Kritik an Vielzahl der Teststationen in der Region
An jeder Ecke in der Region scheint eine Corona-Teststelle zu sein. Das Landessozialministerium sieht dies skeptisch und mahnt an, deren Zahl zu begrenzen. In Heilbronn werden die Stationen weniger.

Hütten, Container, Partyzelte - überall gibt es Teststationen. Bürger stellen sie in Frage. "Wer glaubt, dass in Billigzelten oder Hinterhöfen zuverlässig Hygieneregeln oder Kontrollstandards eingehalten werden oder qualifiziertes Personal eingesetzt wird, kann nur blauäugig sein", schreibt ein Leser der Heilbronner Stimme. Andere äußern sich ähnlich skeptisch angesichts eines Millionen-Betrugs mit falschen Abrechnungen in Öhringen. Ist die gegenwärtige Praxis solcher Teststellen, betrieben von jedermann, im dritten Pandemiejahr noch zeitgemäß?
Ministerium: Überall Test-Pavillons sind nicht das Ziel
Das Sozialministerium Baden-Württemberg zweifelt. Es fordert bessere Kontrollen und mahnt, die Gesundheitsämter sollten die Zahl der Testzentren nicht ins Unermessliche steigen lassen. "Es ist nicht das Ziel, dass überall Test-Pavillons aus dem Boden schießen", macht ein Ministeriumssprecher deutlich. Wobei es auch welche gebe, in denen sauber getestet werde. "Man kann nicht alle Betreiber über einen Kamm scheren, nur weil die Teststelle an einem vermeintlich ungewöhnlichen Ort aufgestellt wurde."
Das aktuelle Testsystem hat sich aus Sicht des Sozialministeriums dennoch bewährt. Es ermögliche Bürgern einen niederschwelligen Zugang. Dies sei vom Bund, der die Abstriche finanziert, auch so gewünscht.

In Heilbronn sinkt die Zahl der Teststellen
In den 46 Kommunen des Landkreises Heilbronn mit seinen etwa 340.000 Einwohnern gibt es dem Landratsamt zufolge annähernd 300 Teststellen, genau 291 sind es am 1. Februar inklusive der in Arztpraxen oder Apotheken. Zahl der Betreiber: 246. "Insgesamt ist das Angebot als ausreichend anzusehen", sagt Behördensprecherin Tamara Waidmann. Weitaus weniger Einwohner, aber fast genauso viele Teststellen wie im Landkreis zählt die Stadt Heilbronn. Dort halten 233 Betreiber 256 Teststationen am Laufen. Anfang Januar waren es noch 51 Stationen mehr.
Betrieb lässt sich kaum überwachen
Vorgeschrieben ist, dass Betreiber ihre Teststelle beim Gesundheitsamt melden unter Vorlage eines Hygienekonzepts und weiteren Nachweisen etwa zur Qualifikation der Mitarbeiter. Wie es in der Praxis zugeht, lässt sich allerdings kaum überwachen. Sechs Mitarbeiter stehen im Landratsamt für Kontrollen der knapp 300 Stationen im Kreis zur Verfügung. In der Stadt Heilbronn prüfen vier Beschäftigte die Einrichtungen, wenn es einen Anlass dazu gibt, sagt Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell. Hinweise auf Mängel könnten Bürger per E-Mail an Beschwerde-Teststelle@Heilbronn.de senden.
Abrechnungen werden nur stichprobenartig geprüft

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg erstattet den Betreibern die Kosten für die Abstriche. Acht Euro pro Test und pauschal 3,50 Euro pro Testkit, das es derzeit für zwei Euro im Handel gibt. Nicht erstattet werden Ausgaben für Personal oder Pacht für den Standort. Eine Prüfung der eingereichten Abrechnungen könne allenfalls stichprobenartig auf Plausibilität hin vorgenommen werden, teilt KV-Sprecher Kai Sonntag mit. Mehr sei nicht zu leisten.
In der Innenstadt gibt es keinen weiteren Bedarf

Die Stadt Heilbronn beauftragt im Innenstadtbereich keine weiteren Teststellen mehr, sagt Bucher-Pinell. An anderen Stellen werde je nach Bedarf weitere dazukommen. Drei bis vier Beschwerden in der Woche verzeichnet das städtische Gesundheitsamt. Mal sollen die Abstriche fehlerhaft vorgenommen worden sein, in anderen Fällen bemängeln Bürger zu kurze Wartezeit bis zum Ablesen des Testergebnisses oder mangelhafte Schutzausrüstungen derjenigen, die die Proben nehmen. Angesichts der unzureichenden Kontrollmöglichkeiten solcher Stationen - ist das Konzept noch stimmig? Welche Alternativen bestehen zur gegenwärtigen Praxis? Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin von Minister Karl Lauterbach weicht der Frage aus. Die Pressestelle verweist stattdessen auf die geltenden Vorschriften und auf die Länder, die die Bürgertests vor Ort organisierten.
Das Land plant eine Kontrolle
Die Gesundheitsämter und Ortspolizeibehörden der Kommunen sind für die Überwachung der Corona-Teststellen verantwortlich. Das Landeskabinett in Stuttgart beschloss nun aber, einen externen Dienstleister mit flächendeckenden, unangekündigten Kontrollen zu beauftragen. Absicht sei es, die Qualität der Testinfrastruktur zu sichern, teilt das Sozialministerium mit. Die Details würden derzeit erarbeitet.



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