermittlungen über Ländergrenzen hinaus. Derartige Ermittlungen seien ein „Riesenaufwand“. Die Hintermänner befänden sich häufig im Ausland und dazu noch in verschiedenen Ländern.

 


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In Weinsberg sollen „falsche Polizisten“ eine Frau dazu gebracht haben, ihnen Bargeld und Goldschmuck im Wert von etwa 45.000 Euro zu geben. Eine mutmaßliche Täterin gab am Telefon vor, sie sei die Tochter der Angerufenen und habe einen tödlichen Unfall gebaut. Eine weitere Frau stellte sich am Telefon als Bundespolizistin vor. Sie behauptete, zur Freilassung der Tochter sei eine Kaution zu bezahlen. 

Am gleichen Tag nahm die Kriminalpolizei in Heilbronn einen 28-Jährigen fest. Zuvor war ein 88-Jähriger von Betrügern angerufen worden. Der Senior durchschaute deren perfides Spiel. Er informierte die echte Polizei. Der 88-Jährige folgte den Anweisungen der Betrüger zum Schein. Gemeinsam mit Beamten des Heilbronner Präsidiums stellte er ihnen eine Falle.

Durchsuchungen in zahlreichen Städten

Polizeikräfte durchsuchten am Donnerstag, 15. Juni, in einer großangelegten Aktion insgesamt sechs Gebäude in Frankfurt am Main, in den nordrhein-westfälischen Städten Neuss, Kaarst und Haan sowie in Großbritannien. Im Großraum London befand sich nach Angaben der Ermittler das mutmaßliche Hauptquartier der Bande. Von dort aus seien die Anrufe getätigt und die Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppierungsmitglieder koordiniert worden.

Der mutmaßliche Kopf der Betrügerbande soll ein 41-jähriger Mann aus Polen sein. Er wurde in Großbritannien festgenommen. Neben einem Haftbefehl des Amtsgerichts Pforzheim lag gegen ihn bereits ein von der polnischen Justiz erlassener Haftbefehl wegen 123 weiteren, gleichartigen Taten vor.

 



Bargeld, Goldbarren und Schmuck sichergestellt

Bei den Durchsuchungen stellte die Polizei umfangreiche Beweismittel sicher: unter anderem Bargeld im Wert von über 160.000 Euro, Goldbarren, Goldmünzen und Schmuckstücke sowie Datenträger und Schriftstücke. Weiter wurden mehrere Mobiltelefone beschlagnahmt, die mutmaßlich für die betrügerischen Anrufe verwendet wurden. Diese werden noch weiter ausgewertet.

Nach bisherigem Ermittlungsstand sind der Gruppierung mindestens 122 Fälle im gesamten Bundesgebiet, beginnend ab Sommer 2022, zuzurechnen. Der bis dato bekannte Gesamtschaden beläuft sich auf rund fünf Millionen Euro. Durch umfangreiche operative Maßnahmen, beispielsweise Festnahmen der Abholer bei den Geldübergaben, wurden Wertsachen und Bargeld im Wert von mehr als 1,4 Millionen Euro sichergestellt und an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Darunter hätten sich allerdings nicht die Geschädigten aus Heilbronn und Weinsberg befunden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. 


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21-jährige Polin gehört zum Kopf der Bande

In den vergangenen Monaten wurden deutschlandweit mehr als 70 Menschen festgenommen, heißt es in der Pressemitteilung. Diese hatten verschiedene Funktionen innerhalb der Bande übernommen. Zuletzt wurde auf Veranlassung der Pforzheimer Staatsanwaltschaft eine 21-jährige polnische Staatsangehörige, die dem Führungskreis der Gruppe zugerechnet wird, am 24. Juni am Flughafen in Barcelona festgenommen.

Der Großteil der mutmaßlichen Bandenmitglieder wurde durch die Köpfe der Gruppierung über ein Online-Portal in Polen angeworben und fungierte nach jetzigem Stand der Ermittlungen als Abholer. Deren Hauptaufgabe lag in der Entgegennahme und dem Weitertransport der von den Geschädigten ausgehändigten Wertsachen. Ein anderer Teil der Täterschaft waren Anrufer, sogenannte Keiler, und kontaktierte bundesweit gezielt Seniorinnen und Senioren, um sie zur Herausgabe von Bargeld und Wertgegenständen zu bewegen.

Zahlreiche Stellen beteiligt

An diesem Ermittlungsverfahren waren zahlreiche Polizeipräsidien beteiligt, darunter Heilbronn, Aalen, Konstanz, Ludwigsburg, Ravensburg und Stuttgart. Außerdem unterstützten die polnischen, französischen, niederländischen, tschechischen, schweizerischen, spanischen und britischen Strafverfolgungsbehörden die Ermittlungen sowie Europol und Eurojust. 

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