Das Gastro-Sterben in der Region hat bereits begonnen
Der anhaltende Personalmangel verschärft die Lage im Gastgewerbe in der Nach-Corona-Phase zusätzlich. Manch ein Gastronom fragt sich, was Studenten heute arbeiten.

In den Gastronomiebetrieben der Region ist der Personalmangel längst bittere Realität. Erste Gaststätten haben bereits ihre Öffnungszeiten eingeschränkt, weil sie keine Mitarbeiter finden. Vor allem Studenten, die noch vor wenigen Jahren einen Großteil der Beschäftigten stellten, sind kaum noch bereit zu kellnern. "Wir waren einmal Hauptarbeitgeber der Studierenden", sagt Thomas Aurich, Stadtverbandsvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Das sei längst vorbei.
Waren es früher deutschlandweit 33 Prozent der Studenten, die sich ihr Studium über einen Job in der Gastronomie finanzierten, sind es heute gerade mal noch acht Prozent. Dazu habe auch die Corona-Pandemie und der dadurch ausgelöste Trend zum Homeoffice beigetragen "Die Studenten sind heute daheim bei Mutti", sagt Aurich bitter. Er beklagt den Trend der Professoren zur Drei-Tage-Woche vor Ort. "Ich werbe auch dafür, dass sich die Hochschulen stärker für die Stadt interessieren", fordert Aurich.
Kritisch gegenüber Kochstudium
"Bei uns sind die Studenten tatsächlich vor Ort", betont Nicole Graf, Rektorin der Dualen Hochschule Heilbronn (DHBW). Durch die Verträge mit den Unternehmen seien DHBW-Absolventen viel stärker gebunden. "Das Intensivstudium erlaubt es kaum, nebenher zu arbeiten", stellt Graf klar. Den Dehoga-Vorschlag, ein Kochstudium anzubieten, um mehr Menschen für den Beruf zu begeistern sieht sie kritisch. "Das Studium muss auch wissenschaftliche Ansätze bieten, insofern ist das ist kein zielführender Lösungsansatz", betont Graf. Diese seien in der aktuellen Situation aber generell kaum zu finden.
"Wir können uns vor lauter Anfragen nicht mehr retten", sagt ein Betroffener Gastronom voller Sarkasmus, um dann seine tatsächlichen Erfahrungen auf den Punkt zu bringen: "Die meisten haben es nicht nötig und die anderen sind kaum belastbar und hören nach zwei Tagen wieder auf."
Erfahrungen, die der Chef vom Ratskeller Heilbronn, Rainer Mosthaf, macht: "Ich weiß nicht, was die Studenten in Heilbronn arbeiten. Vielleicht müssen oder wollen sie nicht mehr." Der 51-Jährige spricht von der Generation Z, die oftmals nicht mehr bereit sei, viel zu arbeiten. Es sollten Anreize für Mehrarbeit geschaffen werden. "Der, der mehr arbeitet, sollte auch belohnt werden."
Drei Ruhetage
Den Personalmangel spürt auch das Bürgerstüble in Friedrichsruhe Zum Flad. "Ganz schlecht" sei die Lage in der Branche, berichtet Inhaber Roland Mezger. "Ich bin 67 Jahre alt, ewig werden wir das nicht mehr machen. Für das nächste Jahr sind wir noch nicht entschieden." Doch es gebe keinen Nachfolger: "Niemand will das mehr machen." Das hat für das Restaurant bereits direkte Auswirkungen. Früher waren es zwei Ruhetage, mittlerweile sind es drei und auch die Uhrzeiten haben sich verkürzt. Roland Mezger blickt kritisch in die Zukunft der Gastronomie. "Es wird eher noch schwieriger werden, gerade auf dem Land."
Das Café Heigold in Künzelsau war bis zur Corona-Pandemie ein beliebter Treffpunkt. Doch Besitzer Stefan Heigold musste das Café unter anderem aus Personalmangel schließen. Eigentlich wollte er nach der Pandemie umbauen und als Selbstbedienungscafé wiedereröffnen. "Aber mit den gestiegenen Kosten im Bau- und Energiesektor geht das nicht", erklärt er. Den Umbau habe er weiter fest im Blick. Wie lange es dauert, könne er nicht sagen. "Vielleicht ein, zwei oder drei Jahre."
"Bei uns merkt man das Sterben nicht so schnell, aber man wird jetzt abwarten können, wer das Spiel überlebt", betont Aurich. Er schätzt, dass sich der Markt erst 2025 bereinigt hat. Bis dahin würden noch weitere Gastronomiebetriebe vom Markt verschwinden: "Es gibt einige, die noch geöffnet haben, aber eigentlich schon zu lange rote Zahlen schreiben."
Mitarbeiter gesucht
Nach Schätzungen des Branchenverbandes Dehoga gebe es derzeit bundesweit rund 50. 000 offene Stellen in den Gastronomiebetreiben. Gesucht würden Fach − und Arbeitskräfte in allen Bereichen − von der Vollzeitkraft bis zu Minijobbern. Vor allem für die meist kleinen und mittelständischen Betriebe in ländlichen Regionen gestalte sich die Suche nach Mitarbeitern schwierig.
Während der Corona-Pandemie hätten sich zahlreiche Mitarbeiter andere Jobs, häufig im Einzelhandel und in der Logistik gesucht. Nur ein Teil von ihnen sei wieder zurückgekehrt. Derzeit liegt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um über drei Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus.

