Erst Dürre, jetzt Dauerregen: Das sind die Gefahren für Weizen, Obst und Co.
Endlich Regen, dachten sich Bauern vor einigen Tagen. Doch für manche Pflanzenarten könnten die anhaltenden Niederschläge nun zum Problem werden.

Wochenlang warteten die Bauern auf den erlösenden Niederschlag, jetzt richten sich eher sorgenvolle Blicke in den regenschwangeren Himmel. Seit inzwischen mehr als zehn Tagen folgt Niederschlag auf Niederschlag. Darüber gibt es in der Landwirtschaft nicht nur Freudensprünge. Der Deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied klagte jüngst, die Landwirte bräuchten jetzt eher trockenes Dreschwetter statt Landregen.
Im Landkreis Heilbronn hatten die Getreideanbauer meist Glück. Bis zum Einsetzen der Regenperiode – im Landkreis Heilbronn ging es am 24. Juli und in Hohenlohe am 25 Juli los – hatten die Betriebe laut dem Vorsitzenden des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg, Stefan Kerner, etwa 90 Prozent des Getreides im Silo. In Hohenlohe sieht es nicht ganz so rosig aus. Dort standen bis zum Regenbeginn noch die Hälfte des Weizens und 20 Prozent des Rapses, wie der Pressesprecher des Kreisbauerverbands David Benzin mitteilt.
Was mit dem Getreide passiert, das nicht rechtzeitig vor dem Regen geerntet wird
Die Betriebe, die es nicht geschafft hatten, das Getreide noch im trockenen Zustand einzufahren, müssen möglicherweise mit Qualitätseinbußen rechnen, so Kerner. Oft schaffe es Brotweizen dann nur noch in den Futtertrog.
Für den Wein sei der derzeitige Regen "ein Segen", freut sich der Präsident des Württembergischen Weinbauverbands Hermann Hohl: "Die Trauben füllen sich." Bis zum Herbst müsse es aber wieder trockener werden. "Kurz vor der Ernte ab Mitte September wäre Regen schlecht wegen der Fäulnisbildung." Ansonsten handele es sich bei dem aktuellen Wettergeschehen um einen "Landregen, wie man ihn sich wünscht", so der Weinbaupräsident.
Welche Probleme durch Dauerregen beim Gemüse drohen
Im Gemüseanbau freut man sich, auf Bewässerung derzeit verzichten zu können. Wie Julia Böhringer vom Gartenbaulichen Beratungsdienst für integrierten Gemüsebau Heilbronn mitteilt, würde beispielsweise der Kopfkohl vom Regen profitieren. Bei Gemüsesorten, die ohne Rücksicht auf das Wetter täglich vom Acker geholt werden müssen, wie Kopfsalat und Zucchini, sei der Dauerregen dagegen problematisch. Die Betriebe müssen in diesem Fall Verdichtung und Strukturschäden im Boden in Kauf nehmen.
Dauerregen sei auch bei der Neupflanzung ein Problem. Im Gemüsebau könne es bei allzu regnerischem Wetter auch zu Pilzbefall und Bakteriosedruck kommen, so die Anbauberaterin. "Am besten wäre ein steter Wechsel von Regen und Sonne."
Welche Feldfrucht profitiert vom Dauerregen?
Gibt es eine Feldfrucht, die als Gewinner vom Acker geht? "Bei der Zuckerrübe sehe ich momentan das größte Potenzial", meint Stefan Kerner von Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg. Veit Nübel, Anbauexperte bei Südzucker, freut sich über den Regen: "Toll, weil es der Rübe den richtigen Schub gibt." Er sei "sehr hoffnungsvoll", dass die Landwirte noch eine durchschnittliche Ernte hinbekommen. Damit habe man angesichts des zu trockenen Frühsommers nicht rechnen können.
In dieser Woche fand die erste Proberodung statt. Wie Nübel berichtet, liege der Ertrag deutlich über dem Ergebnis des ersten Tests im Vorjahr, aber nur leicht über dem fünfjährigen Mittelwert. Die insgesamt sechs Proberodungen finden 14-tägig statt.
Platzen und faulen: Welche Obstsorten betroffen sind:
Für Apfel und Birne sei der Dauerregen unproblematisch, weiß Dr. Franz Ruess, Abteilungsleiter der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO). Die Früchte bekämen endlich die nötige Feuchtigkeit und auch das Fruchtwachstum.
Anders sehe es bei Weichobst aus. "Die meisten Beeren oder Steinobst sollten jetzt unter Dach stehen, sonst fangen sie an zu faulen", so der Wissenschaftler. Dies gelte allerdings nur noch "für ein paar Zwetschgensorten", die noch an Gehölzen hängen. "Die könnten jetzt platzen und dann faulen."
Wie sich die Anbauflächen für Obst verändert haben
Während die Obstanbaufläche in Stadt- und Landkreis Heilbronn in den vergangenen 20 Jahren um knapp 90 Hektar zurückgegangen ist, hat sie im Landkreis Hohenlohe um mehr als 100 Hektar zugelegt. In Heilbronn und Umkreis wird Obst auf einer Fläche von mehr als 1000 Hektar angebaut, in Hohenlohe liegt der Wert bei 800 Hektar. Nach Zahlen des Statistischen Landesamts gibt es im Hohenlohischen nun etwa gleich viel Rebland wie Obstanbauflächen. In Heilbronn und Umkreis beträgt das Verhältnis von Rebland zu Obstanbau etwa fünf zu eins zugunsten des Weins.