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Aktuelle Umfragen zeigen: Lokaler Einzelhandel trotz allem optimistisch

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Umsatzeinbußen, Kurzarbeit, Kündigungen und bedrohte Existenzen: Der Einzelhandel ist durch die Corona-Pandemie schwer gebeutelt. Wir haben zwei Untersuchungen ausgewertet, die das Ausmaß verdeutlichen. Es gibt aber auch Anlass zur Zuversicht.

von Alexander Hettich , Joachim Friedl und Armin Rößler
Beim Nightshopping in Heilbronn wurden am vergangenen Freitag 46.000 Besucher gezählt. Foto: Mario Berger
Beim Nightshopping in Heilbronn wurden am vergangenen Freitag 46.000 Besucher gezählt. Foto: Mario Berger

Es ist ein zwiespältiges Bild: Der Handel in Heilbronn und Region ist durch Corona schwer gebeutelt. Das Publikum blieb der Innenstadt fern. Trotzdem blicken die meisten Händler optimistisch in die Zukunft. Das ist das Ergebnis zweier aktueller Umfragen, die unsere Zeitung exklusiv ausgewertet hat. Klar wird: Die Branche hat klare Vorstellungen, wie sich die Heilbronner City in Zukunft entwickeln soll.

Der Einkaufsbummel ist und bleibt die Hauptmotivation für Besucher, die Heilbronner Innenstadt aufzusuchen. Das gaben 74 Prozent als Grund an, wie das Heilbronn Barometer ergab. Die repräsentative Umfrage, durchgeführt vom Institut für angewandte Marktforschung der Hochschule Heilbronn unter anderem im Auftrag der Heilbronner Stimme, liefert einige Erkenntnisse zur Lage des Handels. So zeigt sich, dass viele der 844 Befragten ihre Abstecher in die City in der Hochphase der Corona-Pandemie drastisch reduziert haben.


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Trend zum Online-Handel nicht so drastisch wie erwartet

Gleichzeitig, und das könnte den stationären Handel optimistisch stimmen, ist der Trend hin zum Online-Handel nicht so drastisch wie vielleicht erwartet. So gaben 46 Prozent an, während Corona mehrmals monatlich im Internet einzukaufen, vor der Pandemie waren es gerade einmal drei Prozentpunkte weniger. Bei denen, die mindestens wöchentlich online einkaufen, ist die Verschiebung mit 16 zu 28 Prozent deutlicher.

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Trotzdem: Es deutet sich an, dass die Konsumenten das Einkaufserlebnis in der City schätzen und dass sie in der Pandemie auf Einkäufe verzichtet haben, anstatt sie nur ins Netz zu verlagern. Dafür gibt es aber klare Erwartungen, wie das Einkaufserlebnis aussehen soll. Auf die offene Frage "Was fehlt in Heilbronn?" entfielen 217 von 430 Nennungen auf einen Punkt: Die meisten bemängeln, dass eine gute Auswahl an Fachgeschäften, kleinen und inhabergeführten Läden in Heilbronn fehle.

Händler sehen optimistisch in die Zukunft

Einen Einblick in die Seelenlage des Handels gibt eine weitere Umfrage. Die Commerzbank hat bundesweit 3500 Einzelhandelsunternehmen befragen lassen, davon 50 in Heilbronn. Daraus ergeben sich Licht und Schatten im Hinblick auf die Corona-Auswirkungen.

So berichten 45 Prozent der befragten Heilbronner Händler und damit etwas weniger als im Bundesschnitt, dass sie durch die Pandemie starke oder sehr starke Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Jeder Fünfte sah sich in seiner Existenz bedroht. Gleichzeitig kamen 61 Prozent (im Bund 56 Prozent) ohne Personalmaßnahmen über die Runden. Neun Prozent mussten Kündigungen aussprechen, mehr als ein Drittel setzten auf Kurzarbeit. Trotz aller Verwerfungen erkannten viele Händler auch positive Auswirkungen. Mehr als ein Drittel gaben etwa an, in dieser Zeit seien Innovationskraft angekurbelt worden. Bundesweit sahen das allerdings fast die Hälfte der Händler so, deutlich mehr als in Heilbronn.

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In einem Punkt tickt die Stadt dann wieder wie der Bund: 76 Prozent der Heilbronner Händler, 77 in Deutschland, sehen trotz allem sehr oder eher optimistisch in die Zukunft. Die Heilbronner Unternehmer nehmen die Politik in die Pflicht. Sie fordern zu fast drei Viertel sowohl Ausbau der Radwege als auch mehr Parkplätze. Jeder Vierte will eine Lockerung der Öffnungszeiten.

Optimistisch nach vorne blicken: Das unterschreibt Johannes Nölscher sofort. Auf die Frage "Gibt es künftig noch Einzelhandel in der Innenstadt?", antwortet der Vorsitzende der Stadtinitiative Heilbronn und Geschäftsführer des Schuhhauses Kaufmann selbstbewusst: Ja. Doch gebe es viel zu tun. "Die letzten eineinhalb Corona-Jahre waren sehr turbulent und herausfordernd und haben deutlich gemacht, dass vieles nur auf dünnem Fundament stand", bewertet Nölscher den Zustand des Handels.


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Stadtinitiative setzt auf Corona-Hilfspaket

Um die Innenstadt wieder nach vorne zu bringen, setzt die Stadtinitiative mit ihren knapp 200 Mitgliedern aus Handel, Gastronomie und Dienstleistung zum einen auf das jetzt vom Gemeinderat auf den Weg gebrachte eine Million Euro schwere Corona-Hilfspaket, aus dem rund 320.000 Euro an die Stadtinitiative für unterstützende Maßnahmen fließen. Zum anderen soll im engen Schulterschluss mit Gastronomie, Kommunalpolitik und Wirtschaftsförderung die beste Lösung gefunden werden. "Wir benötigen dafür keine komplett neue Agenda, sondern wir stützen uns auf den städtischen Masterplan als To-do-Liste", erklärt Johannes Nölscher das weitere Vorgehen. Es gelte, einzelne Punkte herauszupicken und zu priorisieren.


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Für diesen Aufbruch hat sich die Stadtinitiative das Motto "Heilbronn, die Entdeckerstadt" gegeben. Dahinter steckt nach den Worten des Vorsitzenden der Hauptgedanke, die Innenstadt regelmäßig mit Kleinkunst, Musik und Blumenarrangements zu bespielen, um den Besucherzuspruch wieder zu erhöhen. "Die Frequenz muss steigen, denn sie liegt noch deutlich unter den Vor-Corona-Jahren, auch wenn da schon ein Abwärtstrend erkennbar war", gewährt Nölscher Einblicke in die Händlerseele. Bürger hätten aber auch die Pflicht, die Stadt mit ihren vielen tollen Geschäften und Lokalen, aber auch ihren versteckten schönen Ecken wahrzunehmen.

"Dringenden Handlungsbedarf" sieht der Heilbronner Kaufmann beim Wollhauszentrum. "Alles was einmal kommt, ob Abriss oder Umbau, ist besser als das, was jetzt ist", sagt er und ist überzeugt: "Ein neues Zentrum an dieser Stelle strahlt positiv auf die gesamte Heilbronner Innenstadt aus."

Positives Feedback der Kunden in Hohenlohe

"Die Künzelsauer Einzelhändler schauen sehr optimistisch in die Zukunft und freuen sich auf das anstehende Weihnachtsgeschäft", sagt Matthias Uebele, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft im hohenlohischen Künzelsau. Es sei kein Geheimnis, dass der Handel jetzt wieder Boden gut machen müsse und dass "natürlich insgesamt noch etwas Unsicherheit" herrsche, so Uebele. Das Feedback der Kunden sei sehr positiv. Alle freuten sich, dass die Geschäfte geöffnet sind und der Einkauf unter Auflagen stattfinden kann.

Das war am Donnerstag vergangener Woche auch beim traditionellen Simon-Judä-Krämermarkt in der Innenstadt zu beobachten, der viele hundert Menschen lockte und wieder einmal für ein reges Treiben in Künzelsau sorgte. Mit Blick auf die kommenden Wochen sagt Uebele: "Wichtig ist, dass die Politik bei den weiteren Entscheidungen sehr besonnen und überlegt vorgeht."

Das waren die Studien

Das Institut für angewandte Marktforschung der Hochschule Heilbronn befragt für das Heilbronn- Barometer seit 2016 jährlich die gleichen Menschen in der Stadt Heilbronn und in einem Umkreis von 20 Kilometern. Dieses Jahr nahmen 844 Befragte teil. Die Antworten werden gewichtet nach Alter, Geschlecht und Haushaltsgröße, sodass sie als repräsentativ gelten. Die Commerzbank hat bundesweit 3500 Einzelhandelsunternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 15 Millionen Euro befragen lassen, darunter 50 in Heilbronn.

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