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Nicht nur das Aquatoll: Drei Bäder in der Region stecken im großen Umbruch

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Die Stadt Neckarsulm sorgt mit dem bevorstehendem Aquatoll-Ende für Aufsehen. Zwei andere Kommunen gehen andere Wege.

Der Aufschrei in der Region ist groß: In Neckarsulm ist es absehbar, dass der Gemeinderat Ende April das Aus für das Aquatoll beschließt. Kommt das Votum wie erwartet, ist schon wenige Wochen später Schluss. Die Einrichtung muss saniert werden, vor allem die Technik ist überaltert. Außerdem sollte das Bad attraktiver werden, im Inneren sollte es leiser werden. Allerdings sind Stadträten sowie Oberbürgermeister Steffen Hertwig die Investition sowie die jährlichen Folgekosten zu hoch.

Geplant ist, als Ersatz für Spaßbad und Saunalandschaft zumindest ein kleines Bad zu errichten. Wo, wie groß, wann? Das ist offen. Auch eine Sauna könnte es weiterhin geben, nur müsste aus Sicht der Stadt ein privater Betreiber die Verantwortung dafür übernehmen. Neckarsulm ist mit seinem Schritt nicht allein: Auch Bad Rappenau will sein Rappsodie abreißen und neu bauen. In Niedernhall allerdings ist der Neubau vom Tisch. Die Stadt saniert und bekommt dabei Zuschüsse vom Bund und Unterstützung von Unternehmer Reinhold Würth.

Aquatoll-Ende: So reagieren Architekturbüro und ehemalige Mitarbeiterin

Die Sinsheimer Badewelt hält an Plänen fest, den Wellnessbereich zu erweitern und mit Rutschen ein neues, jüngeres Publikum anzusprechen. Dagegen steht das erste Spaßbad in der Region vor dem Aus. Wildwasserbahn und Röhrenrutsche werden der Vergangenheit angehören, die Glaskuppel sowie das Solebecken verschwinden. Nach der Berichterstattung über das absehbare Votum in Neckarsulm ist das Entsetzen groß, sogar eine ehemalige Mitarbeiterin äußert sich. "Es wäre ein Frevel, diese schöne Einrichtung abzureißen und Neckarsulm dieser Attraktivität zu berauben", schreibt sie an unsere Redaktion.

 


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Auch aus Reihen des fürs Aquatoll einst zuständigen Architekturbüros heißt es: "Es wäre nicht in unserem Sinne, wenn das Aquatoll abgerissen wird, da doch einige Weltneuheiten in dem Bad integriert sind." Dazu gehörten die Kuppel "als sehr prägendes Element" sowie die Wildwasserrutsche als Neuerung. Viele Menschen, die mit Ausflügen in die Einrichtung groß geworden sind, können die im April bevorstehende Entscheidung nur schwer nachvollziehen. Neckarsulm ist die große Wirtschaftskraft im Landkreis, Unternehmen wie Audi, Bechtle und die Schwarz-Gruppe sitzen dort. Eine Lösung wie in Niedernhall mit einem reichen Mäzen, der einspringt? Das erwartet mancher Kommentator in sozialen Netzwerken. Die Stadtverwaltung um Oberbürgermeister Steffen Hertwig hat sich nach eigenen Angaben unter Firmen umgehört - ohne Erfolg.

Die Stadt Neckarsulm greift aufs Ersparte zurück

Das bedeutet, dass die Stadt allein für eine Sanierung aufkommen müsste, die sich derzeitigen Berechnungen zufolge auf 37,5 Millionen Euro beliefe. Noch vor einigen Monaten standen 23 Millionen Euro im Raum. Die Kostensteigerungen beim Bau aber auch zusätzliche Maßnahmen in der Technik führen zu dieser drastischen Erhöhung. Die Stadt ist zwar finanziell gut aufgestellt, allerdings sinkt in den kommenden Jahren das Angesparte deutlich. Die Stadt investiert in eine neue Schule samt Sporthalle für 46 Millionen Euro, Kita-Plätze müssen gebaut werden, und die Kultur- und Sporthalle Ballei steht vor einer Sanierung. Lagen laut aktuellem Haushaltsplan Ende 2021 noch 116 Millionen Euro auf der hohen Kante der Stadt, sind es Ende 2025 nur noch knapp 43 Millionen Euro.


Einen Zuschuss für die Aquatoll-Sanierung hätte es nicht gegeben. Laut Oberbürgermeister Steffen Hertwig hat sich die Stadt nach Zuschüssen umgehört - ohne Erfolg. Neckarsulm sei kein Heilbad wie Bad Rappenau. Für die dortigen Investitionen erwartet er eine Finanzspritze.

Dem Gemeinderat liegen drei Möglichkeiten vor

Dem Neckarsulmer Gemeinderat liegen fürs Aquatoll drei Vorschläge vor: Neben der großen Lösung mit der Sanierung gibt es zwei Varianten ohne Aquatoll. Ein Weg sieht vor, neben dem Aquatoll-Sportbad und dem Freibad im Stadtteil Obereisesheim auf Lehrschwimmbecken zu setzen. Die andere Variante, für die sich Stadträte stark machen, sieht ein zusätzliches Bad beim Sportbad vor (bis zu 18 Millionen Euro plus Abriss für 2,4 Millionen Euro). Sollte es dazu kommen, steht eine neue Zielgruppe im Fokus: Diese Einrichtung soll sich vor allem an Neckarsulmern orientieren.

Das tut sich in Bad Rappenau

In Bad Rappenau hat man sich zwar auch für einen Abriss entschieden, will aber an selber Stelle ein neues Bad bauen. Mindestens 34,2 Millionen Euro soll das neue Rappsodie kosten. Für diese Summe bekommen die Kurstädter dann ein Drei-Sparten-Bad mit einem Bereich für Schwimmer und Kleinkinder, Sole und Wellness sowie der bereits bestehenden Saunalandschaft, die erhalten werden soll. Eine Sanierung würde sich nicht lohnen.

 


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Dass Bad Rappenau an dem Bad festhält, festhalten muss, stand von vornherein fest. "Wir sind eine Bäderstadt und würden sonst diesen Titel verlieren", sagt Oberbürgermeister Sebastian Frei. Für den Neubau waren zwischenzeitlich auch andere Standorte im Gespräch. Die fanden im Gemeinderat allerdings keine ausreichende Zustimmung. Um das neue Rappsodie in den geplanten Ausmaßen realisieren zu können, wird das seit fast zwei Jahren verwaiste Therapiezentrum in direkten Nachbarschaft ebenfalls abgerissen. Als nächsten Schritt plant die Stadtverwaltung die Einsetzung eines Projektleiters. Bis zum Abriss vergeht also noch viel Zeit.

Rappsodie-Betriebsleiter Timo Künzel geht davon aus, dass er und sein Team noch mindestens zweieinhalb Jahre Gäste begrüßen. Und auch während Abriss und Neubau soll die Saunalandschaft genauso geöffnet bleiben wie das von Mai bis September geöffnete Freibad.

Niedernhall saniert, weil es dafür Zuschüsse gibt

In Niedernhall hat man sich gegen einen Neubau des in die Jahre gekommenen Solebads entschieden. Ausschlag gab das Bundesprogramm "Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur". Wie exakt das Programm auf das Niedernhaller Vorhaben passe, hatte Bürgermeister Achim Beck 2018, als dieses vom Bund aufgelegt wurde, kaum fassen können. Allerdings: Das Innenministerium hatte betont, dass Neubauten eine geringere Aussicht auf Zuschüsse hätten, denn die seien laut Programmbeschreibung "nur in Ausnahmefällen förderfähig". Da in Niedernhall sowohl Sanierung als auch Neubau geprüft worden waren, entschied man sich für Ersteres.

 


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Zwar hat es vier Anläufe und viel Hartnäckigkeit gebraucht, um dann berücksichtigt zu werden, doch im Mai 2021 kam die erlösende Botschaft aus Berlin: Die Sanierung wird mit 2,5 Millionen Euro bezuschusst. Zusammen mit der Spendenzusage des Niedernhaller Bürgers und Unternehmers Reinhold Würth von 1,5 Millionen Euro sah die Stadt sich in der Lage, das Projekt zu stemmen. Auch ein 2018 zum Erhalt des Bades gegründeter Förderverein sammelt fleißig Spenden, um die Sanierung zu realisieren. Neben der energetischen Sanierung des Solebads steht eine technische Neuausstattung und Umrüstung an, aber auch kosmetische Arbeiten sind vorgesehen. Die Gesamtkosten lagen zuletzt bei geschätzten 8,6 Millionen Euro. Die aktuellen Preissteigerungen in der Baubranche sind hier noch nicht berücksichtigt. Die Sanierung ist für den Zeitraum März 2024 bis Oktober 2025 vorgesehen.

 

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Kommentare

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Heiko Schulz am 10.03.2022 19:38 Uhr

Die Stadt wollte für 59 Millionen den B27 Anschluss bauen. Dieses Vorhaben wurde fallen gelassen. Somit sollten doch jetzt diese 59 Millionen frei sein?

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Björn Thieme am 05.03.2022 00:44 Uhr

Im Raum Neckarsulm - Heilbronn gibt es neben vielen Multimillionären auch mehrere sehr große Firmen mit satten Gewinnen! Finden sich da wirklich nicht paar davon, die der Stadt und auch ihren Mitarbeitern etwas Gutes fördern würden 🤔🤔

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