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Lidl: Das Aushängeschild des Discounts wird 50

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Lidl feiert am Dienstag sein 50-jähriges Bestehen. Von der Aldi-Kopie hat sich Unternehmen zum Vorreiter seiner Branche entwickelt - in vielerlei Hinsicht.

2021 wurde die neue Lidl-Deutschland-Zentrale in Bad Wimpfen eröffnet. Anfangs war der Komplex wegen der Corona-Beschränkungen aber kaum belegt.
2021 wurde die neue Lidl-Deutschland-Zentrale in Bad Wimpfen eröffnet. Anfangs war der Komplex wegen der Corona-Beschränkungen aber kaum belegt.  Foto: Seidel

Ob Dieter Schwarz jemals erwartet hat, was 50 Jahre später aus dem kleinen Laden in Ludwigshafen entstanden ist? Es war im Oktober 1973, als der junge Heilbronner Kaufmann sein erstes eigenes Geschäft im Stadtteil Mundenheim in der Industriestadt am Rhein eröffnete. Auf gerade mal 200 Quadratmetern wurden rund 800 Artikel angeboten, gestapelt in Holzregalen.

Den Namen für das Geschäft hatte sich Schwarz zuvor gesichert, indem er dem Heilbronner Berufsschullehrer Ludwig Lidl 1000 Mark zahlte. Damit begann die Geschichte der Discounter-Kette unter dem Dach der damaligen Lidl & Schwarz KG, in die sein Vater Josef Schwarz 1930 eingestiegen war.


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Vorbild Aldi

Einfach war das Konzept, sollte es auch sein. Vorbild war die in Mühlheim ansässige Handelskette Aldi, die 1961 den Discount in Deutschland einführte. Anfangs belief sich die Lidl-Belegschaft auf weniger als 800 Mitarbeiter innerhalb der Lidl & Schwarz KG. Sie suchten Standorte, die gut zu Fuß zu erreichen sind - damals wurde noch nicht mit dem Auto zum Einkaufen gefahren.

Vor allem Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern und Lauflagen in Innenstädten wurden so erschlossen. Im Laufe der 70er Jahre wuchs die Zahl der Filialen auf 40 Standorte und das Sortiment auf 1000 Artikel.

Ausdehnung nach dem Mauerfall

1990 in Chemnitz: Vor einer der ersten Filialen in Ostdeutschland bildeten sich lange Warteschlangen − so, wie es die Bevölkerung noch gewohnt war.
1990 in Chemnitz: Vor einer der ersten Filialen in Ostdeutschland bildeten sich lange Warteschlangen − so, wie es die Bevölkerung noch gewohnt war.  Foto: Lidl

In den 80er Jahren starte zunächst die deutschlandweite Expansion. Das bislang noch regional ausgerichtete Filialnetz wuchs in Süddeutschland auf 137 Standorte, 1980 arbeiteten bereits 3000 Menschen für Lidl. 1984 begann die deutschlandweite Expansion und das Unternehmen wagte den Sprung ins Ruhrgebiet. In Dortmund entstand der erste Laden außerhalb Süddeutschlands mit einer Verkaufsfläche von etwa 345 Quadratmetern.

1986 wurde die neue Unternehmenszentrale in der Rötelstraße 30 in Neckarsulm bezugsfertig und blieb mit einigen baulichen Veränderungen über die Jahre bis 2021 Hauptsitz von Lidl in Deutschland. Der nächste nationale Expansionsschritt folgte drei Jahre später mit einem eigenen Warenlager im nordrhein-westfälischen Unna.


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Gehrig bringt Lidl nach Frankreich

1989 startete Lidl die Expansion in das europäische Ausland und eröffnete die ersten vier Filialen in Frankreich. Für diesen Schritt zeichnete Klaus Gehrig verantwortlich, der 1976 zu Schwarz gekommen war und seit 1984 den Vertrieb leitete. Zum Ausklang des Jahrzehnts wurde 1989 die Eröffnung der 500. Filiale mit 500 Quadratmetern Verkaufsfläche in Reutlingen-Betzingen gefeiert. Mit dem Mauerfall begann ein neues Kapitel, da nun Filialen in Ostdeutschland möglich wurden. 1990 entstand der erste Standort im sächsischen Bischofswerda. 1992 wurde mit Wendlingen bereits die 1000. Niederlassung erreicht, womit sich die Anzahl der Filialen innerhalb von drei Jahren verdoppelt hatte.

Scannerkassen und Internet

1996 änderte sich die Technik: Die Scannerkassen wurden eingeführt. Bis dahin mussten die Mitarbeiter an der Kasse alle Produktnummern aus dem Gedächtnis eintippen. Nur ein Jahr später ging Lidl ins World Wide Web, allerdings nur mit einer ersten, kleinen Internetseite.

Der Onlineshop startet

Die Warenpräsentation hat sich deutlich verändert. Die Obstabteilung besteht nicht mehr aus hohen Regalen mit einem schmalen Sortiment.
Fotos: Lidl
Die Warenpräsentation hat sich deutlich verändert. Die Obstabteilung besteht nicht mehr aus hohen Regalen mit einem schmalen Sortiment. Fotos: Lidl  Foto: Lidl

2006 kamen erste Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau ins Sortiment, die Zusammenarbeit mit der Organisation Fairtrade startet. Im selben Jahr wurden Lidl-Reisen als digitales Reiseangebot sowie Lidl-Fotos eingeführt. 2008 wird dann die Zahl von 50 000 Mitarbeitern bei Lidl Deutschland überschritten; inzwischen gibt es mehr als 3000 Filialen. In jenem Jahr startet auch der Onlineshop, der mittlerweile mehr als eine Milliarde Euro Umsatz macht.

Mindestlohn im Einzelhandel

Für Aufsehen sorgte das Unternehmen in seiner Branche, als es 2010 als erster Lebensmitteleinzelhändler unternehmensweit einen internen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde einführte, der immer mal wieder steigt und mittlerweile bei 14 Euro liegt. 2010 wurden auch die Backstationen in den Filialen eingeführt, die dabei deutlich größer ausfallen als jene der konkurrierenden Handelsketten. 2015 folgte die Einführung des Mobilfunkangebots Lidl Connect sowie 2017 den Ökostromtarif Lidl-Strom. 2020 wurde schließlich die eigene App als digitale Kundenkarte freigeschaltet.

Filialen mit weiteren Nutzungen

Viele Parkplätze, hier in Berlin, sind heute mit Ladesäulen ausgestattet.
Viele Parkplätze, hier in Berlin, sind heute mit Ladesäulen ausgestattet.  Foto: Lidl

Gegenüber dem ersten Standort in Ludwigshafen hat sich das Aussehen der Filialen deutlich verändert. Sie sind nicht nur größer geworden, sondern passen sich heute dem Bedarf von Städten und Kommunen an: In ländlichen Gebieten prägen freistehende Bauten das Bild, in Ballungszentren sind es vor allem gemischt genutzte Immobilien, in denen es auch Wohnungen oder weitere Ladenflächen gibt. In Albstadt entstand 2021 die erste Filiale in Holzbauweise, die von der Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit dem DGNB-Zertifikat in Platin ausgezeichnet wurde. Sämtliche Bestandteile sind rückbau- und wiederverwendbar.


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Nachhaltigkeit und soziale Projekte

Seit 2008 arbeitet Lidl mit den Tafeln in Deutschland zusammen, um Lebensmittelverluste und den organischen Abfall im Unternehmen bis 2025 um 30 Prozent zu reduzieren. Durch Pfandspenden der Kunden kamen bis heute 28 Millionen Euro zusammen, die ebenfalls an die Tafeln gingen.

Mittlerweile steht auch das Thema Nachhaltigkeit auf der Tagesordnung. 2013 wurde Lidl Gründungsmitglied der Initiative Tierwohl und entwickelte 2017 den Haltungskompass für Tierhaltung, der später im gesamten Handel als Haltungsform umgesetzt wurde. 2017 wurde die Plastiktüte abgeschafft und 2018 startete die Kooperation mit Bioland: Derzeit gibt es rund 100 Bioland-zertifizierte Produkte, die Kooperation wurde gerade erst verlängert. Und seit vergangenem Jahr soll ein eigenes Tierwohl-Siegel 2022 bei der Fleisch-Eigenmarke Transparenz sorgen.

In Deutschland vorne

Wie hier 1998 in Heidelberg waren lange auch kleine Filialen in Altbauten die Regel.
Wie hier 1998 in Heidelberg waren lange auch kleine Filialen in Altbauten die Regel.  Foto: Lidl

Gemessen am Umsatz ist Lidl inzwischen der größte Discounter der Nation - jedenfalls, wenn man die hausinterne Aufspaltung von Aldi in Nord und Süd berücksichtigt. 2021 kam Lidl alleine in Deutschland auf mehr als 24,2 Milliarden Euro Umsatz, Aldi Süd folgte mit 16,6 vor Netto mit 15,6 Milliarden Euro. Etwa 225 000 Mitarbeiter sind es insgesamt, in Deutschland, den 29 weiteren europäischen Ländern und inzwischen auch in den USA. Im Jubiläumsjahr arbeiten etwa 100.000 Beschäftigte in den mehr als 3250 Filialen, 39 Logistikzentren sowie in der Verwaltung Weltweit sind es heute mehr als 12.000 Filialen.

Lidl erwirtschaftete im jüngsten publizierten Geschäftsjahr einen Umsatz von 100,8 Milliarden Euro. Der Discounter ist damit mit Abstand das stärkste Bein der Schwarz-Gruppe, weit vor der Verbrauchermarktkette Kaufland, dem Entsorger Prezero, den Produktionsbetrieben und dem aufkeimenden Pflänzchen von Schwarz-IT, wozu unter anderem die Cloud-Lösung Stackit und der Cybersecurity-Spezialist XM Cyber gehören.

 
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