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Angst um die Zurückgelassenen in der Ukraine, aber auch Hoffnung

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Natalia Koshelieva ist nach der Flucht aus der Ukraine mit Angehörigen in Neudenau untergebracht. Helfer berichten von einer starken mentalen Belastung von Flüchtlingen.

Hunderte Flüchtlinge warten am Samstag an der ukrainischen Grenze auf Durchlass in die Slowakei.
Hunderte Flüchtlinge warten am Samstag an der ukrainischen Grenze auf Durchlass in die Slowakei.  Foto: privat

Natalia Koshelieva gehört zu den ersten ukrainischen Frauen, die im Landkreis Heilbronn angekommen sind. Ihr Schwager hatte sie bereits am Samstag in der Nähe der slowakisch-ukrainischen Grenze abgeholt. Jetzt sind sie im Haus von Verwandten in Neudenau-Herbolzheim untergebracht. Die Männer in der Familie blieben in der Ukraine zurück. Zahlreiche weitere Flüchtlinge werden in Kürze in der Region erwartet, die meisten von ihnen Frauen.

"Ich habe noch nie so einen langen Stau an der Grenze gesehen", berichtet Natalia Koshelieva (35). "Hunderte von Autos standen dort, bereits seit zehn bis 20 Stunden." Koshelieva spricht Englisch. "Wir haben entschieden, zu Fuß weiterzugehen", sagt sie. "Es war Nacht, kalt und dunkel."


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Sie schliefen noch etwas im Auto, am nächsten Morgen packten sie so viel Kleidung wie möglich in Rucksäcke. Einige Frauen standen auf der Straße, mit Kindern, Babys. "Wir warteten Stunden, bis wir auf die slowakische Seite konnten." Mit dabei ihr 13-jähriger Sohn, ihre 14-jährige Nichte, ihre Mutter (62) und eine weitere Verwandte.

"Ich habe meinen Vater, meinen Mann und meine Schwester zurückgelassen", sagt Koshelieva. "Es fiel uns so schwer, uns zu verabschieden. Wir glauben, wir werden bald zurückkehren, aber mein Herz ist in Stücke zerbrochen." Die Männer würden alles dafür tun, der Ukraine zu helfen, ihre Freiheit zurückzuerlangen.

Die ukrainischstämmige Heilbronner Professorin Anna Hayduk berichtet, dass die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mittlerweile in Heilbronn angekommen sind, "durch Stress und Entbehrungen der letzten Tage psychisch und mental stark traumatisiert sind". Sie brauchten zunächst einmal Ruhe. "Das kann ich sehr, wirklich sehr gut nachvollziehen", sagt Hayduk.


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Natalia Koshelieva berichtet, die freiwilligen Helfer in der Slowakei seien sehr, sehr herzlich zu ihnen gewesen. Sie wurden übergangsweise in einer Schule in der kleinen Gemeinde Ubla untergebracht. Die Helfer dort trugen sogar ihre Taschen. "Solche freundlichen Menschen." Und ihr Sohn habe sogar einen abgelaufenen Pass, das habe die Grenzkontrolleure aber gar nicht interessiert.

In der Grenzgemeinde Ubla in der Slowakei wurden Flüchtlinge in einer Schule untergebracht und gut umsorgt.
In der Grenzgemeinde Ubla in der Slowakei wurden Flüchtlinge in einer Schule untergebracht und gut umsorgt.  Foto: privat

"Wir haben heißen Tee, Kekse, Süßigkeiten, Früchte bekommen", erzählt Koshelieva. Ihr Bruder, der sie abgeholt und nach Neudenau gebracht hat, sagt: "Ich habe Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie die Slowaken meine Familie aufgenommen haben. Das war so eine liebe Atmosphäre dort."

Sie seien dort voll umsorgt worden, berichtet Natalia Koshelieva weiter. Es gab Toiletten und Duschen. Sie konnten ihre Telefone laden, wurden mit Akkus versorgt. Es gab Kleidung, Medikamente, Windeln für die Babys. Selbst Animateure zur Aufmunterung der traurigen Menschen waren im Einsatz, und sie hätten das wirklich gut gemacht. "Nun sind wir in Sicherheit", sagt Koshelieva erleichtert. "Wir schauen die ganze Zeit Nachrichten." Pläne haben die Flüchtlinge für den Moment keine. Sie haben Angst um die Zurückgelassenen, aber auch Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation vor Ort.

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