ETH Zürich kommt nach Heilbronn auf den Bildungscampus – und weitere Forschungsinstitutionen?
Die Dieter-Schwarz-Stiftung investiert kräftig in den Bildungscampus in Heilbronn. Nach dem Coup mit der Ansiedlung einer Außenstelle der ETH-Zürich zeichnen sich weitere Kooperationen ab.

Mit der Ansiedlung einer Außenstelle der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) ist der Dieter-Schwarz-Stiftung im vergangenen Jahr ein Coup gelungen. Mittlerweile steht im zukünftigen Bildungscampus West hinter Mediamarkt und dem neuen Parkhaus der Rohbau des Gebäudes, in das die ETH mit vermutlich 150 bis 200 Mitarbeitern einziehen wird.
Heilbronn rätselt seit Bekanntgabe der Vereinbarung: Wer kommt sonst noch in die Stadt, nach den Schweizern und der Technischen Universität München (TUM)? Die Stiftung finanziert bereits Professoren in Oxford und Stanford, unter anderem nach Israel und Singapur fließen Gelder für Professoren. Stiftungsgeschäftsführer Reinhold Geilsdörfer bremst vor zu großen Erwartungen: An eine weitere Außenstelle einer renommierten Universität sei nicht zu denken. Darum sei es mit diesen finanziellen Unterstützungen auch nicht gegangen. "Das Ökosystem Heilbronn profitiert vom Austausch, Doktoranden oder Postdocs", sagt er im Gespräch mit stimme.de.
Dennoch: Es dürften weitere Player für den Bildungscampus dazukommen, die in die Kategorie wie Ferdinand-Steinbeis-Institut oder Fraunhofer gehören. Es liefen Gespräche mit entsprechenden Forschungseinrichtungen, sagt Reinhold Geilsdörfer, ohne einen Namen zu nennen. Mit mindestens einem vertraglichen Abschluss rechnet er im laufenden Jahr, vielleicht würden es auch mehrere, sagt er.
Heilbronner Bildungscampus wächst: So entwickeln sich Einrichtungen wie DHBW, Cas und Co.
Mit der Entwicklung der Institutionen ist der Geschäftsführer zufrieden. Herausragende Bedeutung werde weiterhin die Hochschule Heilbronn haben, sagt er. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) sowie das Center for Advanced Studies der DHBW (DHBW Cas) in Heilbronn nähmen zu. Die Zahlen der Programmierschule 42 lägen über dem Plan. Aktuell seien 400 Schüler dort, Ziel seien 700.

"Wir brauchen übergangsweise alle Lösungen", sagt er und deutet damit an, dass es eng wird. Als nächstes zieht die TUM vorübergehend in das 42-Gebäude. Natürlich schaue man immer wieder, wohin der Campus noch wachsen könnte. Ein weiterer Neubau ist bereits geplant: Das Eckhaus Mannheimer Straße/Schaeuffelenstraße wird abgerissen und ersetzt. Entsprechende Informationen unserer Zeitung bestätigt er.
Der Standort Heilbronn profitiere von dieser Mischung der Einrichtungen. Davon ist Reinhold Geilsdörfer überzeugt. ETH, TUM: Das seien bedeutende Institutionen an einem Ort, interessant sei dies für Studenten. Chancen für weiteres Wachstum sieht der Stiftungsgeschäftsführer bei internationalen Studenten.
Ausbau Bildungscampus: Gebäude für neuen Mediamarkt könnte ab Ende 2024 entstehen
Die Dieter-Schwarz-Stiftung investiert bereits in den Bildungscampus West, der am Ende zwischen dem aktuellen Bildungscampus und dem Neckar liegen wird. Die ersten Gebäude entstehen, doch anders als bei sonstigen schnellen Bauten dauert es dieses Mal. Es geht nicht mit der Geschwindigkeit voran, "die wir gewohnt sind".
Grund: Um an das zentrale Grundstück mit dem Mediamarkt zu kommen, braucht der Markt auf dem neuen Bildungscampus-Areal einen Neubau. Auch die weiteren Händler wie das Bettenhaus können umziehen, sagt Geilsdörfer. Ende 2024 soll mit dem Bau des neuen Mediamarkts begonnen werden, wenn alles wie erhofft klappt.
Zugleich relativiert der Geschäftsführer Befürchtungen der Einzelhändler in der Heilbronner Innenstadt: An Einzelhandel werde in den Gebäuden nicht gedacht, letztendlich nur an die aktuellen Geschäfte wie eben den Mediamarkt. Dennoch: Der Bildungscampus West dürfte mit Wohngebäuden, Gastronomie, Mensa und einem Schwimmbad außerhalb der klassischen Uni-Zeiten belebter werden als der aktuelle Bildungscampus – und das trotz der Ausrichtung auf Seminare und Forschung. Von einem eigenen Stadtteil will Reinhold Geilsdörfer aber nicht reden. Familien seien keine Zielgruppe. Eine Kita entsteht allerdings. Ein Gegenpol zur Innenstadt werde der Bildungscampus West nicht, sagt er.
So können sich die Einrichtungen auf den Bildungscampus verteilen
Mit dem nächsten Schritt des Bildungscampus könnten einzelne Schwerpunkte entstehen: Bildungscampus Ost mit DHBW und DHBW Cas, Bildungscampus Mitte mit Hochschule Heilbronn, Bildungscampus West mit ETH und TUM und den weiteren Forschungseinrichtungen. Geilsdörfer will allerdings, dass sich die Studenten treffen. Zentrale Hörsäle soll es geben. Zugleich treibt ihn um, wie ein besserer Austausch mit dem Campus Sontheim der Hochschule Heilbronn gelingen könne.

Der Deal mit der ETH Zürich hat für Aufsehen gesorgt. Zunächst werden in Zürich zwei Professuren im Bereich Informatik und Datenwissenschaften eingerichtet, parallel dazu wird das Zurich Information Security and Privacy Center ausgebaut. In einem nächsten Schritt sollen in Heilbronn fünf Forschungsgruppen im Bereich Informatik und Datenwissenschaften aufgebaut werden. Üblich seien Berufungsverfahren von eineinhalb bis zwei Jahren, sagte ETH-Präsident Joël Mesot vor einiger Zeit zu stimme.de.
Für Heilbronn bedeutet das: „Wenn alles gut läuft, können wir mit den ersten Professuren Ende 2025 oder Anfang 2026 starten.“ Bei einer Person allein bleibt es nicht, mit Doktoranden und weiteren Mitarbeitern seien solche Teams zwischen fünf und zehn Personen groß. Insgesamt rechnet er deshalb mit 150 bis 200 ETH -Mitarbeitern am Standort Heilbronn, die bislang einzige ETH -Außenstelle in Singapur hat dieselbe Größe.
Spekulation: So viel Geld fließt seitens der Schwarz-Stiftung an die ETH Zürich
Die "Handelszeitung" aus der Schweiz hatte kürzlich Details des Deals veröffentlicht, weder die ETH noch die Stiftung wollen sich dazu äußern. Demnach sollen dieses Jahr 55 von insgesamt 600 Millionen Franken fließen. Die Unterstützung gilt nach Angaben Schweizer Medien als die mit Abstand größte Zuwendung, die alle Schweizer Hochschulen und Universitäten je von privaten Förderern erhalten haben.