Ende der Bundes-Notbremse - Kommt eine Verlängerung?
Am Mittwoch läuft die Bundes-Notbremse aus. Damit fallen die bundesweit einheitlichen Corona-Maßnahmen ab Inzidenz 100 weg, die seit Ende April den Alltag in vielen Regionen Deutschlands bestimmten. Das Instrument stand heftig in der Kritik. Kommt eine Verlängerung?

Sollte die Corona-Inzidenz wieder steigen, sind erstmal die Bundesländer wieder in der Pflicht – derzeit liegen die Neuinfektionen jedoch weit von dieser Marke entfernt.
Die Bundes-Notbremse stand seit ihrer Einführung heftig in der Kritik. Mehrere Ministerpräsidenten, darunter Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer oder der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans, bemängelten, dass die Regelung zu starr sei und angepasst werden müsse. Mehr als 100 Verfassungsbeschwerden erreichten das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Kläger wandten sich vor allem gegen Ausgangssperren, Kontaktverbote sowie Schließungen im Einzelhandel und im Kulturbereich. Die allermeisten Beschwerden wiesen die Karlsruher Richter jedoch bis Ende Mai ab, etwa, weil durch die sinkenden Infektionszahlen Schulen wieder öffnen konnten oder weil viele Einschränkungen für Geimpfte und Genesene nicht mehr gelten.
Wirkung der Maßnahme ist nicht geklärt
Nach wie vor ungeklärt ist, inwiefern die Bundes-Notbremse das Infektionsgeschehen eingedämmt hat. Der Vergleich mit Deutschlands Nachbarn zeigt: Obwohl in allen Ländern unterschiedliche Regeln galten und es keine "Bundes-Notbremse" gab, sanken die Infektionszahlen im gleichen Zeitraum stetig. Auch in der Schweiz steckten sich zwischen April und Juni immer weniger Menschen mit dem Coronavirus an, obwohl es dort keinen Lockdown und nur wenige Beschränkungen des öffentlichen Lebens gab.
Auch Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) sehen keine Belege dafür, dass die Bundes-Notbremse für den Rückgang der Infektionszahlen verantwortlich war. Im "16. Codag-Bericht zur epidemischen Lage" betrachten die Autoren vor allem den Reproduktions-Wert (R-Wert), also die Zahl der Personen, die ein Infizierter ansteckt. Dieser sei zur Bewertung besser geeignet als die Sieben-Tage-Inzidenz, da er nicht von Tests abhängig sei. Sowohl vor dem "Lockdown Light" im November als auch vor der Einführung der Bundes-Notbremse sei dieser Wert gefallen. Die Autoren vermuten, dass die ergriffenen Maßnahmen "den Verlauf des Infektionsgeschehens durchaus positiv beeinflusst haben könnten, jedoch nicht allein ursächlich für den Rückgang verantwortlich sind". Aufgrund der regional stark variierenden Anzahl von Tests sei die Bewertung des Infektionsgeschehens jedoch "nur sehr eingeschränkt möglich". Zwischen dem R-Wert und den getroffenen Lockdown-Maßnahmen bestehe "seit September kein unmittelbarer Zusammenhang", so das Papier.
Forderung nach Neuauflage bei steigenden Infektionszahlen
Dennoch werden Stimmen laut, die Bundes-Notbremse neu aufzulegen. "Wenn die Infektionszahlen erneut stark steigen, sollte die ,Bundes-Notbremse" wieder in Kraft gesetzt werden", erklärte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds. "Wir haben die Pandemie nicht überwunden und wissen nicht, welche Mutationen noch auf uns zukommen." Dass das Gesetz nun auslaufe, sei "nicht nötig", findet Landsberg. "Bei den derzeit geringen Inzidenzwerten hätte das ohnehin niemand im Land gespürt." Diesen Umstand bedauerte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie erklärte, dass Bewegungseinschränkungen wieder notwendig sein könnten, wenn die Ansteckungen steigen. "Sollte sich etwas entwickeln durch Mutationen, was wir alle nicht hoffen, dann können wir das jederzeit reaktivieren", sagte sie im Mai über die Bundes-Notbremse.
Skeptischer äußerte sich der Landkreistag. Man halte es "generell für fraglich, passgenaue Lösungen für höchst unterschiedliche Situationen vor Ort unmittelbar in einem Bundesgesetz vorzuschreiben", sagte Präsident Reinhard Sager der Zeitung "Welt". "Man sollte dieses Instrumentarium nicht erneut in das Infektionsschutzgesetz aufnehmen, nachdem es Ende Juni ausläuft."
Situation in der Region
In der Region war die Bundes-Notbremse, die seit 24. April für Kreise mit einer Inzidenz von über 100 galt, nicht lange in Kraft. Der Landkreis Heilbronn unterschritt sie zuerst drei Tage lang, womit sie am 18. Mai außer Kraft trat. Im Hohenlohekreis galt die Bundes-Notbremse ab 20. Mai nicht mehr. Die Stadt Heilbronn unterschritt die kritische Marke erstmals am 26. Mai, womit die Notbremse zum 28. Mai wegfiel.
Die 100er Inzidenz haben alle drei Kreise seitdem nicht mehr überschritten.