Auch Lokführer freuen sich auf das 9-Euro-Ticket
Robert Hren, Heilbronner Ortsgruppenvorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, erwartet den 1. Juni mit Spannung. Er fragt sich: Kann das gutgehen?

Mit einer gesunden Skepsis blicken viele Bahner nach Einschätzung von Robert Hren, Vorsitzender der Heilbronner Ortsgruppe der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, auf das 9-Euro-Ticket. Gespannt sei er vor allem auf den Ansturm der Fahrgäste und wie das konkret bewältigt werden kann.
Klar ist für den 49-jährigen Triebfahrzeugführer der Südwestdeutschen Landesverkehrs GmbH (SWEG): Die nächsten drei Monate können für den ÖPNV eine riesige Chance sein.
Ein Ticket für alles: Einfach statt kompliziert
Hren hegt die Hoffnung, dass es gelingen kann, manche Menschen von der Straße auf die Schienen zu holen - eventuell langfristig. Diese Ansicht teilten auch viele seiner Kollegen, sagt er. Insbesondere älteren Menschen sei vieles an der Bahn zu kompliziert geworden, meint er, alleine die Auswahl am Ticket-Automaten. "Ich kenne Menschen, die kommen damit nicht zurecht und fahren deshalb keine Bahn", sagt Hren. Das 9-Euro-Ticket allerdings sei einfach gemacht. Man kann es sich am Schalter holen, online oder eben am Automaten, und dann kann man es einstecken und bei Bedarf vorzeigen.
Robert Hren ist im Großraum Heilbronn als Triebfahrzeugführer - so die korrekte Bezeichnung - für die SWEG Bahn Stuttgart unterwegs. Er fährt nach Mannheim, Osterburken, Stuttgart, Tübingen. Hren lebt ländlich im kleinen Helmstadt-Bargen und nutzt für die Anfahrt zum Job ein Auto; anders sei das kaum zu organisieren. Ein preiswertes und einheitliches Monatsticket für den ÖPNV hat aus seiner Sicht eventuell Potenzial. Man stelle sich vor, überlegt Hren, ein Monatsticket für den Nahverkehr - deutschlandweit gültig - würde 20 Euro im Monat oder 30 Euro kosten. Die Bahn müsste eben gewährleisten können, dass das logistisch zu stemmen ist.
Bereits jetzt fragt sich Hren, wie bei großem Andrang in den kommenden Wochen verfahren werden kann. Sind weitere Waggons bei auf stark genutzten Verbindungen denkbar? Denn wichtig sei, dass Fahrgäste nun auch sehen: Das geht, ohne großes Chaos - die Bahn kann das. Dazu sei Flexibilität gefordert.
Verband fürchtet: Es geht zu Lasten des Bahnpersonals
Der Deutsche Bahnkunden-Verband sieht genau hier viele Fragezeichen. "Ja, es wäre eine Riesenchance, um Menschen von den Vorzügen des ÖPNV zu überzeugen", sagt Bundesvorstand Frank Böhnke. Aber: "Was der Vorbereitungszeit von sechs Wochen geschuldet ist, fällt jetzt den Unternehmen zusätzlich als Arbeits- und Personalaufwand auf die Füße." Viele wichtige Fragen der Kunden seien noch gar nicht geklärt. "Warum war es wichtiger, den politischen Schnellschuss durchs Gesetzgebungsverfahren zu peitschen, als ihn handwerklich gut vorzubereiten?", fragt Böhnke.
Ein Kritikpunkt des Verbands ist, dass auf vielen Plattformen unterschiedliche Angaben gemacht werden. Es gebe keine klar strukturierte Möglichkeit, "um sich wirklich an einer Stelle über das bundesweit gültige Angebot zu informieren". Wer sich jetzt nicht genau auskennt, werde vielleicht schnell zum Schwarzfahrer, so Böhnke.
Einheitliche Informationen gefordert
Das Bundesverkehrsministerium und die Bundesländer sieht Böhnke hier dringend in der Verantwortung, "ein Portal für Kunden mit eindeutigen Informationen anzubieten". Gleichzeitig müsse das Tarifwirrwarr ein Ende haben. "Es kann nicht sein, dass das Bundesverkehrsministerium seine Verantwortung mit der Freigabe der 2,5 Milliarden Euro als erledigt ansieht." Das Personal vor Ort und Kunden würden alleine gelassen.
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