Vor Aquatoll-Abriss: Stadt Neckarsulm betont, Bad stets gewartet zu haben
Im April beschließt der Gemeinderat Neckarsulm vermutlich das Aus des Aquatoll-Familienbads und der Sauna. Oberbürgermeister Steffen Hertwig und Aquatoll-Betriebsleiter Lars Nielsen erklären, warum die Kosten für eine Sanierung so hoch wären.

Das Aquatoll steht vor dem Aus. Es ist abzusehen, dass sich der Gemeinderat Ende April dafür ausspricht, die Einrichtung zu schließen. Ob die Stadt falsch in den Bestand investiert hat, erklären Oberbürgermeister Steffen Hertwig und Aquatoll-Betriebsleiter Lars Nielsen.
37 Millionen Euro könnte die Sanierung des Aquatolls kosten. Die Steigerung gegenüber den zuletzt kommunizierten 23 Millionen Euro geht unter anderem auf zusätzliche Arbeiten in der Technik zurück. Hat die Stadt bei laufenden Investitionen den falschen Schwerpunkt gesetzt?
Steffen Hertwig: Ich verstehe die Diskussion, das Bad sieht von außen betrachtet ja sehr gut aus. Man kann das Aquatoll mit einem Familien-Van vergleichen, der jetzt 400.000 Kilometer auf dem Buckel hat. Es wurden regelmäßig Reifen und Bremsen gewechselt, vielleicht auch mal die Kupplung. Aber jetzt sind Motor und Getriebe kaputt. Die Familie steht also vor der Frage: Investieren wir weiter in Ersatzteile, haben aber immer noch denselben alten Wagen, oder verabschieden wir uns davon? Das Aquatoll hat viele Jahre gute Dienste geleistet. Und wir haben es geschafft, das in die Jahre gekommene Bad am Laufen zu halten. Jetzt ist aber eine grundlegende Sanierung erforderlich, die viel tiefgreifender ist als ursprünglich erwartet. Das ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Betriebs auch unter extremen Bedingungen
Was meinen Sie damit?
Hertwig: Solewasser zum Beispiel setzt der Substanz zu. Wir haben die Wartung nicht vernachlässigt. Es geht darum, dass es mit einer kleinen Sanierung, etwas Farbe und neuen Fenstern nicht mehr getan ist. Unseren ständigen Investitionswillen sieht man daran, dass wir erst vor wenigen Jahren eine Weinsauna gebaut haben.
Wie sieht die aktuelle Situation aus?

Lars Nielsen: Zieht man die Nebenkosten ab, so beläuft sich die reine Bausumme für die Komplettsanierung auf 30 Millionen Euro. Hier ist zu unterscheiden zwischen baulich-technischer Sanierung und Attraktivierung. Während der Corona-Schließzeit ohne Besucher konnten wir den Bestand intensiver analysieren. Abgesehen vom Solebereich sieht der Beton sehr gut aus, aber der Estrich muss raus. Das bedeutet, dass wir die komplette Technik im Keller ausbauen müssten, um vernünftig sanieren zu können. Dazu gehören Lüftung und Rohrleitungen. Filter, Brandschutz und Pumpen kommen hinzu. Die Bereiche sind miteinander verzahnt.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Nielsen: Nehmen Sie etwa die Kabeltrassen. Da liegen Kabel für Lüftung und Badewassertechnik übereinander. Jeder Eingriff wirkt sich sofort aus. Eine etappenweise Sanierung im laufenden Betrieb wäre deshalb nicht möglich.
War es ein Fehler, mit einem Schul- und Sporthallenneubau 46 Millionen Euro zu binden, ohne die Kosten für weitere Großprojekte zu haben?
Hertwig: Nein, Bildungspolitik hat für uns oberste Priorität. 2016 hat ein Gutachten ergeben, dass wir in die Schulen 30 Millionen Euro investieren müssten. Wir wollten nicht in einzelne Standorte Geld stecken, die womöglich auslaufen. Die Verbundschule ist ein flexibles Modell, mit dem wir auf Veränderungen in der Landesschulpolitik am besten reagieren können.