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Die neusten Entwicklungen in Sachen Impfungen

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Die EU hat den Liefervertrag mit Astrazeneca gekündigt. Was das für mögliche Zweitimpfungen mit dem Präparat bedeutet und viele andere Fragen, beantworten wir im Überblick.

Foto: dpa
Foto: dpa  Foto: Jörg Carstensen

Die EU-Kommission verzichtet vorläufig auf eine Verlängerung des Liefervertrags mit dem Impfstoff-Hersteller Astrazeneca über den Juni hinaus. Diese und weitere Entwicklungen zum Thema Impfen sind hier zusammengefasst.

 

Was ist der Grund für diesen Schritt?

Der erste Grund: Beim Vakzin von Astrazeneca (AZ) hatte es in den vergangenen Monaten massive Lieferverzögerungen gegeben. Mit Verweis auf Produktionsprobleme hatte der britisch-schwedische Konzern im ersten Quartal 30 Millionen statt der vereinbarten 120 Millionen Impfdosen an die EU geliefert, während die Lieferungen für Großbritannien offenbar nicht eingeschränkt wurden. Die EU wirft AZ Vertragsverletzung vor und geht gerichtlich gegen das Unternehmen vor.

Der zweite Grund: Das Vakzin ist wegen einer extrem seltenen Nebenwirkung in die Schlagzeilen geraten. Das hat das Vertrauen in den Impfstoff erschüttert. Auch viele in der Altersgruppe der über 60-Jährigen, für die die Impfung empfohlen und sicher ist, wollen sich nicht mit Astrazeneca impfen lassen. Deshalb ist die Priorisierung für das AZ-Vakzin seit 6. Mai aufgehoben. Der Schwaigerner Arzt Ulrich Enzel, der sich bundesweit in Sachen Impfaufklärung engagiert, sagt: "Der Impfstoff ist ab 18 Jahren zugelassen, so dass sich nun alle Personen jenseits dieser Altersgrenze mit Astrazeneca impfen lassen können – und so rasch als möglich impfen lassen sollten. Gesundheitsgefahren durch eine Covid-19-Infektion sind um Dimensionen wahrscheinlicher als die extrem seltenen Komplikationen nach einer Impfung."


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Was ist mit Menschen, die einmal mit Astrazeneca geimpft sind?

Die medizinische Empfehlung lautet: Zwischen Erst- und Zweitimpfung sollten zwölf Wochen verstreichen. Seit die Priorisierung bundesweit aufgehoben ist, kann man die zweite Dosis – in Absprache mit seinem Arzt – schon nach vier Wochen bekommen. Mediziner raten jedoch klar von einer frühen Boosterimpfung ab. Der Grund: Die Schutzwirkung vermindert sich bei kürzerem Abstand. Sie betrug laut mehrerer Studien bei Gabe der zweiten Dosis nach zwölf oder mehr Wochen etwa 81 Prozent. War der Abstand kürzer als sechs Wochen, sank die Wirkung auf etwa 55 Prozent.


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Das heißt, für Menschen, die sich jetzt mit Astrazeneca impfen lassen, könnte in zwölf Wochen gar kein weiterer Impfstoff für die Zweitimpfung zur Verfügung stehen?

Das ist noch nicht absehbar. Auch wenn die Verträge auslaufen, soll AZ seine Lieferverpflichtungen gegenüber der EU in vollem Umfang erfüllen. Es könnte also sein, dass auch nach Juni noch Impfstoff ankommt, dessen Auslieferung sich verzögert hat. Für Menschen unter 60 Jahre, die zur frühen Gruppe der AZ-Impflinge gehörten (zum Beispiel Personal in Krankenhäusern) gilt ohnehin die Empfehlung, sich bei der Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff impfen zu lassen – zugelassen sind in der EU die Vakzine der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna. Es gibt bisher keine abgeschlossenen Studien zur Kombination verschiedener Corona-Impfstoffe. Experten wie die Infektiologin Marylyn Addo vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf halten dieses Verfahren jedoch für sinnvoll. Enzel sagt, nach ersten Untersuchungen könne "von einer wahrscheinlich vergleichbaren Effizienz, vielleicht sogar von einer stärkeren ausgegangen werden".

 

Wie ist der Stand im Bezug auf andere zugelassene Impfstoffe?

Der Impfstoff des Herstellers Johnson & Johnson wird in Deutschland ebenfalls bei Menschen ab 60 Jahre eingesetzt. Wie bei dem Vakzin von Astrazeneca sind sehr seltene Fälle von Thrombosen als Nebenwirkungen der Grund für die Einschränkung für Jüngere. Nach ärztlicher Aufklärung können sich aber auch Jüngere dafür entscheiden, wie die Gesundheitsminister von Bund und Ländern jetzt beschlossen haben – die Priorisierung wird in Arztpraxen und bei Betriebsärzten aufgehoben.

Ein weiteres Problem mit dem Impfstoff: Nach den ersten Lieferungen werden erst bis Ende Juli weitere zehn Millionen Dosen erwartet. Bis dahin dürfte aber schon ein großer Teil der über 60-Jährigen geimpft sein. Johnson&Johnson stellt den bisher einzigen Impfstoff mit EU-Zulassung her, bei dem eine Spritze reicht. Deshalb ist er in vielen Kommunen für Menschen vorgesehen, bei denen ein zweiter Termin schlecht planbar ist – etwa Menschen ohne festen Wohnsitz.

 

Wann können Eltern damit rechnen, dass Impfstoff für Kinder und Jugendliche zur Verfügung steht?

Bis zum Ende der Sommerferien könnte den 12- bis 18-Jährigen in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag im "Deutschlandfunk". Spahn geht davon aus, dass eine Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA ab Ende Mai erfolgen könnte. Die USA waren auch diesbezüglich schneller. Die Arzneimittelbehörde FDA hat den Biontech-Impfstoff am Montag auch für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren zugelassen.

Die bereits bestehende Notfallzulassung zur Verabreichung ab 16 Jahren sei entsprechend angepasst und erweitert worden, teilte die FDA mit. Vor den USA hatten schon Kanada und andere Länder das Vakzin für 12- bis 15-Jährige freigegeben. In der EU darf es bislang nur Menschen ab 16 Jahren gespritzt werden. Enzel sagt: "Auch für die Altersgruppe ab sechs Monaten laufen Zulassungsstudien. Vor dem späten Herbst sollten Eltern aber nicht mit einer Impf-Möglichkeit auch für die Jüngsten rechnen."

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